F. Schnippe, H. Niggemeyer, SUS Das Thema Ferkelzahlen erhitzt die Gemüter. In der öffentlichen Diskussion geht es oft um Ferkel, die nicht an ihrer Mutter aufgezogen werden. So schüren Teile der Politik und der öffentlichen Medien das Bild, die Zucht setze zu einseitig auf Fruchtbarkeit. Auf der anderen Seite zeigen Auswertungen, dass große Würfe nicht zwangsläufig mehr Ferkelverluste bedeuten. Außerdem brauchen die Ferkelerzeuger fruchtbare Sauen. So unterstreicht der aktuelle Preisverfall am Ferkelmarkt den enormen Kostendruck. Und hohe Ferkelzahlen sind das effektivste Mittel, um die Kosten zu optimieren. Enormer Leistungsschub Grund genug, die Leistungsentwicklung in der deutschen Ferkelerzeugung näher unter die Lupe zu nehmen. Zunächst ein Blick in die letzten Jahre: Hier konnten die Ferkelerzeuger einen gewaltigen Leistungsschub realisieren. So lagen die biologischen Leistungen im Mittel der deutschen Erzeugerringe im Wirtschaftsjahr 2007/2008 noch bei 23,1 abgesetzten Ferkeln pro Sau und Jahr. In den folgenden Jahren konnten die Betriebe dann jährlich ein Plus von etwa 0,8 Ferkeln erzielen (siehe Übersicht 1). Im Wirtschaftsjahr 2012/2013 wurde im bundesdeutschen Mittel die Marke von 27 abgesetzten Ferkeln erreicht. Die 25 % erfolgreichen Betrieben lagen zu dieser Zeit bereits oberhalb von 29 Ferkeln. Spitzenbetriebe konnten die 30-Ferkel-Marke knacken. Möglich wurde dieses Leistungsplus insbesondere durch den Einzug fruchtbarer Genetiken aus dem Ausland. Mit dem Wechsel standen in den Betrieben spürbar mehr lebend geborene und damit auch aufgezogene Ferkel bereit. Gleichzeitig haben andere Genetiken die Fruchtbarkeit verbessert. Der früher scheinbar unaufholbare Vorsprung der Dänensau ist geringer geworden. Wurfgröße steigt weiter Nach ersten Erhebungen setzt sich der Leistungstrend der vergangenen Jahre fort. So zeigen vorläufige Daten des Rheinischen Erzeugerringes für Qualitätsferkel für das WJ 13/14 einen Leistungsschub auf 28,5 abgesetzte Ferkel pro Sau und Jahr. Das ist ein Plus von gut 1,3 Ferkeln gegenüber dem Vorjahr (siehe Übersicht 2). Auch beim Erzeugerring Westfalen zeichnet sich dieser Trend ab. Nach bisherigen Auswertungen können die Betriebe im Mittel 28,1 abgesetzte Ferkel erzielen – 0,7 mehr als im Vorjahr. Die VzF-GmbH Uelzen erwartet ebenfalls ein Leistungsplus von etwa einem Ferkel. Hiermit könnten die VzF-Betriebe die 28-Ferkel-Marke erreichen. Der erneute Leistungsschub kommt für manche überraschend – vor allem in seiner Höhe. So ließ das bereits erreichte hohe Leistungsniveau erwarten, dass weitere Verbesserungen nur schwer bzw. langsam realisierbar sind. Dass nochmals höhere Ferkelzahlen möglich waren, verbinden Fachleute vor allem mit drei Punkten: Große Kluft zwischenoben und unten Der enorme Einfluss der Genetik und des Managements zeigt sich auch, wenn man das Leistungsspektrum in der Ferkelerzeugung analysiert. So setzen die 25 % erfolgreichen Betriebe im Norden heute bis zu 32 Ferkel ab. Die 25 % weniger erfolgreichen Sauenhalter liegen nur bei rund 24 Ferkeln. Der Abstand beträgt also rund acht Ferkel. Früher lag die Differenz bei rund sechs Ferkeln. Die Kluft zwischen erfolgreichen und weniger erfolgreichen Sauenhaltern ist damit in den letzten Jahren weiter gewachsen. Dies liegt vor allem daran, dass sich die guten Betriebe innerhalb kurzer Zeit stark verbessert haben. Während das untere Leistungsviertel nur in kleinen Schritten bzw. verzögert nachzieht. Die Spitzenbetriebe in der deutschen Ferkelerzeugung zeichnen sich durch mehrere Merkmale aus. In der Regel haben sie relativ früh auf eine fruchtbare Sau umgestellt. Außerdem beschäftigen sie sich beim Management