Kräftige Investitionen in die Mast haben den deutschen Selbstversorgungsgrad auf 110 % hochgeschraubt. Ob weiteres Wachstum möglich ist, hängt jetzt vom Export ab.Die deutsche Schweinemast hat in den vergangenen Jahren ein beispielloses Wachstum erzielt. Lag der Selbstversorgungsgrad beim Schweinefleisch in den 80er-Jahren noch bei 70 bis 80 %, hat er sich mittlerweile deutlich über 110 % etabliert. Hinter diesen Zahlen steht ein rasanter Ausbau der Mastkapazitäten. Vor allem in den nordwest-deutschen Veredlungshochbur- gen wird weiterhin kräftig in-vestiert. Schlachthöfe geben kräftig Gas Motor für dieses Wachstum ist vor allem die massive Expansion der deutschen Schlachthöfe. So ist die Zahl der Schweineschlachtungen in Deutschland binnen fünf Jahren von 48 Mio. auf 59 Mio. Stück gestiegen (siehe Übersicht 3). Deutschland wird damit immer mehr zur Drehscheibe für den Fleischhandel in Europa! Ein Ende des Booms ist nicht in Sicht. Im Gegenteil: Die nordwest-deutschen Schlachthöfe wollen weiter kräftig investieren. Marktbeobachter erwarten, dass die Schlachtkapazitäten in den nächsten 18 Monaten nochmals um 110 000 bis 120 000 Einheiten pro Woche wachsen. Dies entspricht einer weiteren Steigerung um 10 bis 15 Prozent! Durch das Wachstum und den intensiven Wettbewerb haben sich in Deutschland leistungsfähige Schlachtstrukturen entwickelt. Die Schlachthöfe haben die Kosten voll im Griff. Gleichzeitig genießt Schweinefleisch „Made in Germany“ global einen hervorragenden Ruf. Die wachsende Rohstoff-Nachfrage der deutschen Schlachthöfe hat dazu geführt, dass Schlachtschweine bei uns tendenziell besser bezahlt werden als im Ausland. Vor allem die dänischen Notierungen lagen lange Zeit um mehr als 10 Cent unter unserem Niveau. Es wundert nicht, dass Dänemark und Holland phasenweise bis zu 100 000 Schlachtschweine pro Woche nach Deutschland exportiert haben. Inzwischen hat sich vor allem der große Preisunterschied zwischen Deutschland und Dänemark wieder relativiert. Denn der Schlachtriese Danish Crown konnte seine Auszahlungspreise nach umfangreichen Maßnahmen zur Kostensenkung wieder deutlich anheben. Der Kostendruck steigt Zwar werden die Schlachtzahlen weiter steigen. Dennoch muss den Mästern bewusst sein, dass die Schlachterlöse tendenziell sinken (siehe Übersicht 4). Lagen die Schweinepreise vor 20 Jahren netto bei 1,53 €/kg Schlachtgewicht, tendiert die Trendgerade zu Beginn des neuen Jahrzehnts in Richtung 1,40 €. Für investitionswillige Mäster bedeutet das: Eine rentable Produktion ist künftig nur möglich, wenn man zu Vollkosten von deutlich unter 1,40 €/kg SG produzieren kann. Das heißt, der Kostendruck in der Mast steigt. Ein gewichtiger Faktor ist dabei mit rund 40 % des Schlachterlöses der Ferkeleinkauf. Der Anteil dieser Kostenposition dürfte im Großen und Ganzen stabil bleiben. Denn wie bei den Schlachterlösen ist auch bei den Ferkeln langfristig mit rückläufigen Preisen zu rechnen. Bei den Futterkosten müssen die Mäster allerdings mit steigenden Preisen rechnen. Denn in den letzten Jahren hat die Nachfrage nach Futtermitteln schneller zugenommen als das Angebot. Es gilt daher, vorhandene Potenziale zur Verbesserung der Tageszunahmen und Futterverwertung auszuschöpfen. Weiterhin gilt es, die Vermarktung zu optimieren. Zwar kommen derzeit auch kleinere