Der Fleischexport nach China ist Motor für unseren Schweinemarkt. Doch die Konkurrenz ist groß. Und der Weg zur Export-Lizenz ist oft lang.
Matthias Quaing, ISN
Die Schweinepreise notieren in den ersten Monaten dieses Jahres merklich höher als von Marktexperten prognostiziert. Bereits in der zweiten Hälfte des Vorjahres konnten die Schweinehalter von besseren Erlösen profitieren.
Als Hauptmotor für den Aufschwung der Preise gilt der florierende Export nach China. Der Einfluss der Volksrepublik auf den Weltmarkt ist enorm. So wurde 2016 jedes vierte weltweit gehandelte Kilogramm Schweinefleisch nach China verkauft. Das Land hat inzwischen Japan als weltgrößten Importeur von Schweinefleisch abgelöst.
Deutschland profitiert stark
Der enorme Fleischbedarf Chinas hat vor allem mit dem spürbaren Rückgang der Schweinehaltung vor Ort zu tun. So wurden die Sauenherden nach einigen unrentablen Jahren und diversen Problemen mit der Tiergesundheit enorm abgestockt. Insbesondere kleinere Be- triebe mussten schließen. Zu den größten Profiteuren gehört Deutschland. Innerhalb weniger Jahre hat sich China zum wichtigsten Zielland für deutsches Schweinefleisch entwickelt. Im Jahr 2016 konnte Deutschland mehr als 560000 t Schweinefleisch inklusive Nebenprodukte im Wert von mehr als 800 Mio. € in die Volksrepublik exportieren (siehe Übersicht 1).
Damit liegen die deutschen Exporte noch vor Spanien und den USA auf Rang 1 der wichtigsten Einfuhrländer ins Reich der Mitte. Diese Entwicklung ist beeindruckend. Denn die deutschen Direktlieferungen nach China starteten erst vor sechs Jahren.
Für unsere Fleischbetriebe ist die Exportzulassung für China sehr lukrativ. So sind Teilstücke wie Innereien, Pfoten, Köpfe und Schwänze im Land der Mitte gefragt und erzielen hohe Preise von 2,50 bis 3,00 €/kg. Bei uns werden diese Teilstücke meist zu Tierfutter verarbeitet.
Auch Chinas Großhandelspreise für Schweinehälften sind hoch. Im Sommer 2016 wurden bis zu 3,60 €/kg bezahlt. Die Preise für lebende Schweine erreichten rund 2,80 €/kg. Auf ein Schwein gerechnet, ergibt sich durch die Exportmöglichkeit nach China durchaus ein Vorteil von 10 bis 15 € gegenüber dem EU-Export.
Steiniger Weg zur Lizenz
Doch der Fleischexport ins Reich der Mitte ist kein Selbstläufer. Zwar hat Peking seine Einfuhrbarrieren in den vergangenen Jahren erheblich abgebaut. Dennoch gestaltet sich der Handel für deutsche Unternehmen immer noch sehr schwierig. Die im Februar kurzfristig erfolgte Sperrung von drei deutschen Schlachthof-Standorten für das China-Geschäft unterstreicht dies.
Wer als Fleischunternehmen nach China liefern möchte, braucht vor allem Beharrlichkeit. Die erste Hürde besteht bereits auf deutscher Seite. Denn Basis für eine Ausfuhrlizenz ist ein bilaterales Abkommen zum Fleisch- export zwischen Deutschland und China (siehe Übersicht 2 auf Seite 62).
Im zweiten Schritt muss der Fleischbetrieb auf die Antragsliste des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) gelangen. Diese Plätze sind begrenzt und daher heiß begehrt. Da ist Ärger unter den Wettbewerbern in der Fleischbranche vorprogrammiert, auch wenn es klare Vergaberegeln gibt. Zudem kommt hinter vorgehaltener Hand immer wieder der Vorwurf auf, dass das Ministerium bei der Bearbeitung der Exportlizenzen zu sehr auf der Bremse stehe.
Die jüngsten Umstrukturierungen im Ministerium durch den Agrarminister Schmidt sollen nach Einschätzungen von Insidern jedoch erhebliche Verbesserungen gebracht haben. Anfang des Jahres 2016 richtete Minister Schmidt eine neue Stabstelle im Export ein. Hierzu setzte er u.a. einen neuen Chefveterinär ein, der sich seitdem nur noch um die Veterinärverhandlungen im Zusammenhang mit dem Drittlandsexport kümmern soll.
