Michiel Taken hält rund 500 Sauen auf sechs Etagen. Sein Hochhaus zieht regelmäßig Tierschutz-Aktivisten an. Einige fordern dessen Schließung.
Unser Stall ist wahrscheinlich einzigartig in Europa. Als ich das sechsgeschossige Schweinehochhaus in Maasdorf bei Halle in Sachsen-Anhalt das erste Mal gesehen habe, hatte auch ich Vorbehalte. Dennoch habe ich die ehemalige DDR-Anlage übernommen.
Dieses Betonbauwerk wurde bereits 1969/70 errichtet und war zu damaliger Zeit ein Prestige-Objekt. Wahrscheinlich ging es den Planern um kurze Wege und um kompakte Bauweisen, um Wärmeverluste in Grenzen zu halten. Handicap ist, dass wir die Tiere immer über einen Fahrstuhl transportieren müssen. Das macht den Sauen und Ferkeln nichts aus, kostet aber Zeit. Wobei die zwei in der Anlage verbauten und über 40 Jahre alten Fahrstühle noch nie gestreikt haben.
Sauen auf sechs Etagen
Wir haben die 500 Sauen und die Absetzferkel in verschiedenen Stockwerken untergebracht, also räumlich getrennt. Kot und Harn werden mit Unterflurschiebern aus den Abteilen entfernt. Über einen Abwurfschacht gelangt die Gülle in eine Vorgrube und von dort in eine Lagune. Auch ist genügend Fensterfläche vorhanden und sind die Abteile zusätzlich mit Lichtröhren ausgestattet.
Ein Kompromiss ist sicherlich die Deckenhöhe, die in manchen Stallbereichen keine 2 m beträgt. Trotz der zahlreichen Venilatoren ist der Luftaustausch gerade im Sommer eine Herausforderung. Alles in allem ermöglicht die ungewöhnliche Bauweise aber gute Leistungen mit den Tieren. Deshalb blieb die Anlage seit all den Jahren im Kern unverändert.
Die isolierte Lage der Anlage, der geregelte Gülleabsatz sowie das versierte Stallteam waren für mich ausschlaggebend, in die Produktion in Maasdorf einzusteigen. Wir produzieren für JSR Deutschland Zuchtferkel, die in spezialisierten Aufzuchtbetrieben aufgezogen werden. Die Jungsauen werden an Kunden aus verschiedenen Bundesländern verkauft.
Weniger Kastenstände
Es ist kein Geheimnis, dass gerade in Sachsen-Anhalt die Tierschutzkontrollen äußerst streng sind. Die Veterinärämter haben inzwischen alle größeren Anlagen auf den Kopf gestellt, so auch das Hochhaus in Maasdorf.
Die Amtstierärzte munierten die Kastenstandbreiten im Besamungsstall, die zum damaligen Zeitpunkt bei 65 cm lagen. Inzwischen haben wir nur noch Kastenstände, die 70 bis 90 cm breit sind. Die Sauen werden entsprechend ihrer Größe den Kastenständen zugeordnet. Tiere mit über 90 cm Schulterhöhe, das sind in der Regel Sauen ab dem fünften Wurf, werden in 22er-Gruppenbuchten aufgestallt. Hier haben wir die Kastenstände verkürzt und als Fressplatzteiler umfunktioniert.
Den Umbau bzw. die Anpassungen der Kastenstände haben wir in Eigenarbeit bewältigt. Die Kosten beliefen sich auf rund 20000 €. Seitdem haben wir allerdings Probleme mit Sauen, die sich im Stand drehen. Deshalb haben wir über den Ständen Rohre aus Eisen angebracht, um die Tiere am Hochsteigen zu hindern. Jetzt sehen die Kastenstände wie Käfige aus.
Dennoch lässt sich das Umdrehen nicht ganz vermeiden. Dadurch bedingt haben wir eine Stunde Mehrarbeit pro Tag. Auch das Besamen in der Gruppe funktioniert nur, wenn wir zu viert ans Werk gehen. Zudem ist die Verletzungsgefahr für die Sauen sowohl in den breiteren Kastenständen als auch in der Gruppenhaltung hoch. Das Spektakel in der Gruppenbucht ist groß, wenn die Sauen in Rausche kommen. Dadurch bedingt lahmen etwa 5% der Sauen, die dann in Krankenbuchten eingestallt werden. Dennoch sehe ich bislang keine Leistungsminderungen.
Trotz des zügigen Umsetzens der Behördenauflagen muss unser Hochhaus immer wieder für Kampagnen der Tierschützer herhalten. Beflügelt wird dies durch Bilder von Sauen in engen Kastenständen aus unserer Anlage, die durch die Medien geisterten. Ende Oktober rief das Deutsche Tierschutzbüro zur vorerst letzten Großdemonstration vor dem Hochhaus auf, welches mittlerweile zu einer Art Synonym für Massentierhaltung geworden ist.
Demos und Drohbriefe
Gern werden Bilder von Demos vor dem Hochhaus genutzt, um Spendengelder zu generieren. Auch gibt es einen Aufkleber mit dem Hochhaus und der Aufforderung, es zu schließen. Dabei sollten die Kastenstandgegner lieber in Berlin vor dem Bundestag protestieren.
Auch bekomme ich regelmäßig Drohbriefe, meist aus dem Großraum Berlin. Darin werde ich z.B. aufgefordert, selbst einmal eine Woche im Kastenstand zu verbringen. Oder ich werde beleidigt und bedroht, oft anonym. Diese Briefe und Mails leite ich mittlerweile ungelesen an die Polizei weiter.
Dank guter Hygiene und isolierter Lage werden unsere Schweine selten krank. Dennoch findet man auch bei uns hin und wieder geschwächte oder verletzte Einzeltiere, die sich für Skandalbilder eignen. Um künftig besser vor nächtlichen Besuchen geschützt zu sein, haben wir etliche Kameras installiert. Wir lassen uns nicht von den Tierschutzaktivisten aus den Großstädten einschüchtern.
Heinrich Niggemeyer, SUS