Mäster am Markt ohne gravierende Erlöseinbußen klar. Doch mit größeren Verkaufspartien lassen sich sowohl beim Schlachterlös als auch bei den Vorkosten noch Reserven mobilisieren. Strukturwandel geht weiter Das betriebliche Wachstum und der Strukturwandel gehen also weiter. Als Zielgröße sollten zukunftsorientierte Vollerwerbsbetriebe den Verkauf ganzer LKW-Züge mit rund 180 Schlachtschweinen anstreben. Dies entspricht je nach Vermarktungszyklus und Umtriebsleistung etwa 2 500 bis 3 000 Mastplätzen. Gut aufgestellte Mäster werden auch künftig ihr Auskommen haben, wenn man die Entwicklung der letzten Jahre fortschreibt. Das zeigen auch Auswertungen der niedersächsischen Beratungsringe. Hiernach haben besonders die 25 % erfolgreichen Mäster sichere Unternehmergewinne erzielt (siehe Übersicht 5). Selbst über den langen Auswertungszeitraum von zehn Jahren war die Direktkostenfreie Leistung (DkfL) in allen Jahren positiv. Dies ist beachtlich, da vor allem Mäster in den Veredlungshochburgen höhere Kosten für die Gülleabgabe und Abluftreinigung hinnehmen müssen. Allerdings war mit durchschnittlichen Leistungen bei Gebäude-, Arbeits- und Kapitalkosten von rund 60 € pro Mastplatz und Jahr nicht immer der ökonomische Erfolg gesichert. Leider hatten die 25 % weniger erfolgreichen Betriebe nicht selten sogar Eigenkapitalverluste. Im Vergleich zur Sauenhaltung waren die Gewinnmöglichkeiten in der Mast dennoch deutlich besser und vor allem gleichmäßiger. So darf man davon ausgehen, dass in den vergangenen Jahren lediglich die besten 10 % der ausgewerteten Sauenbetriebe echte Unternehmergewinne erzielt haben.j Weniger Schlachtschweine aus dem Ausland Neben den Entwicklungen in Deutschland ist auch wichtig, was in unseren Nachbarländern passiert. Denn vor allem Holland und Dänemark nehmen mit ihren Lebendexporten erheblichen Einfluss auf unseren Markt. Zunächst zu Dänemark. Hier ist das betriebliche Wachstum nahezu zum Stillstand gekommen. Denn seit der Wirtschaftskrise ist der Preis für landwirtschaftliche Flächen um bis zu 50 % gefallen. Hierdurch sind viele Kredite geplatzt. Das bedeutet, dass künftig vermutlich weniger Schlachtschweine aus Dänemark zu uns kommen. Voraussetzung ist natürlich, dass Danish Crown seine Schlachtzahlen konstant hält. In den Niederlanden ist die Lage nicht ganz so dramatisch. Doch auch unsere Nachbarn im Westen haben die Mast deutlich zurückgefahren. Hauptauslöser sind drastische Verschärfungen bei den Umweltauflagen. Außerdem ist die Gülleentsorgung mittlerweile ein großer Kostenfaktor. Hinzu kommen Verschärfungen beim Tierschutz. Darüber hinaus müssen aufstockende Betriebe Produktionsrechte kaufen, die mit 200 € pro Mastplatz bzw. 550 € pro Sauenplatz zu Buche schlagen. Insgesamt wird deutlich, dass sich die hiesige Schweineproduktion im Vergleich mit Dänemark und Holland nicht verstecken muss. Zwar gibt es bei den Betriebsstrukturen und biologischen Leistungen noch Nachholbedarf. Bei der Schlachthofstruktur bzw. bei der Nachfrage nach Schweinen bietet unser Standort aber Vorteile. Produzieren für den Export? Voraussetzung für weiteres Wachstum ist allerdings, dass die Akzeptanz für neue Ställe erhalten bleibt. Die größte Gefahr ist aber, dass gesetzliche Regelungen oberhalb des EU-Standards und damit weit oberhalb weltweit geltender