Ein Schweinestall brennt komplett nieder. Was zahlt die Versicherung? Wie lange dauert die Abwicklung?
Heiko Taube, Westfälisch-Lippischer Landwirtschaftsverband
Leider passiert es immer wieder, dass ein Schweinestall abbrennt. Durch Elektronik, Heiztechnik und Photovoltaikanlagen auf den Dächern geht von den Ställen ein Feuerrisiko aus, welches sich auch durch umfangreichen Brandschutz nicht auf Null setzen lässt. Aus diesem Grund sollte jeder Betriebsleiter wissen, welche Dinge nach einem Stallbrand auf ihn zukommen und worauf bei der Schadensabwicklung mit der Versicherung zu achten ist.
Recht auf eigenen Experten
Bereits kurz nachdem Feuerwehr und Kriminalpolizei die Brandstelle freigegeben haben, wird sich die Versicherung ankündigen. Ab einer Schadenssumme im sechsstelligen Bereich muss der Landwirt damit rechnen, dass neben dem zumeist bekannten Leiter der Versicherungsagentur ein Mitarbeiter aus der Großschadenregulierung der Unternehmenszentrale dabei sein wird. In Abhängigkeit davon, wie schnell die Brandursache festgestellt werden kann, stoßen weitere Sachverständige, z.B. Chemiker oder Statiker, hinzu.
Zusammen mit dem Landwirt wird der Schadenursachenermittler die Begleitumstände des Brandes in einem Schadenprotokoll festhalten. Zu den typischen Fragen zählen dabei, wann und wie der Brand entdeckt wurde oder wer zu diesem Zeitpunkt auf dem Hof anwesend war. Außerdem wird bereits eine erste Bestandsaufnahme über das vernichtete Inventar angefertigt. Von Seiten des Landwirtes sind dann diverse Unterlagen vorzulegen, beispielsweise Grundbuchauszüge, ein aktuelles Flächenverzeichnis oder die Tierbestandsmeldungen aus der HIT-Datenbank.
Die Schadenermittlung unmittelbar nach dem Brand ist für die spätere Abwicklung des Versicherungsfalles von elementarer Bedeutung. Um hier die eigenen Interessen ausreichend zu wahren, empfiehlt es sich, ab einer Schadenssume von 50000 € einen eigenen Sachverständigen hinzuzuziehen. Bei der Höhe des Gebäudeschadens, aber auch bei der Bewertung der installierten Gebäudebestandteile und der landwirtschaftlichen Geräte kann es sonst schnell zu Unstimmigkeiten kommen. Darüber hinaus sind die Kosten für das Konsultieren eines eigenen Sachverständigen in der Regel über die Versicherung abgedeckt.
Gülleentsorgung sehr teuer
Parallel zur Schadensermittlung sind nach einem Brand die Abbruch- bzw. Aufräumarbeiten zu koordinieren, allen voran die Kadaverentsorgung. Die gestaltet sich oft schwierig, da die toten Tiere aus den Trümmern der Stallungen geborgen werden müssen. Da dies nicht selten den Landwirt auch psychisch an seine Grenzen bringt, können die Experten der Landwirtschaftsverbände mit ihrer Erfahrung und ihrem Kontaktenetzwerk bei der Organisation des Abtransportes eine große Hilfe sein.
Ebenso schnell sollte der Abbruch des abgebrannten Gebäudes in die Wege geleitet werden. Denn einerseits muss dieser von der Baubehörde genehmigt werden. Andererseits hat sich bei den jüngsten Praxisfällen gezeigt, dass es häufig Wochen dauert, bis die Abbruchunternehmen nach Begutachtung der Stallruinen ihre Angebote abgeben.
Das hängt zwar auch mit der aktuellen Hochkonjunktur im Baugewerbe zusammen. In erster Linie sind es aber die außergewöhnlichen Bedingungen beim Abriss eines abgebrannten Stalles, die die Unternehmen sehr vorsichtig agieren lassen. So setzen sich die Trümmer des Oberbaus oft aus Bauschutt und nicht unerheblichen Mengen an asbestbelastetem Eternit, Resten der Photovoltaikanlage und Tierkadavern zusammen. Dadurch muss bei den Aufräumarbeiten sehr viel Material, teils händisch, sortiert werden.
