Leitfaden als Chance sehen!

Es gibt neue Leitlinien zur oralen Medi­kation. Wie sind diese rechtlich einzu­ordnen? Gerlings: Der Leitfaden ist rechtlich nicht bindend, stellt aber den Stand der guten veterinärmedizinischen Praxis dar. Landwirte und Tierärzte sollten ihn daher befolgen. Pabst: Mit dem Leitfaden kann der Landwirt belegen, dass er die Medikation ordnungsgemäß durchführt. Das bietet Vorteile bei Konflikten, z. B. bei einer positiven Rückstands-Probe am Schlachthof. Der Leitfaden kann außerdem Vorteile bei betrieblichen Kontrollen bieten. Worauf zielt der Leitfaden ab? Gerlings: Wir haben in der Öffentlichkeit eine kritische Diskussion um Antibiotika. Der neue Leitfaden soll die Medikation über das Futter und Was-ser sicherer machen. Hierbei geht es vor allem um die korrekte Dosierung und die Vermeidung von Verschleppungen. Kern des Leitfadens ist ein Risikomanagement-Plan. Was steckt dahinter? Gerlings: Der Risikomanagement-Plan dient zur Bewertung der Medikation. Hierzu sind im Leitfaden kritische Kontrollpunkte festgelegt. Sie beziehen sich zum einen auf die Handhabung des Medikamentendosierers. Weitere Kontrollpunkte betreffen die Medikamentenlagerung, den Anwenderschutz sowie die Reinigung der Applikations- und Futtertechnik. Wie arbeitet man die Kontrollpunkte ab? Pabst: Die Bewertung der Kontrollpunkte ist Aufgabe des Hoftierarztes. Er muss die Dosieranlage einmal zur Inbetriebnahme prüfen. Hierfür erarbeiten wir in unserer Praxis derzeit Checklisten. Zudem bietet die Industrie Kon­trollprogramme zum Einsatz am PC an. Unverzichtbar ist aber, dass wir die Checklisten individuell auf jeden Be- trieb zuschneiden. Was ist, wenn der Betrieb einen Kontrollpunkt nicht einhalten kann? Pabst: Laut Leitfaden darf der Tierarzt die Anlage erst freigeben, wenn alle Kontrollpunkte erfüllt sind. In vielen Betrieben werden die Vorgaben bereits eingehalten. Bei Problemen muss der Betrieb nachbessern. Gerlings: Das heißt aber nicht, dass die Tiere nicht behandelt werden können. Bis alle Dosiersysteme die neuen Kriterien erfüllen, kann die Applikation z. B. als Top-Dressing eine Alternative sein. Das heißt: Man gibt das Medikament von Hand direkt in den Trog. Sind alle Dosiergeräte weiter erlaubt? Jürgens: Laut Leitfaden sind Dosier­geräte nach DIN-Norm zu bevorzugen. Bisher erfüllt dies im Bereich der Trockenfuttersysteme aber nur ein Gerät. Deshalb sind vorerst alle anderen Ge- räte weiter einsetzbar. Wichtig ist, dass sich das Dosiergerät genau kalibrieren lässt. Hierfür sind der Futterstrom und die Medikamentenmenge auszulitern. Wie vermeidet man Verschleppungen? Gerlings: Neben der Dosiergenauigkeit ist dies der zweite kritische Punkt der...