Standards gesetzt werden. Bleibt die Frage nach dem Absatz im In- und Ausland. In den 90er-Jahren lag der Pro-Kopf-Verbrauch bei uns noch bei rund 60 kg Schweinefleisch. Aktuell ist der Inlandskonsum jedoch auf 53 kg pro Kopf gesunken. Zwar wird die Nachfrage durch innovative Produkte belebt. Künftig ist in Deutschland aber bestenfalls mit einer stagnierenden Inlandsnachfrage zu rechen. In der Folge müssen bei steigenden Schlachtzahlen immer mehr Produkte im Ausland abgesetzt werden. Der Export sichert somit nicht nur die Existenz hiesiger Betriebe, sondern ist auch Motor für künftiges Wachstum. Umgekehrt schlagen Probleme bei den Fleischausfuhren viel stärker auf die Erzeugerpreise durch. Das heißt: Unsere Abhängigkeit vom Export wächst! Global 15 % Zuwachs beim Schweinefleisch Deshalb blicken alle gespannt auf die globalen Fleischmärkte. Hier ist es zwischen den Jahren 2000 und 2008 bei der Weltfleischproduktion zu einem Anstieg von 234 auf 280 Mio. Tonnen bzw. um knapp 20 % gekommen. Angesichts der weiter wachsenden Weltbevölkerung und steigenden Kaufkraft in zahlreichen Schwellen- und Entwicklungsländern ist auch für den Zeitraum bis 2018 eine dynamische Entwicklung zu erwarten. Nach Schätzungen der OECD soll die Erzeugung von Schweinefleisch um 15 %, die Erzeugung von Rind- und Kalbfleisch um 13 % und die Erzeugung von Geflügelfleisch um 28 % zunehmen (siehe Übersicht 6). Insgesamt soll der Fleischverbrauch global um knapp 20 % steigen. Die besondere Dynamik des Geflügelsektors ist dabei u. a. darauf zurückzuführen, dass es für Geflügelfleisch keine religiösen Tabus gibt. Vor allem ist es aber kostengünstiger als Rind- und Schweinefleisch. Besonders rasant wird die Schweine- und Geflügelfleischerzeugung in den Schwellenländern Südamerikas und in Asien steigen. Außerdem wird künftig viel wichtiger, welche Futterverwertung bzw. Energie- und Proteineffizienz bei der Fleischerzeugung zu erreichen ist. Hier hat Geflügelfleisch klar die Nase vorn. Denn Puten und Hühner können mehr als 20 % des eingesetzten Futterproteins in tierisches Eiweiß umsetzen. Schweinefleisch schneidet hier mit 14 % schlechter ab. Bei der Energieeffizienz weist das Schwein mit 14 % allerdings bessere Werte auf als Puten und Hühner. Unter dem Strich wird der Geflügelfleischsektor dennoch die stärksten Zuwachsraten erzielen. Im Jahre 2018 wird voraussichtlich global erstmals mehr Geflügel- als Schweinefleisch erzeugt. Wir halten fest Die deutsche Schweinemast ist in den letzten Jahren gewaltig gewachsen. Bei mehr als 110 % Selbstversorgung spielt der Fleischexport zunehmend die Schlüsselrolle für den Markt und für unsere Erzeugerpreise. Im internationalen Vergleich profitieren die deutschen Mäster von der starken Expansion der hiesigen Schlachthöfe. Nachholbedarf gibt es aber bei den biologischen Leistungen und den Betriebsstrukturen. Bauwillige Betriebe sollten nur in die Mast investieren, wenn sie zu Vollkosten von deutlich unter 1,40 €/kg SG produzieren können. Neue Chancen bietet die global wachsende Nachfrage nach Schweinefleisch. Während der deutsche Markt bestenfalls stagniert, können neue Märkte in Osteuropa und vor allem in Asien erschlossen werden. Sollte der Exportmotor jedoch ins Stottern geraten, sind empfindliche Einbußen für die gesamte Wertschöpfungskette vorprogrammiert.