Früher war alles viel einfacher: Da gab es den Piétrain-Eber aus der Herdbuchzucht. Hinzu kamen die Kreuzungs- und Programm-Eber z. B. der BHZP und der PIC. Das Angebot war überschaubar. Heute gibt es diverse Piétrain-Linien, die als Endprodukteber zum Einsatz kommen. Auch die zahlreichen Selektions-Programme machen es für den Ferkelerzeuger und Mäster nicht einfach, den richtigen Eber zu finden. Denn vielen fehlt die Übersicht, die Leistungsdaten einzuordnen. Zumal die Zuchtwerte verschiedener Herkünfte nicht direkt vergleichbar sind. Bundesweit stehen auf den rund 30 KB-Stationen rund 6 000 sogenannte Endprodukt-Eber für den Einsatz in der Ferkelerzeugerstufe zur Verfügung. Hinzu kommen sogenannte Vorstufen-Eber, die ausschließlich in der Zucht- und Vermehrungsstufe eingesetzt werden. Bei den Endprodukt-Ebern handelt es sich in der Regel um Piétrains aus verschiedenen Zuchtprogrammen. Eber anderer Rassen bzw. Kreuzungs-Eber werden kaum noch eingesetzt. Einzige Ausnahme ist der dänische Duroc. Drei Unternehmen bzw. Zuchtprogramme stellen die meisten KB-Eber. Es handelt sich um die Herkünfte German Piétrain, BHZP db.77 und PIC-408-Piétrain. Zusammen vereinen sie einen Marktanteil von über 60 %. Die Zucht- und Selektionsprogramme der Unternehmen unterscheiden sich. Beispielsweise setzen einige Unternehmen verstärkt auf die genomische Selektion. Auch hinsichtlich der Leistungsprüfungen gibt es Unterschiede. Insgesamt decken die verschiedenen Herkünfte ein breites Leistungsspektrum ab (siehe Übersicht 2). Während German Piétrain, BHZP db.77, PIC-408-Piétrain und SNW-Piétrain-Select sehr ähnliche Profile aufweisen, weichen die Herkünfte Maxter (Hypor) und Bavarian Piétrain hiervon ab. Der Maxter-Eber gilt als ausgesprochen wüchsig und der Piétrain-Eber aus der bayerischen Herdbuchzucht zeichnet sich durch seine Fleischfülle aus. Duroc-Eber hingegen sind wüchsig und robust. Im Vergleich zu den Piétrain-Herkünften sind beim Fleischanteil leichte Abstriche zu machen. In den letzten Jahren haben einige Herkünfte einen Zuchtzuschlag eingeführt, den die KB-Stationen nach Vorgabe der Zuchtunternehmen erheben und abführen. Mit dem Geld soll die heute recht teure Eberzucht finanziell unterstützt werden. Teilweise profitieren die Züchter mit einem Teilbetrag. Als erstes Unternehmen hat Topigs/SNW einen Zuchtzuschlag auf Sperma von SNW-Piétrain-Select-Ebern eingeführt. Je verkaufte Portion werden 0,40 € abgeführt, wenn der Eber einen TPI (Topigs-Profit-Index) von über 6 € aufweist (siehe Übersicht 3, Seite 54). German Piétrain und PIC, die etwas später eingestiegen sind, verknüpfen den Zuchtzuschlag mit ihrem Programm „Genom Plus“ bzw. „PICprofit+“. Bei German Piétrain muss jeder Jungeber genotypisiert sein und mehr als 130 Indexpunkte aufweisen, um als Genom Plus ausgezeichnet zu werden. Auch bei PIC werden nur Eber aufgenommen, die mehr als 130 Indexpunkte erreichen. Für Sperma dieser Eber wird ein Zuschlag erhoben. Bei PIC sind dies 0,83 € je Tube, bei German Piétrain 0,50 € je Tube. Das Unternehmen Hypor führte für seinen Maxter-Eber ebenfalls einen Zuchtzuschlag von 1,05 € je Tube ein. Dies gilt unabhängig vom erreichten Zuchtwert. Da die Zuchtwerte der Eber nicht statisch sind, stehen diese nach dem Einkauf unter Beobachtung. Sollte der Zuchtwert in den ersten Monaten nach der Übernahme abrutschen, kann im Einzelfall auch eine Zurückstufung vorgenommen werden. Bei SNW, German Piétrain und PIC wird der Zuchtzuschlag nur bis Vorliegen der Ergebnisse aus der Nachkommenprüfung sowie der Einstufung in bestimmte Leistungsklassen abgeführt. Danach muss der Kunde den Aufpreis für die erreichte Leistungsklasse bezahlen. Neben diesen neuen Selektionsprogrammen durchlaufen die KB-Eber diverse Prüfprogramme. Die ersten