Der Betrieb Böckenhoff hat auf 1800 Sauen aufgestockt. Ein starkes Team sowie das regelmäßige Hinterfragen der Arbeitsschritte sichern hohe Leistungen.
Heinrich Niggemeyer, SUS
Etliche Mastbetriebe in unserer Region sind in den letzten Jahren weiter gewachsen. Um bei diesen Betrieben im Geschäft zu bleiben, müssen wir attraktive Ferkelpartien für die Rein-Raus-Belegung anbieten können“, erklären Regina und Paul Böckenhoff aus Dorsten, NRW.
Bereits vor knapp 20 Jahren hatte die Familie etwa 600 m Luftlinie vom Stammbetrieb entfernt einen neuen Standort für die Ferkelproduktion erschlossen. Dort bot sich 2013 die Möglichkeit, die Kapazitäten zu erweitern. „Letztlich haben wir uns aus Gründen der Kostendegression und der anvisierten Ferkelpartien für 1800 Sauen entschieden“, erklärt der Unternehmer.
Heute beliefert Böckenhoff vier größere Mastbetriebe aus seiner Region, selbstverständlich stallweise im Rein- Raus-Verfahren. Der Betrieb arbeitet mit der db.Viktoria-Sau. Die männlichen Ferkel werden nicht kastriert und als Masteber aufgezogen.
Um die Produktion geschlossen zu fahren, will der Betrieb in die Eigenremontierung einsteigen. Die Jungsauen sollen künftig auf dem Stammbetrieb erzeugt und aufgezogen werden.
Wir-Gefühl fördern
Böckenhoff weiß, dass vor allem ein hochmotiviertes Stallteam die Voraussetzung für Spitzenleistungen ist. Mit Jonas Zacharias (32) wuchs schnell eine bewährte Kraft in die Rolle des Betriebsleiters. Doch es dauerte, bis das Stallteam komplett war. Heute werden die Tiere von sieben Mitarbeitern sowie einem Azubi betreut.
„Das Schöne ist, dass die Leute im Team unterschiedliche Talente mitbringen und wir somit sehr breit aufgestellt sind. Andererseits kann jeder jeden ersetzen und wir ziehen an einem Strang“, betont Zacharias. Gearbeitet wird von morgens 6.00 bis 16.00 Uhr. Mittwochs, wenn vormittags abgesetzt, Ställe gewaschen und nachmittags wieder eingestallt wird, kann es auch etwas später werden. Die Mitarbeiter schätzen, dass sie unabhängig von den erzielten Ferkelzahlen ein Festgehalt bekommen und die einmal festgelegten Arbeits- und Urlaubspläne eingehalten werden.
Ebenso wichtig sind gemeinsam verbrachte Pausen. „Das fördert das Wir-Gefühl“, meint Zacharias. Bei einer Tasse Kaffee wird nicht nur Privates ausgetauscht, sondern auch schnell eine Info zur Arbeit weitergegeben. „Da wir zusammen frühstücken und an einigen Tagen abwechselnd auch mittags kochen, haben wir für den Einkauf ein Girokonto mit zwei EC-Karten eingerichtet. Jeder zahlt 50 € pro Monat und der Chef gibt noch etwas dazu“, erklärt Jonas Zacharias.
Eine Besonderheit ist auch ein Gemüsegarten zwischen zwei Stallgebäuden. „Die Gärtnerei war eigentlich als zeitlich begrenztes Projekt gedacht. Nun wollen wir es fortführen, da alle daran Spaß haben. Denn es ist schön, zwischendurch an der frischen Luft zu sein und in der Erde zu wühlen“, berichtet Zacharias.
Arbeit leichter machen
Die Gemeinschaft ist auch dem Chef wichtig. „Jeder aus dem Team soll sich einbringen. Schließlich wollen wir stets besser und effektiver werden“, betont Paul Böckenhoff. Dies ist nicht nur auf die Leistungen bezogen, die inzwischen bei über 30 abgesetzten Ferkeln liegen. Die Anstrengungen zielen auch darauf ab, das Tierwohl weiter zu verbessern sowie die Arbeit effektiver und angenehmer zu gestalten. Beispiele:
- Wer täglich ein- und ausduscht, sollte auf etwas Komfort nicht verzichten. Neben der Fußbodenheizung ist auch eine separate Damendusche eingerichtet. Die Arbeitskleidung ist von Engelbert Strauß, weil sie funktionell, bequem und langlebig ist. Handy- oder Stiftefach sowie vielteilige Schenkeltaschen sind auch für die Stallarbeit praktisch.
