Der folgende Fall kann überall auftreten und jeden Schweinehalter treffen, unabhängig von der Betriebsgröße und Ausrichtung seine Produktion. Die Tierschutz-Organisation „Animal Equality“ mit Sitz in Stuttgart hatte es auf das Gutfleisch-Markenfleischprogramm der Edeka abgesehen. Ihr Plan: Schlimme Bilder aus Schweinebetrieben zeigen, die als Lieferanten für das Markenfleischprogramm gelistet sind. Gelingt dies, sollte dann die Frage in den Raum gestellt werden, wie es erst in Ställen anderer Bauernhöfe aussieht. Schließlich setzt Edeka mit diesem Programm auf Qualität und Tierwohl, um sich von den Discountern abzusetzen. Also schaute man auf den Internetseiten der Gutfleisch und suchte nach Namen und Adressen. Auf diese Weise sind die Tierschützer vermutlich auf den Betrieb von Martin Reindel aus Weikersheim gestoßen. Der Mäster arbeitet schon seit Jahren für das Gutfleisch-Programm der Edeka Südwest. So hat er sich vor einiger Zeit bereit erklärt, bei einer Werbekampagne mitzumachen, um dem Programm ein Gesicht zu geben. Reindels Betrieb mit 1 000 Mastplätzen ist nicht klein, aber auch nicht riesig, eben ein typischer süddeutscher Familienbetrieb mit Schweinemast und Futterbau. Der Stall liegt etwa 1 km außerhalb des Dorfes und vom Stammbetrieb entfernt. Die Geschichte beginnt an einem Freitagnachmittag im August. Plötzlich klingelte das Telefon. Am anderen Ende der Leitung war ein Boss der Edeka Südwest Fleisch. Was bei ihm auf dem Betrieb los sei, wollte dieser wissen. Reindel erfuhr, dass der Edeka Südwest Video-Material zugespielt worden war, welches der Geschäftsführer kommentieren sollte. Das Video zeigte tote, verletzte und kranke Schweine sowie eine scheinbare Überbelegung. Die Aufnahmen sollten auf dem Betrieb Reindel gemacht worden sein. Zu diesem Zeitpunkt wusste der Mäster nicht, dass tatsächlich bei ihm eingebrochen und gefilmt worden war. Zweimal sogar, im Februar und im Juni, jeweils mitternachts und am Wochenende. Bei beiden Terminen waren kurz vorher Ferkel geliefert worden. Reindel bekommt die Ferkel von einem nahegelegenen Sauenbetrieb. Je nach Situation nimmt der Landwirt auch schon mal einige Ferkel mehr und belegt in den ersten vierzehn Tagen die Buchten stärker als gewohnt. Aufgrund der geringen Tiergewichte zu Mastbeginn ist dies gesetzeskonform. Nach dem nächsten Verkaufstermin reduziert Reindel die Tierzahl je Bucht auf das bis zur Endmast zulässige Maß. An diesem Freitagnachmittag rea-gierte der Mäster noch gelassen. Er gab dem Edeka-Boss mit auf den Weg, zunächst einmal genau zu prüfen, ob die Videos tatsächlich bei ihm im Stall gedreht wurden. Postwendend wurde in der Edeka-Zentrale recherchiert und die Ohrmarken-Nummern der Tiere im Video identifiziert. Diese wurden dann mit den Stammdaten der Zulieferer verglichen. Tatsächlich musste es der Betrieb Reindel sein. Auch sprachen die im Video eingeblendeten Breiten- und Längengrade dafür, dass es sich um die Mast eines Betriebes in Weikersheim handeln musste. Was sich dann in der darauffolgenden Woche auf dem Hof Reindel abspielte, gleicht einem Krimi. Zunächst tauchte Montag morgens gegen 8.00 Uhr die Edeka-Führungsmannschaft auf. Im Schlepptau hatten sie den leitenden Tierarzt des neutralen TÜV-Süd. Sie wollten in den Stall, um die Haltungsbedingungen, die Tiere sowie die für das Programm erforderlichen