Bei Ferkelhandel und Futterhandelsgesellschaften droht Ärger mit dem Fiskus.Wasserdichte Verträge und exakte Dokumentation beugen vor.
Fred Schnippe, SUS
Die Umsatzsteuer spielt bisher nur für wenige Schweinehalter eine Rolle. So unterliegen viele Betriebe der Pauschalierung. Das heißt: Die erhaltene Umsatzsteuer entspricht der pauschalen Vorsteuer.
Mit großen Wachstumsschritten oder neuen Betriebszweigen gewinnt die Umsatzsteuer an Bedeutung. So betreiben einige Schweinehalter Teile ihrer Produktion aufgrund knapper Vieheinheiten steuerlich gewerblich. Dieser Betriebsteil unterliegt der Regelbesteu- erung. Das heißt, ein Überschuss der Umsatzsteuer ist nach Abzug der Vorsteuer an das Finanzamt abzuführen.
Auch bei großen Investitionen entscheiden sich Schweinehalter mitunter für den Wechsel zur Regelbesteuerung. Denn so können sie die Vorsteuerüberhänge, die z.B. beim Stallbau sehr hoch sein können, zurückerhalten.
Ferkelhandel im Visier
Doch in letzter Zeit mehren sich Fälle, wo Schweinehalter in puncto Umsatzsteuer Ärger mit dem Fiskus bekamen. Eines der Konfliktfelder ist der Ferkelhandel. Hier sorgte im Januar ein Fall aus dem Rheinland für Aufsehen. Dort bekamen 70 Sauenhalter und ihr Ferkelvermarkter unliebsamen Besuch von der Steuerfahndung.
Die Fahnder werfen den Beteiligten Scheingeschäfte vor. Der Vorwurf zielt insbesondere auf den sogenannten Direktbezug zwischen Ferkelerzeugern und Mästern ab. Nach Auffassung der Finanzbehörde vermarkten die Landwirte die Ferkel nur über den zwischengeschalteten Händler, um Umsatzsteuervorteile zu generieren.
Fakt ist: Gewerbliche Ferkelvermarkter erzielen beim Handel mit pauschalierenden Schweinehaltern Erstattungsansprüche beim Finanzamt. So muss der Vermarkter den Sauenhaltern für die gelieferten Ferkel 10,7 % Umsatzsteuer bezahlen. Bei der Lieferung der Ferkel an die Mäster stellt der Vermarkter die vorgeschriebenen 7 % Umsatzsteuer in Rechnung. Die Differenz von 3,7 % lässt sich der Vermarkter vom Finanzamt erstatten. Dies sind bei üblichen Preisen gut 2 € je Ferkel.
Wer hat Verfügungsmacht?
Grundsätzlich ist das Abrechnungsmodell legal. Die Kritik der Finanzbehörde zielt jedoch auf die sogenannte Verfügungsmacht. Vor allem bei ständigen Geschäftsbeziehungen zwischen Ferkelerzeuger, Handel und Mäster vertreten einige Finanzbehörden die Auffassung, dass der Vermarkter keine Verfügungsmacht über die Ferkel hat. Denn ihr Abnehmer stand im Vorfeld fest. Die Lage spitzt sich zu, wenn die Landwirte auch den Transport der Ferkel selbst übernehmen. Sogar wenn dies im Auftrag des Handels erfolgt.
Landwirte halten dem entgegen, dass ein Vermarkter auch bei einer ständigen Lieferbeziehung unverzichtbar ist. So lassen sich der Ferkelanfall im Sauenbetrieb und der Bedarf des Mästers nie zu 100 % abstimmen. Für den Ausgleich von Übermengen sowie zur zeitlichen Pufferung sorgt der Vermarkter.
Im Fall aus dem Rheinland wird nun ein Gericht entscheiden, wie der Ferkelhandel steuerlich zu bewerten ist. Bis zur Klärung können Jahre vergehen.
Klare Verträge abschließen!
Doch wie lässt sich vermeiden, dass der Ferkelhandel zur Steuerfalle wird?
Wichtig sind exakte Verträge zwischen Landwirt und Vermarkter. Hier geht es um folgende Punkte:
- Wann und in welchem Umfang werden Ferkel geliefert? Wichtig ist eine Verpflichtung, dass alle Ferkel an den Vermarkter geliefert werden bzw. welche Menge andere Abnehmer erhalten.
- Auf Basis welcher Notierung und mit welchen Zu- und Abschlägen wird das Entgelt ermittelt? Die Konditionen muss der Vermarkter aushandeln!
- Wann und wo werden die Ferkel gewogen, wann ist der Besitzwechsel?
- Wer transportiert die Ferkel?
- Welche Daten enthält der Lieferschein, wann wird er ausgehändigt?
Neben der Vertragsgestaltung müssen alle Beteiligten darauf achten, dass in der täglichen Routine die Dokumentation nicht zu kurz kommt. So müssen die Landwirte bei jeder Lieferung einen Lieferschein erhalten. Und Schweinehalter, die ihre Tiere selbst transportieren, müssen sich vom Vermarkter für jede Lieferung einen Auftrag vom Vermarkter erteilen lassen.