Ergebnisse zu den Nachkommen stehen dann rund ein Jahr nach Ersteinsatz zur Verfügung. Diese Prüfprogramme sind sehr unterschiedlich ausgelegt. Vielfach werden die KB-Stationen bei der Berechnung der Zuchtwerte von der jeweiligen Landwirtschaftskammer unterstützt. Letztlich führen sie die Prüfprogramme aber in Eigenverantwortung durch. Heute werden oftmals gelenkte Feldprüfungen angestrebt. Die Anzahl Nachkommen muss hinreichend groß sein. Auch eine Kombination aus Stations- und Feldprüfung ist möglich. Das Ziel ist, die besonders guten Eber auszuzeichnen. Hierfür wird vielfach der Begriff „Top Genetik“ verwendet. Erste Stationen differenzieren stärker und teilen die Positivvererber z.B. in Bronze, Silber, Gold und Platin ein. Wer darüber hinaus konsequent die Negativ-Varianten schlachtet, hebt insgesamt das genetische Niveau der KB-Eber. Diese Prüfprogramme werden letztlich über die Zuschläge finanziert, die der Spermakunde für nachkommengeprüfte Eber zahlen muss. Die Preisaufschläge variieren je nach Leistungsnachweis, Prüfprogramm und Station zwischen 0,50 € und 3,00 € je Tube. Neben der Vererbung in puncto Fleisch und Zunahme interessieren auch die Erbfehlervererbung sowie die Ferkelvitalität. Beide Merkmale stehen in direkter Beziehung zu den Saugferkelverlusten. Auch die Vererbung von Ebergeruch, ob sich also das Vatertier zur Erzeugung von Ferkeln für die Ebermast eignet, ist von Interesse. Zwar hat das Schlachtunternehmen Tönnies das Bonussystem für geeignete Vaterlinien eingestellt. Dennoch wird auch dieses Merkmal weiter verfolgt. Zahlreiche Kunden wählen heute die Eber gezielt aus. Dabei werden die Sauengenetik, die Fütterungstechnik sowie der Vermarktungsweg berücksichtigt. Das Ziel ist, den Ebertyp innerhalb einer Herkunft auszuwählen, der am besten zum Betrieb passt. Bei der Auswahl helfen in der Regel die Genetik-Experten der Besamungsstationen. Sie kennen die Stärken und Schwächen der Kandidaten am besten. So gibt es innerhalb bestimmter Piétrain-Linien interne Listen für wuchs- sowie fleischbetonte Vertreter. Einige Kunden schränken innerhalb einer solchen Liste nochmals die Anzahl eingesetzter Eber ein, um die Streubreite zu verringern. In diesem Falle sollten nur sicher geprüfte KB-Eber zum Einsatz kommen und auf junge Prüfeber verzichtet werden. In der Regel bleiben die Kunden einer Herkunft treu. Bei Unzufriedenheit, zum Beispiel wenn der angeschlossene Mäster über zu geringe Fleischanteile klagt oder die Anomalienrate sehr hoch ist, kommt auch ein Wechsel in Betracht. So buhlen einige Zuchtunternehmen mit dem Slogan: „Unser Eber passt auf alle Sauen“, um einen größeren Kundenkreis anzusprechen. Bei der Eberauswahl werden oft die Mäster einbezogen. Ein neuer Trend ist, dass sich auch Händler oder vermarktende Genossenschaften einbringen. Das Ziel ist, möglichst einheitliche Ferkel angedient zu bekommen, auch wenn diese aus verschiedenen Betrieben stammen. Die Eberauswahl dient als Serviceleistung für die zu beliefernden Mäster. Auch von unabhängiger Seite wird das Thema Eberauswahl und Unterschiede zwischen den Herkünften beleuchtet. So hat die Landwirtschaftskammer in Nordrhein-Westfalen einen neuen Warentest gestartet. Geprüft werden die Herkünfte German Piétrain, SNW-Piétrain-Select, PIC-408-Piétrain, BHZP db.77 und Dänischer Duroc. Eber dieser Herkunft sind in verschiedenen Betrieben mit unterschiedlicher Sauengenetik angepaart worden. Aus den Würfen werden drei Ferkel zur Mastprüfanstalt auf Haus Düsse geschickt. Die übrigen Wurfgeschwister werden im Feld geprüft. Insgesamt sind zwei Durchgänge geplant. Auch soll die Wurfqualität nach einem vorgegebenen Schlüssel erfasst werden. Die Ergebnisse sollen erst nach Beendigung und Auswertung des zweiten Durchganges veröffentlicht