Welche Kosten sind in Qualitätsstufe 1 bis 4 zu erwarten? Wir haben für einen Mastbetrieb gerechnet.
Stefan Leuer, LWK NRW
Während Berlin über die Ausgestaltung der staatlichen Haltungskennzeichnung diskutiert, schafft der Lebensmittelhandel Fakten. Seit April ist Lidls 4-stufiger Haltungskompass am Markt. Andere LEH-Ketten wie Rewe haben sehr ähnliche Modelle nachgelegt. Auch bei Edeka wird ein vergleichbares Konzept erwartet.
4,40 € mehr in Stufe 2
Die Anforderungen an die Haltungsbedingungen steigen in den Stufen:
- Stufe 1 umfasst die konventionelle Produktion (siehe Übersicht 1).
- Stufe 2 entspricht weitgehend den Basiskriterien der Initiative Tierwohl.
- Stufe 3 fordert zusätzlich Außenklimareize und GVO-freies Futter.
- Die Stufe 4 entspricht der Bio-Produktion nach EU-Öko-Verordnung.
Für die Landwirte ist wichtig, wie sich ihre Produktion verteuert. Für die Kalkulation dient ein 1500er-Mastbetrieb mit durchnittlicher Leistung. Unterstellt sind 2,75 Umtriebe und eine Futterverwertung von 1 : 2,8. Die Arbeit ist mit 20 €/Stunde angesetzt. Der Mäster kommt in Stufe 1 auf Vollkosten von knapp 170 € je Tier (s. Übersicht 2).
In Stufe 2 führt vor allem die 10% größere Buchtenfläche zu Mehrkosten. Das organische Beschäftigungsmaterial lässt sich durch Sisal oder Holz mit vertretbarem Aufwand erfüllen. Zur Vermeidung der Kastration bevorzugt Lidl in Stufe 2 die Ebermast. Die Pflicht zur lokalen Betäubung zur Kastration ist nachrangig. Denn auch in der konventionellen Haltung ist dies ab 2019 Vorschrift. Die Vollkosten in Stufe 2 liegen im Beispielbetrieb bei 173,80 €/Tier. Die Mehrkosten zur Stufe 1 bleiben mit rund 4,40 € je Tier im Rahmen.
Deutlich teurer ist Stufe 3. Hier führen vor allem das 40% größere Platzangebot und die Außenklimareize zur Verdoppelung der Gebäudekosten. So muss ein 1500er-Mastbetrieb rund 200 000 € in den Um- bzw. Ausbau seiner Ställe investieren. Der Stroheinsatz und GVO-freies Futter verteuern die Produktion zusätzlich. So steigen die Vollkosten der Stufe 3 auf knapp 190 € je Tier.
Kostenexplosion in Stufe 4
In Stufe 4 wirken das bis zu doppelt so große Platzangebot sowie der ständige Auslauf kostentreibend. Sehr teuer ist zudem der Einsatz von GVO-freiem Bio-Futter. Das permanente Strohangebot führt weiter zur Verdoppelung der Arbeitskosten.
Stufe 4 schreibt auch den Bezug von Bio-Ferkeln vor. Das heißt, es sind die höheren Produktionskosten der Sauenhaltung und Ferkelaufzucht einzubeziehen. Mit Vollkosten von 346 € je Tier ist die Produktion in Stufe 4 fast doppelt so teuer wie in den Stufen 1 und 2.
Zu bedenken ist auch, dass den Tieren ab Stufe 2 mehr Platz zur Verfügung stehen muss. Oft sprechen aber baurechtliche Fragen gegen den Bau neuer Ställe. Das heißt: Der Betrieb müsste abstocken. Hierfür ist je nach Leistungsniveau ein weiterer Kostenanstieg um 2 bis 3% zu veranschlagen.