Dabei ist die Abfolge einzuhalten. Beispiel: Zuerst meldet der Ferkelerzeuger eine Liefergruppe beim Vermarkter an. Dann fragt dieser den Bedarf beim Mäster ab. Danach erteilt der Vermarkter einen Transportauftrag.
Ärger um Futterhandels-gesellschaften
Das zweite große Konfliktfeld in Sachen Umsatzsteuer sind die sogenannten Futterhandelsgesellschaften. Diese haben einige Schweinehalter im Zuge von Betriebsteilungen gegründet. Ziel ist, den Tierbestand in zwei oder mehr Einheiten zu teilen und so Vorteile bei den Vieheinheiten bzw. dem Bedarf an Nutzflächen zu erzielen.
Die Futterhandelsgesellschaft hat dabei die Aufgabe, das Futter getrennt in die Tierbestände bzw. Betriebe zu liefern. Dies ist eine Voraussetzung für die steuerliche Teilung des Tierbestandes auf einer Hofstelle. Zudem sind detaillierte Verträge zwischen der Futterhandelsgesellschaft und den landwirtschaftlichen Betrieben abzuschließen. Wichtig ist bei Futterhandelsgesellschaften die Dokumentation. Denn für eine Trennung der Betriebe müssen die mit der zentralen Futtertechnik ausdosierten Mengen exakt erfasst werden. Hierzu erstellt der Fütterungscomputer entsprechende Auszüge, die als Lieferscheine dienen können.
In puncto Umsatzsteuer bezahlt die Futterhandelsgesellschaft für die vom Handel gelieferten Komponenten 7 %. Liefert der landwirtschaftliche Betrieb z.B. Futtergetreide, zahlt die Futterhandelsgesellschaft dafür 10,7 % Umsatzsteuer. Während für die Lieferung des fertigen Futters an die Tierbetriebe 7 % Umsatzsteuer anfallen. Dieses Abrechnungsmodell hat der Fiskus in der Vergangenheit akzeptiert.
Neue Probleme in NRW
Jedoch kommt es in Nordrhein-Westfalen zu Diskussionen um die Futterhandelsgesellschaften. Auslöser ist eine Verfügung der Oberfinanzdirektion (OFD) in NRW. Danach ist die umsatzsteuerliche Behandlung der Futterhandelsgesellschaft neu zu definieren.
So vertritt die OFD den Standpunkt, dass bei Futterlieferungen statt der 7 % Umsatzsteuer ein Satz von 19 % gilt. Dies begründet die Behörde damit, dass die Futterlieferung frei Trog auch erhebliche Dienstleistungen enthält. Denn neben der Lieferung übernimmt die Futterhandelsgesellschaft große Teile des Futtermanagements.
Für die Landwirte kommt diese Auslegung teuer zu stehen. Denn die Erhöhung der Umsatzsteuer für das Futter von 7 auf 19 % schlägt voll auf die Kosten durch. So hat der pauschalierende Tierhalter keinen Anspruch auf Erstattung der Vorsteuer. Bei Futterkosten von 65 € je Mastschwein verteuert sich die Produktion um rund 8 € je Tier.
Für die Finanzämter in NRW ist die OFD-Verfügung bindend. Das heißt: Sie müssen die 12 % Umsatzsteuerdifferenz auf alle Umsätze der Futterhandelsgesellschaft einfordern. Das können bei 5000 Mastschweinen schnell 40000 € sein. Da Umsatzsteuerbescheide regelmäßig dem Vorbehalt der Nachprüfung unterliegen, kann die Behörde sogar mehrere Jahre zurückgreifen. Das kann die Existenz des Betriebes bedrohen.
Ein Mischer pro Betrieb?
Wer das verhindern will, hat in NRW nur wenig Spielraum. Ganz sicher ist nur, jeden Betrieb mit einem separaten Anmischbehälter, Fütterungscomputer und Komponentenlager auszustatten. Doch das erfordert erhebliche Investitionen. Zudem fehlt vielen Betrieben schlichtweg der bauliche Platz.
Theoretisch bleibt der Klageweg. So halten Steuerexperten die Auffassung der Finanzbehörden in NRW für rechtswidrig. Ob Landwirte den langen Klageweg antreten, ist jedoch fraglich.
Für die Betriebe in NRW stellt die aktuelle Lage eine Wettbewerbsverzerrung dar. So soll es keine bundeseinheitliche Regelung zu den Futterhandelsgesellschaften geben.
Fazit
Bei der Umsatzsteuer drohen neue Fallstricke. Im Schweinebereich hat der Fiskus zwei Punkte im Visier:
- Beim Ferkelhandel werden mitunter Scheingeschäfte unterstellt. Insbesondere der „Direktbezug“ steht im Fokus. Vielen Problemen lässt sich mit exakten Verträgen und einer lückenlosen Dokumentation vorbeugen.
- In NRW greift der Fiskus Futterhandelsgesellschaften bei Betriebsteilungen an. Es drohen hohe Nachforderungen. Um dies auszuschließen, ist die Futterversorgung individuell anzupassen. Eine eigene Futtertechnik und Lagerung für jeden Betrieb und Bruchteilsgemeinschaften sind denkbar.