werden. Der Abschlussbericht wird vermutlich erst Ende 2015 vorliegen. Sechsmal Piétrain, einmal Duroc Von Allround- bis Nischeneber Leistungsprofile unterscheiden sich Neu: Zuschlag für Zucht Nachkommenprüfung unverzichtbar Bestellung nach Eberliste Warentest läuft Fazit Den größten Anteil mit 25 % macht German Piétrain aus (s. Übersicht 1). Nach Angaben der Zuchtorganisation sind bundesweit rund 1 500 KB-Eber im Einsatz. Der Zuchtverband unterhält insgesamt fünf eigene Stationen in Baden-Württemberg, Thüringen und Sachsen (BUS-Stationen) bzw. kooperiert mit zahlreichen Stationen im Nordwesten und Osten Deutschlands. Der Piétrain-Eber „BHZP db.77“ nimmt die Position zwei ein. BHZP unterhält eigene KB-Stationen bzw. kooperiert mit weiteren Stationen.Rund 1 270 Vatertiere sind nach Angaben von BHZP bundesweit im Einsatz. Der Marktanteil wird auf gut 21 % geschätzt. Das Unternehmen PIC hat Erfolg mit seiner Variante „408“. Die konsequente Forschung der letzten Jahre trägt Früchte. PIC-Eber werden mittlerweile mit Fleischfülle und vitalen Ferkeln in Verbindung gebracht. Laut PIC stehen aktuell 960 PIC-Endprodukt-Eber auf deutschen KB-Stationen. Dies ist ein Anteil von gut 16 % am Markt. In Bayern sind die fleischreichen Bavarian Piétrain zu Hause. An den drei bayerischen Stationen findet man 730 reinrassige Piétrain-Eber, die aus heimischen Zuchten stammen. Auch außerhalb von Bayern werden Bavarian Piétrains eingesetzt, allerdings nicht immer als solche ausgeflaggt. Bundesweit kommt Bavarian Piétrain auf einen Marktanteil von etwas über 12 %. Der SNW-Piétrain-Select hat aufgeholt. Derzeit stehen knapp 600 Vatertiere auf verschiedenen Stationen; das entspricht einem Marktanteil von 10 %. Das Zuchtprogramm ist aus der Zusammenführung der beiden Piétrain-Zuchtlinien des SNW und dem niederländischen Zuchtunternehmen Topigs entstanden. Mit der Zusammenführung hat das Merkmal Ferkelvitalität mehr Gewicht erhalten. In den Niederlanden heißt der Eber Top Pie. Seit etwa zwei Jahren auf dem Markt ist der Hypor-Eber „Maxter“. Dies ist eine auf Wuchs selektierte Linie. Derzeit dürften rund 80 Maxter-Eber zum KB-Einsatz kommen, Tendenz steigend. Etwa 600 weitere Piétrains können nicht einer der o. g. Herkünfte zugeordnet werden. Diese Eber stammen in vielen Fällen aus der Herdbuchzucht und wurden umbenannt. Beispiele hierfür sind Choice Piétrain, Porkuss Piétrain oder Meisterpiétrain. Auch aus den französischen Zuchtprogrammen werden vereinzelt Vatertiere auf deutschen Stationen aufgestallt. Der dänische Duroc hat als einziger Nicht-Piétrain-Eber Bedeutung und wird in Ost- und Norddeutschland eingesetzt. Er kommt insbesondere in größeren Erzeugerbetrieben zum Einsatz, die Ferkel für die Ebermast produzieren. Der Anteil der Durocs beim Samenverkauf in der Sparte „Endprodukt-Eber“ dürfte bundesweit bei gut 4 % liegen. Die Anzahl verschiedener Piétrain-Eber hat zugenommen. Marktführer sind German Piétrain, BHZP und PIC. Bei einigen Unternehmen zahlt der Spermakunde Zuschläge für die Zuchtarbeit. Diese variieren von 0,40 bis zu 1,05 € je Tube. Die internen Nachkommenprüfungen sind unterschiedlich organisiert und oft nicht vergleichbar. Neben den Mast- und Schlachtleistungen werden auch Anomalienvererbung, Wurfqualität und Ferkelvitalität erfasst. Der Kunde arbeitet heute mehr denn je mit Vorbestellungen. Wunscheber und Eberlisten sind gern genutzte Instrumente, Mastschweine gleichen Typs zu produzieren. Ein neuer Warentest soll die Stärken und Schwächen einzelner Piétrain-Herkünfte offenlegen. Ergebnisse sind aber erst Ende 2015 zu erwarten. -Heinrich Niggemeyer, SUS- Immer mehr Spermakunden suchen die Eber gezielt aus. Die Zuchtunternehmen haben ihr Angebot darauf ausgerichtet. Wer stellt die meisten KB-Eber?