Umfangreiche Analysen zeigen, dass der P-Gehalt im Getreide oft überschätzt wird. Was sind die Folgen? Wie lässt sich gegensteuern?
Dr. Friederike von und zur Mühlen, VzF GmbH
Phosphor ist in allen Bereichen der Landwirtschaft im Fokus. In der Schweinehaltung geht es vor allem um die mit der Gülle ausgebrachten P-Mengen. Denn in vielen Betrieben ist Phosphor der erstlimitierende Faktor bei der Gülledüngung. Gleichzeitig sind die globalen Vorräte von Phosphor begrenzt. Es gilt, den Rohstoff effizient einzusetzen.
P-Absenkung im Trend
Insbesondere Betriebe in Veredlungsregionen wollen die P-Ausscheidungen ihrer Tiere weiter senken. Ein Ansatz ist die Zugabe von Phytase. Das Enzym wurde zunächst vor allem bei Ferkeln und in der Vormast eingesetzt. Mittlerweile ist es fester Bestandteil nahezu aller Schweinefutter. Neue Phytasen sollen deutlich effizienter sein (siehe Kasten Seite 56).
Der zweite Ansatz ist die Absenkung der P-Gehalte im Futter. Das niedersächsische RAM-Futter hat hierzu einen großen Beitrag geleistet. Durch weitere Verschärfungen im Düngerecht gehen die Forderungen weiter. Neben stark N- und P-reduziertem Futter sind sehr stark bis hin zu extrem stark reduzierte Rationen im Gespräch. Hier stellt sich die Frage: Wie weit können wir die P-Gehalte senken, ohne die Gesundheit und das Wohlbefinden zu gefährden?
Wer die P-Gehalte senken und Sicherheitszuschläge abbauen möchte, muss die Inhaltsstoffe der Rohkomponenten exakt kennen. Bisher wird das Hofgetreide oft mit dem kostengünstigen NIRS-Verfahren untersucht. Dabei handelt es sich um eine physikalische Messung, die mit Eichkurven arbeitet. So werden die Rohnährstoffe und Stärke ermittelt und die Gehalte an Energie und Aminosäuren abgeleitet.
Die Phosphor-Gehalte kann die NIRS- Methode nicht ermitteln. Sie müssen aus Tabellen entnommen werden. Dies birgt Unsicherheiten und kann zu Fehl- einschätzungen führen.
Daher hat die VzF GmbH Uelzen ihre Mitglieder aufgerufen, nach der Getreideernte 2018 auch die P-Gehalte im Labor untersuchen zu lassen. Die Phosphoranalytik erfolgte im chemischen Labor der LUFA in Oldenburg. Aufgrund des großen Probenumfangs wurden Rabatte eingeräumt. Die Resonanz der VzF-Betriebe war sehr gut, sodass 280 Proben untersucht wurden.
Gehalte unter Tabellenwert
Vergleicht man die analysierten Werte mit den DLG-Futterwerttabellen, so ist eine deutliche Diskrepanz zu erkennen (siehe Übersicht 1). Im Schnitt der Proben bleiben alle vier Getreidearten beim P-Gehalt deutlich hinter den Tabellenwerten zurück. Bei der Gerste fallen die Mindergehalte besonders hoch aus. Nur einzelne Proben mit sehr hohen Werten erreichen die in den Tabellen genannten P-Gehalte.
Probleme mit Fundamenten
Die geringsten P-Gehalte zeigt erwartungsgemäß der Roggen. Insgesamt sind die Unterschiede zwischen den Getreidearten jedoch gering. Somit ist auch im Schwergetreide nicht unbedingt mit höheren Phosphorwerten zu rechnen. Allen Getreidearten ist gemein, dass eine hohe Spannweite der P-Werte auftritt. Besonders hoch ist die Streubreite bei der Gerste und beim Roggen (siehe Übersicht 2). Hier weichen die P-Gehalte der schlechtesten Proben um bis zu 100% von den höchsten Ergebnissen ab.
Dies kann gravierende Folgen für die Ration haben. Denn vor allem bei getreidelastigen Mischungen erfolgt ein Großteil der P-Versorgung über die nativen Gehalte im Getreide. So kann z.B. eine Gerste-betonte Ration mit niedrigen P-Gehalten im Getreide nur 1,6 g Phosphor/kg aufweisen. Während dieselbe Ration mit Gerste mit hohen P-Werten mit 3,2 g/kg rund doppelt soviel Phosphor enthält.
Sicherlich zeigen viele Untersuchungen, dass eine P-reduzierte Fütterung möglich ist. Auch Praxisbetriebe setzen diese Maßnahmen bereits erfolgreich um. Jedoch mehren sich in letzter Zeit die Problemfälle, die auf eine mangelhafte P-Versorgung schließen lassen.
Betroffene Schweine können in allen Altersstufen u.a. Fundament- und Klauenprobleme zeigen, die mit einer mangelhaften P-Versorgung zusammenhängen können. Hinzu kommen übergeordnete Aspekte wie verminderte Leistungen und Kannibalismus.
Dies zeigt einmal mehr, wie wichtig die regelmäßige Untersuchung des geernteten Getreides für die Rationsgestaltung ist. In der VzF-Beratung geht dies obligatorisch mit einer erneuten Kalkulation der Mischungen einher. Gleichzeitig zeigt diese Erhebung, wie wichtig homogene Tiergruppen sind.
Zeigt sich eine Mangelversorgung, ist z.B. durch die Umstellung des Mineralfutters kurzfristig gegenzusteuern. Wer frühzeitig reagiert, kann durch die Optimierung der Fütterung oft viel erreichen. Vorbeuge ist besser als Nachsorge.
Bei wachsenden Tieren kann es aber mitunter schwierig sein, die Schäden ganz zu beheben. Bei anhaltenden Problemen ist der Hoftierarzt hinzuzuziehen. Dieser kann bei Bedarf auch Tiere zur Sektion senden.
Tabellenwerte überarbeiten
Diese Untersuchungen sowie weitere Studien deuten darauf hin, dass die Tabellenwerte zum Phosphor im Getreide überarbeitet werden sollten. Die großen Schwankungen der Gehalte werfen zudem die Frage auf, ob die P-Werte bei anderen Futtermitteln stimmen. Die Mischfutterindustrie nutzt die Tabellenwerte vermutlich nicht mehr.
Des Weiteren sind ackerbauliche Aspekte zu bedenken. Überschätzen wir die P-Gehalte im Getreide, so ordnen wir auch die P-Gehalte in der Gülle falsch ein. Das heißt: Ihr Düngewert ist geringer. Die Folgen für das Wachstum der Pflanzen und den Phosphorentzug von der Fläche können gravierend sein.
Fazit
Die VzF GmbH hat 280 Getreideproben auf den Phosphorgehalt geprüft:
- Getreide hat deutlich weniger Phosphor als in den Futterwerttabellen.
- Vor allem bei N- und P-Absenkung können Unterversorgungen auftreten.
- Fundamentschäden, Kannibalismus und Minderleistungen können folgen.
- Bei Problemen sind Futteranalysen und ggf. Sektionen notwendig.
- Über das Mineralfutter lässt sich kurzfristig gegensteuern.
- Die Analysen geben Anlass, die Futterwerttabellen zu überarbeiten.