Extrem schwierig ist auch der Umgang mit der Gülle. In tief unterkellerten Ställen lagern tausende Kubikmeter, die nach einem Vollbrand mit Isoliermaterial, Kunststoff und vielem mehr verunreinigt sind. Dadurch kommt häufig nur die Entsorgung in einer Müllverbrennungsanlage infrage, die schnell zwischen 300 und 500 € pro t kosten kann.
Versicherer will Geld sparen
Nicht zuletzt weil bereits die Abbruch- und Aufräumarbeiten mit immensen Kosten verbunden sind, kommt es bei der Abwicklung eines Stallbrandes immer wieder zu Differenzen zwischen Landwirt und Versicherung. Dabei geht es häufig um nicht eingehaltene oder ungenaue Vertragsvereinbarungen, wie:
- Nicht gemeldete Stroh- und Heulagerung auf dem Betrieb.
- Der abgebrannte Stall wurde baulich verändert oder anders genutzt, als es in den Versicherungsunterlagen vermerkt ist (z.B. Wartestall zum Maststall umfunktioniert).
- Das Gebäude wurde unterversichert.
- Es liegt eine nicht ausreichende Kostendeckung vor. Beispielsweise wurde die Entsorgung der kontaminierten Gülle nur mit einem pauschalen Prozentsatz an der Gesamtversicherungssumme eingepreist.
- Der Brand wurde durch grob fahrlässiges Verhalten ausgelöst. Der Landwirt muss nachweisen können, dass er sich beispielsweise bei den brandverursachenden Schweißarbeiten an die Vorschriften der Berufsgenossenschaft gehalten hat.
Um einigen dieser möglichen Streitpunkte im Ernstfall aus dem Weg gehen zu können, sollte ein regelmäßiger Austausch zwischen dem Betrieb und der Versicherung stattfinden. Ist ein Stall beispielsweise mit einer neuen Fütterung oder Lüftungssystem ausgestattet, gilt es den Versicherungswert anzupassen. Außerdem sollte der Versicherung immer ein aktueller Lageplan mit genauen Gebäudebezeichnungen vorliegen. Darin ist auch das Güllelager bzw. dessen Größe anzugeben, damit auch für diesen Gebäudeteil ein Abbruch versichert ist.
Die meisten Betriebe lassen ihre Ställe in einer gleitenden Neuwertversicherung laufen. Das bedeutet, dass der Landwirt zusätzlich zum Zeitwert des abgebrannten Gebäudes von der Versicherung auch die finanziellen Mittel gestellt bekommt, um ein neues Gebäude in gleicher Größe und Ausstattung zu bauen. Die Versicherung muss aber nicht dafür aufkommen, dass der Betrieb wieder das alte Bestandsniveau erreicht. Sind durch Änderungen der Haltungsvorschriften die in diesen Stallmaßen zulässigen Tierplatzzahlen gesunken, muss der Landwirt dies akzeptieren.
Dieselbe Nutzung?
Früher wurde in den Versicherungsverträgen festgeschrieben, dass der Betrieb den abgebrannten Stall an gleicher Stelle und zur selben Nutzung wieder aufbauen muss, um die volle Erstattungssumme zu erhalten. Mittlerweile sind die Wiederherstellungsklauseln offener gestaltet. Darin heißt es dann, dass als Ersatz ein landwirtschaftlich genutztes Gebäude wieder hergestellt werden soll. Wie die Schadenssumme verrechnet wird, wenn der Landwirt statt einen Sauen- einen Maststall oder eine Halle bauen will, muss im Einzelfall verhandelt werden.
