Vion bietet mit Good Farming Balance neue Masken für Spezialmärkte an. Können die Mäster profitieren?
Christa Niemann, DBV/WLV
Das Schlachtunternehmen Vion hat im vergangenen Herbst mit Good Farming Balance (GFB) ein neues Vermarktungssystem vorgestellt. Ein ähnliches Konzept setzt Vion bereits in den Niederlanden erfolgreich um. Auf der EuroTier 2018 haben erste deutsche Betriebe die GFB-Verträge unterschrieben.
Mit dem Kettenkonzept nimmt der Schlachtkonzern Mäster unter Vertrag, die Tiere für spezielle Märkte produzieren. Vion möchte damit bestimmte Nachfrage-Segmente bedienen. Für den japanischen Markt benötigt der Konzern z.B. Tiere mit leichteren Lachsen. Für Italien sind dagegen schwere und fettere Tiere gefragt, um die nach Parma-Art geschnittenen Schinken zu erzeugen. Und beim Export nach Südkorea geht es um Tiere mit schweren, fetteren Bäuchen.
Masken für Nord und Süd
Good Farming Balance hat eigene Abrechnungsmasken für den Norden und den Süden von Deutschland. Zum Norden gehören die Standorte Emstek, Perleberg und Altenburg und zum Süden die Standorte Crailsheim, Landshut und Vilshofen. Im Wesentlichen sind in GFB vier neue Abrechnungsmasken zu unterscheiden:
- Die Maske Delikat (MFA) belohnt Tiere mit niedrigen Fleischmaßen unter 58 mm (siehe Übersicht). Sie erhalten einen Zuschlag von 1 Cent/kg SG. Die Zu- und Abschläge für MFA und Schinkengewichte über 18 kg sind identisch mit denen der Maske Standard. Ziel ist die Erzeugung kleiner Lachse.
- Die Maske Robust (MFA) belohnt Tiere mit erhöhten Speckmaßen über 16 mm. Sie erhalten einen Zuschlag von 1 Cent/kg SG. Die Zu- und Abschläge für MFA und Schinkengewichte über 18 kg sind identisch mit der Maske Standard. Ziel ist die Erzeugung schwerer, fetterer Schinken.
- Bei der Maske Breit (AutoFOM) werden die Schinken einheitlich mit 2,6 Indexpunkten/kg bewertet. Hier sind alle Schinkengewichte erwünscht. Tiere mit sehr fetten Bäuche erhalten höhere Indexpunkte als bei der bisherigen Maske.
- Die im Süden gültige MFA-Maske Broat belohnt hohe Fleischmaße. Das Ziel sind vollfleischige Schweine.
Neuer Gewichtskorridor
Ein neues Abrechnungselement ist bei GFB das durchschnittliche Partiegewicht. Für alle Masken im Norden gilt ein Zielkorridor von 93 bis 99 kg. Weichen Partien im Mittel von diesem Korridor ab, gibt es Abzüge von 2 Cent/kg SG für jedes Kilo mehr oder weniger.
So erhält eine Partie mit 100,5 kg SG einen Abzug für das Überschreiten des mittleren Partiegewichtes von 3 Cent/kg SG. Das ergibt einen Abzug von 3,02 € je Tier. Im Gegensatz zu der herkömmlichen Maske „Standard“ bzw. „Basis“ gibt es bei GFB auf das Einzeltier bezogen zwischen 80 und 110 kg SG keine gewichtsbedingten Abzüge. Nur wenn die Tiere unter 80 kg SG oder über 110 kg SG liegen, greifen zusätzliche Gewichtsabzüge.
Für alle Süd-Masken ist der Zielkorridor mit 95 bis 101 kg für das durchschnittliche Partiegewicht etwas höher. Weichen Partien vom durchschnittlichen Partiegewicht ab, gibt es Abzüge von 2 Cent/kg SG für jedes Kilo mehr oder weniger.
Wie im Norden gibt es auf das Einzeltier bezogen zwischen 80 und 110 kg SG keine gewichtsbedingten Abzüge. Allerdings werden im Süden alle Tiere mit einem Fleischmaß unter 58 mm mit einem Abzug von 1 Cent/kg SG je mm Abweichung bestraft.
Sechs-Wochen-Preis
Neben den speziellen Masken gilt für GFB ein Sechs-Wochen-Gleitpreis. Dieser berechnet sich aus der Notierung der Lieferwoche und den Preisen der fünf Wochen davor. Damit sollen Mäster bei kontinuierlicher Lieferung vor einem kurzfristigen Preisnachteil geschützt werden. Der Mittwochspreis der VEZG gilt im Norden jeweils für die ganze Kalenderwoche.
Außerdem verzichtet Vion bei GFB grundsätzlich auf Hauspreise, was den Erzeugern eine zusätzliche Sicherheit geben soll. Im letzten Jahr haben die Hauspreise die Mäster auf Basis wöchentlicher Verkäufe rechnerisch rund 0,50 € je verkauftem Tier gekostet.
