Eine Studie zeigt Lücken beim Reinigen und Desinfizieren von Viehtransportern. Was jetzt zu tun ist, erklärt Prof. Dr. Wilfried Hopp.
Heinrich Niggemeyer, SUS
Wie wichtig ist das Reinigen und Desinfizieren von Transportfahrzeugen?
Mit Viehtransportern können Krankheitserreger von A nach B geschleppt werden. Der Schlachthof ist eine Risikozone. Deshalb müssen alle Transportfahrzeuge noch vor Ort gereinigt und desinfiziert werden.
Welche rechtlichen Grundlagen gelten für Transportfahrzeuge an Schlachthöfen?
Die EU-Verordnung 853/2004 gibt vor, dass Schlachthöfe über geeignete Anlagen für das Reinigen, Waschen und Desinfizieren von Transportmitteln für Tiere verfügen müssen. Die Viehverkehrsverordnung ist die national geltende Vorschrift, die unter anderem die Reinigung und Desinfektion von Transportmitteln regelt. Doch weder die europäische noch die nationale Verordnung enthalten konkrete Vorgaben zur baulichen Gestaltung von Reinigungs- und Desinfektionsanlagen an Schlachthöfen.
Reichen die Waschplätze?
Die Anzahl Waschplätze muss der Kapazität des Schlachthofes angepasst sein. Nur so kann erreicht werden, dass alle Fahrzeuge in einem angemessenen Zeitfenster gereinigt und desinfiziert werden können. Die Realität zeigt, dass häufig Waschplätze fehlen und sich Spediteure anstellen müssen. Wenn sie Anschlusstouren haben, kommen sie unter Zeitdruck.
Wie sieht ein optimaler Waschplatz aus?
Ein idealer Waschplatz verfügt über getrennte Zu- und Ausfahrten, damit gereinigte Fahrzeuge nicht den gleichen Weg nehmen müssen wie die verschmutzten Lkw. Optimal wäre eine beheizbare Halle, um ein Abtrocknen der Fahrzeuge vor der Desinfektion zu ermöglichen. Es sollte aber mindestens eine großflächige Überdachung, auch über mehrere Waschplätze hinweg, mit seitlichem Schutz vorhanden sein.
Wer koordiniert das Lkw-Waschen?
Der Schlachthofbetreiber muss lediglich die Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße Reinigung und Desinfektion der Fahrzeuge schaffen. Die laufende Kontrolle der Reinigungs- und Desinfektionsanlagen lässt aber oft Wünsche offen.
Was heißt das konkret?
Reinigungstechnik und Desinfektionsanlage müssen ordnungsgemäß funktionieren. Treten Störungen auf, muss der Betreiber diese unverzüglich beheben. Er muss Desinfektionsmittel in der richtigen Konzentration und den Verhältnissen der Witterung angepasst zur Verfügung stellen. Ist der Vorratsbehälter leer, muss er nachfüllen.
Wird mit Hochdruck und Warmwasser gereinigt?
Meist wird nur kaltes Wasser mit mittlerem Druck angeboten. Besser wäre die Bereitstellung von mindes-tens 40°C warmem Wasser und eine Hochdruckanlage für hartnäckige Verschmutzungen. Das erhöht den Reinigungseffekt deutlich.
Gibt der Schlachthof die Reinigungszeiten vor?
Nein. Die Durchführung der Reinigung und Desinfektion obliegt allein dem Fahrer des Fahrzeuges. Dieser entscheidet, ob er zehn oder vierzig Minuten mit dem Hochdruckreiniger arbeitet. Hier gibt es keine Vorgaben. Die Abläufe werden nur sporadisch vom Amtstierarzt überwacht. Dieser kontrolliert in erster Linie das Vorhandensein der gesetzlichen Vorgaben. Da diese aber sehr lückenhaft sind, trägt der Amtstierarzt nicht die Verantwortung für die Wirksamkeit der Maßnahmen.
Müssten die rechtlichen Vorgaben präzisiert werden?
Ja, entsprechende Anpassungen sind dringend anzustreben. Nur so könnten die Schlachthöfe verpflichtet werden, eine Mindestausrüstung zur Verfügung zu stellen. Das würde allen helfen.
Was raten Sie Selbst-Anlieferern?
Gerade Landwirte müssten ein großes Eigeninteresse haben, dass ihre Transportfahrzeuge sauber sind und ordnungsgemäß desinfiziert werden. Wichtig ist, dass diese von oben nach unten und von innen nach außen erfolgt. Zum Schluss müssen auch Stiefel und Hände gereinigt und desinfiziert werden. Der eingesetzte Einwegoverall verbleibt am Schlachthof.