verstärkt mit den Feinheiten. Hierauf muss die Beratung reagieren. Ein wichtiger Faktor ist zudem die Herdengröße. Beim Erzeugerring Westfalen halten die 20 % größten Betriebe im Schnitt 485 Sauen. Sie sind damit rund doppelt so groß wie der Durchschnitt des Ringes (siehe Übersicht 3) Die hier ausgewerteten 20 % größten Betriebe konnten im WJ 12/13 im Mittel 28,6 Ferkel absetzen. Das sind rund 1,2 Ferkel pro Sau und Jahr mehr als der Schnitt des Ringes. Im Vergleich zu den kleinen Betrieben beträgt der Vorsprung der Großen mehr als 3,5 Ferkel. Der Vorteil der größeren Betriebe zeigt sich zum einen im professionelleren Management. So lassen sich z. B. eine intensive Geburtenbetreuung sowie die Ammenwirtschaft wesentlich effektiver organisieren. Oft haben größere Betriebe auch moderne Ställe. Dies macht sich vor allem im Abferkelbereich bezahlt. Denn größere Würfe haben höhere Ansprüche vor allem in puncto Buchten- und Ferkelnestgröße. Die geringeren Saugferkelverluste in größeren Betrieben sind auch hierin begründet. Mit Holland gleichgezogen Die größeren und erfolgreichen deutschen Ferkelerzeuger können sich in puncto biologische Leistungen inzwischen mit den Sauenprofis in Dänemark und Holland messen. So zeigen Auswertungen aus gut 600 niederländischen Betrieben, dass der Schnitt der Betriebe 2013 knapp 29 Ferkel abgesetzt hat (siehe Übersicht 4). In Dänemark lag das Ergebnis in 570 Betrieben mit 30,2 Ferkeln noch etwas höher. Ferkelverluste senken Der Leistungsvorsprung der Dänen und Holländer ist damit spürbar abgeschmolzen. Aus heutiger Sicht haben unsere Nachbarn schlichtweg früher auf fruchtbare Genetiken gesetzt. Zudem haben große Wachstumsschritte mit viel Fremdkapital den Leistungsdruck stark erhöht. So sind viele kleine, wenig effektive Betriebe in Holland und Dänemark mit dem Strukturwandel bereits ausgeschieden. Der Blick ins Ausland bzw. in Spitzenbetriebe zeigt auch, dass große Würfe nicht zwangsläufig mehr Saugferkelverluste nach sich ziehen. Im Gegenteil! So weist der Schnitt der deutschen Betriebe im WJ 12/13 rund 14,6 % Saugferkelverluste auf. In den 25 % besten Betrieben ist die Verlustquote mit 13,4 % deutlich geringer. Und das, obwohl die Top-Betriebe mehr als zwei Ferkel je Sau zusätzlich absetzen. Noch deutlicher zeigt sich dieser Trend im Ausland. So weisen die 25 % besten Betriebe in Holland und Dänemark nur rund 11,5 % Saugferkelverluste auf. Der Durchschnitt der Betriebe hat trotz kleinerer Würfe rund 2 % mehr Ferkelverluste zu beklagen. 30 Ferkel im Visier Das heißt: Saugferkelverluste sind in erster Linie eine Frage des Managements. Auch bei großen Würfen sind geringe Verluste machbar. Die Aufgabe der nächsten Jahre besteht insbesondere darin, die Potenziale bei der Vitalität der Ferkel zu heben. Fachleute sind überzeugt, dass dies gelingt. Der positive Trend bei den deutschen Ferkelzahlen dürfte sich damit in den nächsten Jahren fortsetzen, allerdings mit vermindertem Tempo. Die größten Potenziale bestehen im Süden. Denn hier haben bislang wenige Betriebe zu einer besonders fruchtbaren Genetik gewechselt. Aufgrund der speziellen Fleischvermarktung bleiben viele bei ihrer bekannten Genetik. Auch im Norden wird sich der Leistungszuwachs wohl verlangsamen. Hierfür gibt es mehrere Ursachen: Dennoch erwarten Fachleute, dass die Betriebe im Nordwesten und Osten in wenigen Jahren im Schnitt die 30-Ferkel-Marke erreichen. Auch im Süden können sich einige Betriebe auf dieses Niveau entwickeln. Mehr Ferkel um jeden Preis? Doch Ziel ist nicht, neue Rekorde bei den Ferkelzahlen zu brechen. Wichtig ist vielmehr, sich ökonomische Ziele zu setzen und die Ferkel möglichst effektiv zu erzeugen. Bis