- Die Zentralgänge sind taghell, was sehr angenehm ist. Das Licht tritt durch Dachfenster ein, die im Sommer geöffnet werden können. Jedes Abteil hat ein Fenster zum Zentralgang. Dies bringt den Tieren nicht nur indirektes Licht, sondern die Fenster ermöglichen auch einen schnellen Blick ins Abteil, ohne die Abteiltür zu öffnen.
- Im Betrieb sind mehrere wendige Wagen im Einsatz, um auf zwei Ebenen z.B. Eimer oder Tragekisten mitzunehmen. Diese sind selbst entwickelt und zusammengebaut. Die Gerätschaften haben einen festen Platz. Gaskanonen, die regelmäßig umgesetzt werden, sind auf fahrbare Untersätze montiert.
- Der Betrieb setzt moderne Software ein. Dennoch dürfen ausgeklügelte Abteil- und Sauenkarten nicht fehlen. Die Sauenkarten sind z.B. beidseitig bedruckt. Auf der Rückseite sind Eingabefelder speziell für die Geburt.
- Die Kommunikation läuft ohnehin oftmals über Symbole und Zeichen. Hängt z.B. die Sauenkarte waagerecht an der Leine, ist die Geburt noch nicht abgeschlossen. Ist die Karte gelb statt weiß, handelt es sich um eine Erstlingssau. Diese bekommt während der gesamten Zeit weniger Futter vorgelegt als eine ältere Sau.
Sauengruppen nummerieren
Der Betrieb arbeitet im Wochenrhythmus. Damit jeder weiß, wo welche Sauen stehen, bekommt jede Gruppe nach dem Absetzen eine vierstellige Nummer zugeteilt. Diese setzt sich aus dem Jahr, z.B. 17, und der Kalenderwoche zusammen. Die Nummer 1710 kennzeichnet somit die Gruppe, die in der 10. Kalenderwoche 2017 besamt worden ist. Die Nummer begleitet die Gruppe bis zum erneuten Aufstallen ins Deckzentrum.
Im Wartebereich wird die Nummer der Sauengruppe mit Kreide auf die Abteiltür geschrieben. Im Abferkelabteil sind sogar die Buchten durchnummeriert. Um die Orientierung zu erleichtern, ist im Eingangsbereich eine Hofübersicht mit 21 Magnetplättchen angebracht, auf denen die aktuellen Grup-pennummern stehen. Die Magnete sind entsprechend dem Aufenthaltsort der Gruppe platziert. „Selbst der Scannerdienst weiß so, welche Sauengruppe zu testen und wo diese im Stall untergebracht ist“, so Zacharias.
Um die aktuellen Leistungszahlen stets präsent zu haben, werden sie im Aufenthaltsraum auf ein Whiteboard notiert. In der ersten Spalte wird immer die Nummer der Sauengruppe vorangestellt. Auch im Stallbüro findet man Aktenordner, die mit den Gruppennummern beschriftet sind. Nach dem Absetzen werden die Sauenkarten in diese Ordner abgelegt. Auch Auswertungen zur Sauengruppe werden dort aufbewahrt. Nach 21 Wochen wird die Akte aufgelöst.
Excel-Kalender für Ereignisse
Wer am Ball bleiben will, muss ständig an den kleinen Schrauben drehen. Derzeit probieren Zacharias und sein Team zwei Starterfutter aus. Auch wird den abgesetzten Sauen 200 g Zucker pro Tag vorgelegt, damit sie besser in Rausche kommen. Und der Betrieb arbeitet an verschiedenen Dingen, um die totgeborenen Ferkel weiter zu reduzieren.