Dokumente zu begutachten. Insbesondere sollten die Aspekte Belegdichte, Tiergesundheit und Hygiene bewertet werden. Reindel bat den Geschäftsführer seiner Vermarktungsorganisation, dazuzukommen. Dieser machte sich sofort auf den Weg. Ergebnis dieser spontanen, internen Kontrolle : Der Gesundheitszustand der Schweine war einwandfrei. Auch konnte nachvollzogen werden, dass die Tierschützer offenbar nur einen speziellen Bereich gefilmt haben, nämlich den Krankenstall. Hier sondert der Landwirt Tiere ab, die Anzeichen einer Erkrankung erkennen lassen oder verletzt sind. Dies ist notwendig, um den Bestand zu schützen. Es wurde lediglich ein zugewachsenes Fenster moniert. Die Vorwürfe der Tierschutzorganisation ließen sich nicht nachvollziehen. Zumal der Betrieb regelmäßig geprüft wird und bei den vorangegangenen Kontrollen nie etwas beanstandet wurde. Erst wenige Wochen zuvor hat der Kreisveterinär den Betrieb kontrolliert und keine Besonderheiten festgestellt. Über den Besuch gibt es ein Protokoll. Doch die Geschichte geht weiter, da die Tierschutzorganisation inzwischen in fünf Punkten Strafanzeige gegen den Landwirt stellte. So wurde auch die Staatsanwaltschaft aktiv. Plötzlich standen Beamte und Vertreter des Veterinäramtes auf Reindels Hof, begleitet von etlichen Polizisten. Offensichtlich glaubte man, dass Reindel tote oder kranke Tiere wegschaffen könnte. „Ich war sehr nervös, der leitende Beamte der Kommission aber auch. Dieser wollte mir zunächst meine Rechte vorlesen. Bevor es dazu kam, bot ich einen Stalldurchgang an, um danach alles Weitere zu besprechen“, schildert der Landwirt. „Denn ich habe nichts zu verbergen!“ Das Angebot dankend angenommen machten sich die Beamten schnell ein Bild, zählten die Tiere in den Buchten und vermaßen die Stallungen. Jede kleinere Verletzung bei den Tieren wurde zudem per Foto dokumentiert. Am Ende der Besichtigung bestätigten die Fachleute, dass sie keine Tierschutz-relevanten Zustände vorgefunden haben. Erfahrungsgemäß kommen in der Mast bis zu 2 % Totalverluste vor, bei etwa 1 000 Mastplätzen sind dies bis zu 50 bis 60 Schweine pro Jahr. Die Kadaver werden bei Reindel sofort gemeldet und in der Regel am nächsten Werktag abgeholt. Die toten Tiere, die gefilmt wurden, trugen keine Ohrmarken, was ungewöhnlich ist. Denn bei der Einstallung sind alle Ferkel gekennzeichnet und bei Reindel verlieren die Tiere äußerst selten eine Ohrmarke. „Ich habe recherchiert, an welchem Tag nach dem Einbruch ein Kadavertier abgeholt wurde. Das war erst fünf Werktage später der Fall. Daher habe ich Zweifel, ob die toten Tiere bei mir im Stall verendet sind“, so der Mäster. Noch bevor die Staatsanwaltschaft eingeschaltet wurde, berichteten die Medien von einem süddeutschen Gutfleisch-Lieferanten im Main-Tauber-Kreis, der gegen das Tierschutzrecht verstoßen haben soll. Diese Meldung wurde regelmäßig über die Nachrichten eines regionalen Radiosenders verbreitet. Ein Mitarbeiter des gleichen Senders erinnerte sich an einen früheren Besuch auf dem Betrieb Reindel. Da ihm Zweifel aufkamen, rief er den Betriebsleiter an und wollte wissen, ob tatsächlich er gemeint ist. Auch dieser wurde vom Landwirt aufgefordert, sich selbst ein Bild vor Ort zu machen, was er noch am selben Tag tat. Das Gesehene hatte nichts mit den Videoinhalten zu tun. Der erfahrene Medienmann