zu einem bestimmten Leistungsniveau gilt: Je mehr Ferkel, desto besser. Denn größere Würfe ermöglichen eine Senkung der Festkosten. So verteilen sich z. B. die Gebäudekosten im Sauenbereich auf mehr Ferkel. Hemmschuh Arbeit Auf der anderen Seite erfordern große Würfe mehr Betreuung. Hier ist zum einen die Mehrarbeit für die Geburten- und Neugeborenenversorgung zu nennen. Der Aufwand steigt vor allem, weil mehr leichte Ferkel zur Welt kommen. Mehrarbeit fällt zudem für das Ferkelversetzen, die Ammenbildung und die zusätzliche Milchgabe an. Auch die Direktkosten steigen bei größeren Würfen. Hier schlägt insbesondere die Beifütterung mit Prestarter und Ferkelmilch zu Buche. Die Milchgabe ist je nach Technisierung auch mit hohen Investitionen verbunden. Das heißt: Steigende Wurfgrößen verbessern tendenziell die Wirtschaftlichkeit. Doch die Betriebe mit den höchsten Ferkelzahlen verdienen nicht zwangsläufig das meiste Geld. Fachleute sehen das ökonomische Optimum zwischen 29 und 32 abgesetzten Ferkeln pro Sau/Jahr. Wobei ganz entscheidend ist, wie effektiv der Betrieb den zusätzlichen Betreuungsaufwand organiseren kann. In der Regel haben größere Betriebe hier Vorteile. Die Arbeitsbewältigung sehen unsere Experten auch als größten Hemmschuh für die weitere Entwicklung in der Ferkelerzeugung. Viele Familienbetriebe sind in den letzten Jahren so gewachsen, dass die Arbeiten nur mit höchstem Einsatz von Jung und Alt auf dem Betrieb zu bewältigen sind. Etlichen größeren Betrieben geht es kaum besser. Denn motivierte und qualifizierte Mitarbeiter für den Stall sind schwer zu finden. Viele Betriebsleiter müssen sich auch erst in die Mitarbeiterführung einarbeiten. Nicht selten fallen die Ferkelzahlen mit dem Schritt zur Fremd-AK zunächst ab. Fazit In der Ferkelerzeugung setzt sich der Trend zu höheren biologischen Leistungen fort. Erste Auswertungen zum WJ 13/14 zeigen, dass organisierte Betriebe im Nordwesten im Schnitt die 28-Ferkel-Marke knacken. Künftig ist mit weiteren Leistungssteigerungen zu rechnen – doch mit vermindertem Tempo. Die Ferkelerzeuger müssen weiter an den Leistungen feilen, um steigende Kosten abzupuffern. Das ökonomische Optimum sehen Fachleute bei 29 bis 32 abgesetzten Ferkeln. Darüber steigen die Kosten für die Ferkelbetreuung und die Beifütterung stark an. Das Finden und Einbinden von Mitarbeitern ist ein entscheidender Erfolgsfaktor der Ferkelerzeugung. Der Wechsel zu besonders fruchtbaren Genetiken setzt sich fort. So haben z. B. im Rheinischen Erzeugerring im letzten Jahr weitere 14 % der Betriebe auf Danzucht umgestellt. Gleichzeitig legen die anderen Sauenherkünfte bei der Fruchtbarkeit weiter zu. Betriebe mit hohen Ferkelzahlen haben das Management weiter verbessert. Dadurch konnten sie vor allem die Saugferkelverluste drücken. Hier spielen die Milchzufütterung und etwas verlängerte Säugezeiten eine Rolle. Der Strukturwandel geht unvermindert weiter. Insbesondere Betriebe mit schlechten Leistungen scheiden aus. Hierdurch verbessert sich der Schnitt. Erfolgreiche Betriebe haben mit 28 und mehr abgesetzten Ferkeln ein Niveau erreicht, auf dem weitere Verbesserungen schwierig sind. Restriktive Bau- und Haltungsvorschriften bremsen den Bau neuer und damit leistungsfähiger Ställe. Kritische Diskussionen um das Absetzalter und den Medikamenteneinsatz in der Ferkelaufzucht könnten zur Verlängerung der Säugezeiten führen. Die Zucht hat den Selektionsdruck auf Wurfgröße zurückgefahren und Merkmale wie Ferkelvitalität mit in die Zuchtziele aufgenommen. Die Sauenhalter haben die Ferkelzahlen kräftig gesteigert. Hält der Trend anWo ist das ökonomische Optimum? SUS hat mit drei Experten diskutiert.