Wirken herkömmliche Desinfektionsmittel auch bei winterlichen Temperaturen?
Eine ausreichende Desinfektion von Flächen ist bei einer Temperatur unter 0°C kaum möglich. Es müsste eine heizbare Waschhalle zur Verfügung stehen, um tatsächlich eine Wirkung zu erreichen. Generell ist eine wirksame Desinfektion an eine abgetrocknete Fläche geknüpft. Deshalb muss bei nassen Flächen die Menge Desinfektionsmittel entsprechend erhöht werden.
Werden die erforderlichen Einwirkzeiten bei der Desinfektion eingehalten?
Der Einsatz eines Desinfektionsmittels in ausreichender Menge in richtiger Konzentration vorausgesetzt benötigt es eine gewisse Zeit, um seine Wirkung zu entfalten. Da reden wir von mindestens 20 bis 30 Minuten. Das kann auch die Fahrzeit zum nächsten Kunden sein, wenn sie lange genug dauert. Ob diese Zeit vom Fahrer eingehalten wurde, kann der Landwirt nicht kontrollieren.
Wie wichtig sind Fahrerhaus und Reifen bei der Desinfektion?
Die Desinfektion des Unterbodens, der Radkästen und der Reifen des Fahrzeuges und die regelmäßige Reinigung und Desinfektion des Fahrerhauses gehören dazu. Leider werden diese Dinge vernachlässigt.
Wird die Sicherheit durch Desinfektion mit Sprühbogen erhöht?
Ja, wenn die Wirkung des Sprühbogens nicht durch Witterungseinflüsse, wie Wind beeinträchtigt wird. Eine Sensorschaltung sorgt für das komplette Einsprühen des Lkw. Auch die Unterbodendesinfektion wird beim Durchfahren aktiviert. Der Schlachthofbetreiber muss eine entsprechende Zwangsführung auf dem Gelände sicherstellen.
Wer muss ein Desinfektionskontrollbuch führen?
Der Fahrer hat gemäß §22 der Viehverkehrsverordnung für jedes Fahrzeug gesondert ein Desinfektionskontrollbuch mitzuführen. Daraus gehen Tag des Transportes, Art der beförderten Tiere, Ort und Tag der Reinigung und Desinfektion des Fahrzeuges und der Handelsname des Desinfektionsmittels hervor. Die Eintragungen können vom amtlichen Tierarzt und bei Fahrzeugkontrollen auf der Straße kontrolliert werden. Bei Transporten durch den Landwirt gelten diese Vorschriften nicht.
Wie werden Missachtungen der Vorschriften geahndet?
Verstöße gegen §17 und §22 der Viehverkehrsordnung, also fehlende Durchführung der Reinigung und Desinfektion und Fehlen des Desinfektionskontrollbuchs werden als Ordnungswidrigkeiten nach den Vorschriften der Viehverkehrsverordnung verfolgt und mit einem Bußgeld geahndet.
Werden die Fahrer im Hygienemanagement geschult?
Viehhandels- und Transportunternehmer müssen über einen schriftlichen Plan für die Reinigung und die Desinfektion unter anderem der Transportfahrzeuge verfügen. Aus dem Plan müssen die Art und Weise und die Häufigkeit der Reinigung und Desinfektion sowie das vorgesehene Desinfektionsmittel ersichtlich sein. Dies bezieht sich allerdings in erster Linie für die R&D in deren zugelassenem Betrieb. Konkrete Schulungsvorgaben für Fahrer von Transportfahrzeugen existieren nicht.
Gelten bei Seuchen Sonderregeln?
Ja, diese sind sogar gesetzlich verankert. Es empfiehlt sich, mit den Beteiligten bereits im Vorfeld mögliche Restriktionen und Ausnahmen zu besprechen, sodass in einem möglichen Tierseuchenfall aktiv gehandelt werden kann.
Können die Mängel bei der Reinigung und Desinfektion schnell behoben werden?
Gerade vor dem Hintergrund der drohenden ASP müssten die Mängel viel offensiver kommuniziert und angeprangert werden. Dies würde dazu beitragen, dass die Schlachthofbetreiber und auch amtliche Tierärzte die R&D-Maßnahmen von Viehtransportern gezielter kontrollieren. Teils ist die Mängelliste lang und es müssten standortbezogene Maßnahmenpläne entwickelt und umgesetzt werden.