sorgte zum einen dafür, dass die Meldung aus den Nachrichten seines Senders herausgenommen wurde. Zum anderen spitzte er Kollegen vom regionalen Fernsehen an, sich mit dieser Sache zu beschäftigen. So fuhr am nächsten Tag ein Filmteam vor, das bei Reindel im Stall drehen wollte. Der Fall wurde gewissenhaft recherchiert und der SWR stellte alles so dar, wie es sich tatsächlich zugetragen hat. Auch riet der Radioreporter dem Landwirt, Kontakt mit einem erfahrenen Medienanwalt aufzunehmen, um Gegenanzeige wegen Verleumdung und Einbruch zu stellen. Diesen Ratschlag befolgte Martin Reindel. Bei dieser Angelegenheit sowie bei den vielen Terminen wurde der Mäster mit Rat und Tat von seiner Vermarktungsgenossenschaft, der UEG Hohenlohe, unterstützt. Nach dem Bericht in der Sendung SWR-Landesschau nahmen auch zwei regionale Tageszeitungen Kontakt mit Schweinemäster Reindel auf und berichteten ausführlich und neutral auf einer vollen Seite. Darüber hat sich Reindel besonders gefreut. Denn auch im Dorf machte bereits die Runde, dass die Staatsanwaltschaft gegen den Mäster ermittelt. Auch wenn vieles wieder gerade gerückt wurde, bleibt dennoch ein Image-Schaden speziell für den Betrieb Reindel sowie für die gesamte Schweineproduktion. Die Tierschutzorganisation, die eingebrochen ist, eventuell sogar tote Tiere mitgebracht und nur in einem speziellen Bereich gefilmt hat, erreichte trotz der Gegenanzeige ihr Ziel. Auffällig ist das geschickte Agieren. Die ausgewählten und bearbeiteten Filmsequenzen haben die Aktivisten bewusst einem Online-Redakteur zugespielt, der ohne Nachhaken bereit war, diese Geschichte auf seinem Portal zu platzieren. Ein solches Thema bringt eine Menge Leser-Reaktionen und Klicks, was dem Redakteur wiederum viel Lob aus der Chefetage einbringt. Zur Not wird einige Tage später ein Aufklärungslink ins Netz gestellt. Wenn eine solche Meldung erst einmal veröffentlicht ist, springen auch andere Portale, Nachrichtendienste und TV-Sender auf den Zug auf. So war es auch in diesem Fall. Zuvor hatte der Norddeutsche Rundfunk (NDR) Vorwürfe von „Animal Equality“ gegen fünf Betriebe des Gutfleisch-Programms in Schleswig-Holstein veröffentlicht. Damit nicht genug: Wenige Tage später wiesen die Tierschützer von „Animal Equality“ in einer eigenen Mailing-Aktion auf die schlimmen Zustände in den Ställen, auf ihre Aktionen und die getätigten Strafanzeigen gegen die sogenannten Tierquäler hin. Gleichzeitig riefen die Aktivisten ihre Anhänger auf, solche Aktionen mit Spenden zu unterstützen. Tierschutz-Aktivisten sind bei Mäster Martin Reindel eingebrochen und haben im Krankenabteil gefilmt. Die Organisation hat Anzeige wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz gestellt. Daraufhin haben Kontrollbehörden den Betrieb besucht. Es wurden keine Verstöße festgestellt. Der Mäster hat inzwischen Strafanzeige wegen Einbruch und Verleumdung gestellt. Unterstützt wird er dabei vom Berufsstand und weiteren Organisationen, die spontan ihre Solidarität zeigen wollten. Anruf vom Gutfleisch-Chef Unangekündigte Kontrolle Staatsanwaltschaft ermittelt Mäster startet Gegenanzeige Image-Schaden bleibt Fazit -Heinrich Niggemeyer, SUS- Tierschutz-Aktivisten brachen in den Stall eines süddeutschen Gutfleisch-Mästers ein. Mithilfe eines Fachanwalts setzt sich dieser jetzt zur Wehr. SUS war vor Ort.