In der Praxis fällt der Schaden meist geringer aus. Denn nur ein Teil der Mäster trägt den Hauspreis selbst. Mitunter teilen sich Händler und Mäster den Hauspreis, teilweise trägt der Händler ihn allein. Insgesamt ist der Verzicht auf Hauspreise aber ein Vorteil.
Weiterhin verspricht der Schlachtkonzern Vion den Mästern mit dem neuen Abrechnungsmodell mehr Flexibilität beim Verkauf. So soll der neue Gewichtskorridor weniger Verkaufstermine bzw. ein schnelleres Räumen der Abteile erlauben.
Vorteile für die Mäster?
Doch wie schneiden durchschnittliche Partien nach den neuen Masken ab? Die Berechnung verschiedener Partien mit den neuen Abrechnungsmasken Delikat und Robust zeigt kein einheitliches Bild. Teilweise schneiden die Partien um 0,10 oder 0,20 € je Tier besser ab als mit der Standard- oder Basismaske. Mitunter steigt der Unterschied auf mehr als 1 € je Tier.
Auffällig ist, dass bisher die Unterschiede zwischen den Masken Delikat und Robust bei den meisten Betrieben nur sehr gering ausfallen. Die neuen Masken unterscheiden sich ausschließlich in den Merkmalen Fleischmaß bzw. Speckmaß, die jeweils nur mit 0,01 €/kg Zuschlag belohnt werden.
Teils gegenläufige Ziele
Allerdings stehen diese Zuschläge teilweise im Widerspruch zu den übrigen Maskenforderungen. So schließen sich die geforderten niedrigen Fleischmaße und hohe Schinkengewichte über 18 kg SG nahezu aus. In der vorliegenden Auswertung konnten weniger als 1% der Tiere beide Bedingungen erfüllen. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass alle hier ausgewerteten Tiere bisher für andere Masken gemästet bzw. selektiert wurden.
Die Komponente mittleres Partiegewicht ist bei den hier ausgewerteten Masken nicht berücksichtigt worden. Denn dieser Parameter soll erst ab der elften Lieferpartie voll abrechnungsrelevant werden. Auch die Bewertung der süddeutschen Maske Broat fällt bisher eher verhalten aus. So unterscheidet sich die neue Maske nur im Gewichtsbereich von der ursprünglichen Maske. Alle anderen Parameter sind identisch. Da die Abzüge für Unter- bzw. Übergewichte nur jeweils 1 Cent/kg Abweichung betragen, ist der Nutzen der neuen Maske nicht sehr hoch.
Weniger Verkaufstermine?
Die meisten Schweinemäster verkaufen bisher keine nennenswerten Stückzahlen in dem hohen Gewichtsbereich. Denn wegen der schlechteren Futterverwertung und den damit verbundenen erhöhten Futterkosten ist in der Regel keine Rentabilität gegeben.
Zu beachten ist auch, dass es bisher keine Ebermasken für GFB gibt. Es gelten die bisherigen Modalitäten. Werden Eber über GFB vermarktet, so müssen sie zusätzlich die mittleren Partiegewichte einhalten und es wird mit dem Sechs-Wochenpreis abgerechnet. Für die Ebermäster ist ein Wechsel zu GFB unter diesen Bedingungen also eher mit höheren Auflagen hinsichtlich der Verkaufsgewichte verbunden.
Wichtig ist zudem die Frage: Kann man mit GFB wirklich einen Verkaufstermin einsparen? Diese Frage stellt sich nicht nur den Rein-Raus-Mästern. Vielmehr sollte jeder Mäster seine Abteile möglichst zügig räumen und erst dann wieder neue Tiere aufstallen. Die neuen Masken lassen den Gewichtsbereich 80 bis 110 kg SG zu. Allerdings sollten die GFB-Mäster den Gewichtsbereich nicht bis 80 kg SG ausnutzen. Denn die sehr leichten Tiere unter 85 kg SG haben auch bei GFB keine ausreichenden Erlöse für eine rentable Mast. Ursache sind die Abzüge für untergewichtige Teilstücke.
Ob sich das Ausschöpfen bis 110 kg SG lohnt, hängt von der individuellen Futterverwertung am Ende der Mast ab und vom Preis der Endmastmischung. Tendenziell ist eine starke Anhebung des Schlachtgewichtes bei den aktuell gestiegenen Futterkosten oft nicht ratsam. Auch ist zu bedenken, dass der Nährstoff- bzw. Gülleanfall bei höheren Verkaufsgewichten überproportional stark ansteigt. Dieser Punkt ist insbesondere in Veredlungsregionen mit hohen Kosten für die Gülleverwertung nicht zu unterschätzen.
Fazit
- Vion bietet mit Good Farming Balance neue Masken für Spezialmärkte an. Diese sollen Mästern eine flexible Vermarktung und stabile Erlöse bieten.
- Erste Auswertungen zeigen, dass Vorteile durch augenscheinlich breitere Gewichtskorridore oft durch Abzüge bei den Teilstücken oder neue Ge- wichtsvorgaben aufgezehrt werden.
- Interessierte Mäster sollten anhand von Schlachtauswertungen kritisch prüfen, ob sich das Konzept rechnet.