Hohe Genehmigungshürden
Haben Landwirt und Versicherung bei der Schadenssumme eine Einigung erzielen können, sind noch längst nicht alle Hürden für einen Wiederaufbau des Schweinestalles genommen. Denn in sehr vielen Fällen hat sich seit der Genehmigung des abgebrannten Altstalles und der Neubeantragung des Ersatzstalles die Gesetzeslage deutlich verändert.
Allen voran verschärfte Emissionsschutzauflagen stehen leider regelmäßig einem Wiederaufbau an gleicher Stellle im Weg. Kann diese Problematik beispielsweise nicht durch den Einbau eines Luftwäschers gelöst werden, muss ein Alternativstandort gesucht werden. Dies gestaltet sich oftmals sehr schwierig, und hier lauert der nächste Fallstrick für den Landwirt.
Für einen oder mehrere potenzielle Standorte müssen zahlreiche Gutachten zu den Geruchsemissionen, zum Verkehrsaufkommen usw. ausgefertigt werden. Die Gutachterkosten sind in der Versicherungspolice den Baunebenkosten zugeteilt. Allerdings sind diese, ähnlich wie die Kosten für die Gülleentsorgung, nur pauschal im Verhältnis zur Gesamtschadenssumme mitversichert. Das heißt, die Erstattungssumme ist gedeckelt. Der Landwirt muss also damit rechnen, dass er bei einer sehr schwierigen Standortsuche für einen Teil der Gutachterkosten selbst aufkommen muss.
Unterbrechung versichern!
Bis ein Brandschaden endgültig abgewickelt ist, dauert es erfahrungsgemäß mindestens gute zwei Jahre. In Einzelfällen kann ein komplexer Sachverhalt oder Schwierigkeiten mit den Genehmigungsbehörden die Abwicklung auf drei bis fünf Jahre ausdehnen. Umso wichtiger ist es deshalb, gegen den Einkommensausfall eine Betriebsunterbrechungsversicherung abzuschließen.
Diese kommt für die Verluste auf, die durch nicht verkaufte Schlachtschweine oder Ferkel entstanden sind.Früher wurde diese Zusatzversicherung vornehmlich Sauenbetrieben empfohlen, da diese zusätzlich zum Stall einen Zuchtbestand wieder aufbauen müssen. Doch in Anbetracht der immer langwierigeren Genehmigungsverfahren sollten sich auch Mäster absichern.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein Betriebsunterbrechungsschaden immer erst zeitverzögert zurückerstattet werden kann. Denn die Berechnung des Schadens beruht auf den Deckungsbeitragsberechnungen der Vorjahre und den Erzeugerpreisen während der Ausfallzeit. Für eine sichere Verlusteinschätzung sollte der Landwirt die Fachberater der Landwirtschaftskammern, Erzeugerringe oder Bauernverbände hinzuziehen.
Die Angst einiger Landwirte, nach einem Stallbrand als nicht mehr versicherbar zu gelten, ist größtenteils unberechtigt. Es kommt zwar sicherlich vor, dass ein solches Schadensereignis in Kombination mit einer schwierigen Abwicklung zur Kündigung des Versicherungsvertrages führt. Häufiger jedoch nimmt die Versicherung eine spürbare Anpassung der Vertragskonditionen vor oder setzt voraus, dass im neuen Stall bzw. auf dem gesamten Betrieb zusätzliche Brandschutzvorkehrungen getroffen werden.
Fazit
- Bei hohen Schadenssummen wird die Versicherung mehrere Sachverständige beauftragen. Zur Absicherung sollte der Betrieb einen eigenen Sachverständigen hinzuziehen.
- Die Abbruch- und Aufräumarbeiten sind sehr teuer. Speziell die Entsorgung der Gülle geht ins Geld.
- In der Regel hat der Landwirt Anspruch auf einen gleichwertigen Neubau. Die Genehmigungshürden sind aber hoch und es drohen nicht gedeckte Zusatzkosten.
- Die Schadensabwicklung kann Jahre dauern. Deshalb sollte eine Betriebsunterbrechungsversicherung abgeschlossen werden.