„Wir probieren viel aus, hinterfragen aber alle Maßnahmen, ob sie tatsächlich etwas bringen. Aufgrund der Vielzahl an kleineren Versuchen brauche ich eine Gedankenstütze“, erläutert Zacharias.
Um den Überblick zu behalten, nutzt der engagierte Betriebsleiter ein von ihm selbst entwickeltes Excel-Arbeitsblatt. In den Spalten werden die 21 Sauengruppen aufgeführt, wobei er immer mit der Sauengruppe im Deckzentrum beginnt, da diese die aktuelle Kalenderwoche vorgibt. Danach folgt die Spalte Abferkeln sowie die Säugewoche 1, Säugewoche 2, Säugewoche 3, Absetzen, dann die Wochen der Tragezeit. Die Datenfelder mit den Gruppennummern werden über Formelhinterlegung automatisch gefüllt.
Die erste Spalte „Ereignisse“ bleibt zunächst frei und wird im Kalender größer aufgezogen. Hier trägt Zacharias für die aktuelle Woche Stichworte ein, die einen Versuch, eine Beobachtung oder ein Ereignis beschreiben. Hier findet man Notizen wie Säugefutter als Granulat, Besamungsregime angepasst, kleine Würfe und viele lebensschwache Ferkel oder Mykotoxine im Futter.
Um sich schneller orientieren zu können, markiert Zacharias das Ereignis und jene Gruppennummer, die aus seiner Sicht relevant sind, mit derselben Farbe. Ein Beispiel: In der Geburtswoche 1704 weisen etliche Sauen kleine Würfe und lebensschwache Ferkel auf. Dieses Ereignis wird im Excel-Kalender erfasst und rot markiert. Da infektiöse Ursachen nicht ausgeschlossen werden können, befürchtet der Experte, dass die Sauen nach dem Absetzen schlechter rauschen könnten. Deshalb wird die Sauengruppe auf der Zeitachse Besamen und Umrauschkontrolle ebenfalls rot hinterlegt. So kann Zacharias später schnell die Verknüpfung zu den lebensschwachen und totgeborenen Ferkeln aus der Woche 1704 herstellen.
Zahlen ständig hinterfragen
Auch allgemeine Ereignisse, die Einfluss auf die Leistungen nehmen können, werden notiert. Zum Beispiel fiel im letzten Monat in einem Abteil der Stellmotor für die Lüftungsklappen aus. Zwar kamen keine Tiere zu Schaden, doch der Stress für die Tiere könnte Spätfolgen haben. Ein anderes Beispiel sind hohe Außentemperaturen von über 35˚C in der Besamungswoche. Die Hitze könnte sich negativ auf den Besamungserfolg auswirken.
Manchmal läuft es aber auch anders herum. „Wenn ich zum Beispiel feststelle, dass sehr viele Sauen kleine Würfe aufweisen, will ich wissen, wie die Besamungen gelaufen sind und ob irgendwelche Ereignisse in der Belegwoche notiert wurden“, sagt Zacharias.
„Wir sind ständig im Gespräch mit unseren Zulieferern, der Beratung, dem betreuenden Tierarzt und den angeschlossenen Mastbetrieben. Oft entwickeln wir gemeinsam etwas weiter. Grundlage hierfür ist, dass wir die Leistungen akribisch auswerten“, betont Böckenhoff. Nach seiner Ansicht sind es oft nur Kleinigkeiten, die jedoch große Wirkung auf die Leistung haben können.
Fazit
Der Sauenbetrieb Böckenhoff ist stark gewachsen. Er musste das Stallteam neu aufbauen sowie das Management neu anpassen, um die Arbeit so effektiv und bequem wie möglich zu gestalten.
Jede Sauengruppe ist nach einem festen Schema durchnummeriert. Alle Managementumstellungen und besondere Ereignisse werden in einem Excel-Kalender notiert. Dieses Tool ermöglicht, zu späteren Zeitpunkten Verknüpfungen zu den Leistungsdaten herzustellen. Auch können Ereignisse aus der Vergangenheit eine Erklärung für abweichende Leistungsdaten sein.
Durch die enge Abstimmung im Team setzt der Sauenbetrieb inzwischen über 30 Ferkel ab.