Chinesen fordern Qualität
Im zweiten Schritt reicht das BMEL die Unternehmensliste mit Anträgen auf den Marktzugang bei der chinesischen Zulassungsbehörde ein. Diese prüft die Anträge und schickt ein Inspektorenteam in die ausgewählten Fleischbetriebe vor Ort. Dabei sind die Inspektionen durchaus penibel. Es werden insbesondere die hygienischen Zustände geprüft. Auch die Rückverfolgbarkeit sowie die Herkunft der Tiere sind entscheidend. Insgesamt laufen die chinesischen Audits sehr korrekt und fair ab, Beschwerden gab es bislang nicht.
Wichtig ist für die Chinesen, dass die Qualität stimmt. Das zeigt auch ein Beispiel aus dem Jahr 2014. Hier hatten die Behörden einen Betrieb der Westfleisch gesperrt, nachdem 20 Ohrmarken in einer Lieferung von Schweineköpfen gefunden wurden.
Anhand der Prüfberichte der Inspektorenteams entscheidet ein Expertenausschuss der Zulassungsbehörde, ob die auditierten Betriebe eine Exportgenehmigung erhalten. Gegebenenfalls müssen Nachbesserungen vorgenommen werden. Das Prozedere von Antragsstellung über Inspektion und Nachbesserungen bis hin zur endgültigen Exporterlaubnis kann sich über mehrere Jahre hinziehen.
Bei der Vergabe der Lizenzen legen die chinesischen Behörden exakt fest, welche Teilstücke geliefert werden dürfen. Die meisten Lizenzen gelten für Muskelfleisch und Nebenprodukte. Pfötchen dürfen aktuell vier deutsche Betriebe liefern. Für verarbeitete Produkte und Wurst ist derzeit kein deutsches Unternehmen zugelassen. Eine Mengenbegrenzung über Importkontingente gibt es in China nicht.
Bald weitere Zulassungen?
Aktuell verfügen zwölf deutsche Fleischbetriebe über eine der begehrten Exportlizenzen nach China. Anfang 2016 haben chinesische Inspektoren weitere sieben Unternehmen bzw. Standorte besucht. Ein Unternehmen mit bestehender Lizenz wurde nachauditiert. Die ersten Rückmeldungen sind überwiegend positiv. Bei sechs der besuchten Unternehmen sollen die Chancen auf die Erteilung einer Exportlizenz gut stehen.
Wer das langwierige Zulassungsverfahren erfolgreich abgeschlossen hat, kann in der Regel auf stabile und gute Lieferbeziehungen mit China bauen. Momentan kann die deutsche Fleischbranche nicht alle Anfragen bedienen, da nicht ausreichend Betriebe zugelassen sind.
Auch in diesem Jahr dürften die Chinesen beim Schweinefleisch auf große Importmengen angewiesen sein. Aufgrund massiver Umweltprobleme sollen kleinere Hinterhofhaltungen weiter zurückgedrängt werden. Gleichzeitig erweist sich der Ausbau der eigenen Schweinehaltung als schwieriger als gedacht und kann mit dem steigenden Bedarf der Bevölkerung nicht Schritt halten.
Schärferer Wettbewerb
Dennoch gehen Fleischunternehmen in Deutschland von einer zunehmenden Schärfe im Wettbewerb aus. Denn andere Exportnationen haben den lukrativen Markt in Fernost ebenfalls ins Visier genommen.
Allen voran sind hier die USA zu nennen. Die US-Farmer haben ihre Schweinebstände ausgebaut und können mit niedrigen Produktionskosten punkten. Gleichzeitig stellen sich die US-Betriebe auf die besonderen Anforderungen am chinesischen Markt ein. So verzichten immer mehr Schweinehalter auf Leistungsförderer. Hinzu kommt: Durch die Übernahme des US-Fleischkonzerns Smithfield durch den chinesischen WH-Konzern besteht eine enge Beziehung zwischen beiden Ländern. Daran dürften auch die jüngsten Verstimmungen, die durch den neuen US-Präsidenten Trump ausgelöst wurden, wenig ändern.
So wie der WH-Konzern könnten weitere chinesische Firmen auf Einkaufs- tour gehen. Übernahmekandidaten gibt es nicht nur in Nord- und Südamerika. Auch der Einstieg bei europäischen Fleischunternehmen ist für die Chinesen denkbar. Deutsche Fleischexporteure bekämen damit eine starke Konkurrenz um den Markt in China.
Fazit
Der Boom der Fleischexporte nach China hat 2016 viele überrascht. Auch im aktuellen Jahr dürften die großen Fleischlieferungen nach Fernost den inländischen Markt spürbar entlasten.
Dennoch: Die Abhängigkeit vom Exportgeschäft ist enorm und die Politik der Chinesen ist nicht immer berechenbar. Neben Währungsschwankungen müssen unsere Exporteure auch mit zunehmender Konkurrenz um den Markt in China rechnen. Fleischhändler sind gut beraten, Alternativen zum Reich der Mitte zu pflegen.