Auf schwedischen Betrieben lastet ein enormer wirtschaftlicher Druck. Wo liegen die Gründe? Wie geht Landwirt Sven Nilsson mit dieser Situation um? W er in Schweden als Ferkelerzeuger überleben will, muss große Ferkelpartien von mindestens 300 bis 400 Stück anbieten. Sonst muss man zu hohe Abzüge hinnehmen, beschreibt Sven Nilsson (50) die Situation auf dem dortigen Ferkelmarkt. Hintergrund ist, dass größere Mastbetriebe mit mehr als 400 Plätzen nur von einem Betrieb Ferkel beziehen dürfen. Ledigleich die kleineren Betriebe mit weniger als 400 Plätzen haben die Möglichkeit, auch Mischpartien einzustallen. Hinzu kommt, dass auch die Schlachtereien darauf drängen, dass die Mastbetriebe möglichst große Schlachtschweinepartien anbieten. Etliche Vermarkter haben die Transportstaffeln entsprechend geändert, um Druck auszuüben. Die Folge ist, dass die Mäster ihre Ställe konsequent im Rein- Raus-Verfahren belegen und dafür entsprechend große Ferkelpartien brauchen. Auf diesen Trend hat sich Sven Nilsson bereits vor einigen Jahren eingestellt. Zusammen mit zwei Mitarbeitern betreut er eine Sauenherde, die inzwischen auf 400 Muttertiere angewachsen ist. Die Herde ist derzeit in acht 50er-Gruppen aufgeteilt, so dass je Liefertermin mindestens 500 Ferkel angeboten werden können, die ein größerer Mastbetrieb aus der Region aufnimmt. Viel Liegekomfort, hohe Stallplatzkosten Der Druck auf die Schweinebetriebe ist enorm. Uns bleibt nichts anderes übrig als weiter zu wachsen, fährt Nilsson fort, der sich auch politisch engagiert. Aufgrund der wohl strengsten Tierschutzaufl agen in Europa sind entsprechende Wachstumsschritte jedoch ein teures Unterfangen. Zum Beispiel müssen die säugenden Sauen in 6 m2 großen Laufbuchten untergebracht werden, um sich frei drehen zu können. Nur während der Geburtsphase oder bei Bösartigkeit fi xieren wir die Sau im Ferkelschutzkorb, versichert Nilsson. Das heißt, dass die Buchtenabtrennungen entsprechend stabil sein müssen bzw. an diesen Abweiser montiert sind, um Erdrückungsverluste zu vermeiden. Dadurch kommt mir die Abferkelbucht deutlich teurer, zumal auch das Güllesystem mit Schiebern ausgerüstet ist. Denn der Landwirt füttert täglich eine Handvoll Stroh, das auf die planbefestigte Liegefl äche verteilt wird. Damit die Strohgabe keine Verstopfungsprobleme im Güllesystem zur Folge hat, müssen entsprechende Vorkehrungen getroffen werden. Auch in der Ferkelaufzucht und Mast muss die Hälfte der Buchtenfl äche planbefestigt sein. Das geforderte Platzangebot geht um 50 % über die EU-Anforderungen hinaus. Zusätzlich müssen technische Einrichtungen zur Vernebelung von Wasser installiert sein. Wir setzen ein Gemisch aus Wasser und Raps öl ein, um neben dem Abkühlen der Ställe im Sommer auch den Staub zu binden. Das Resultat ist eine sehr gute Luft im Stall, berichtet Nilsson. Insgesamt seien die Baukosten allein aufgrund des höheren Platzangebots um 10 bis 15 % höher als beispielsweise in Dänemark. Gut, dass sich aufgrund der strengen Einfuhrbedingungen die Ferkelimporte aus dem Ausland in Grenzen halten. Sonst hätten wir Ferkelerzeuger noch größere Probleme, ist sich der Betriebsleiter sicher. Hohe Arbeits belastung Neben den hohen Baukosten gibt es aber noch andere Knackpunkte. Und das ist die auf vielen Betrieben hohe Arbeitsbelastung, die zum Teil ebenfalls durch die strengen Haltungsaufl agen bedingt ist. So müssen die geschlossenen Flächen im Liegebereich regelmäßig gesäubert werden. Wir steigen täglich zweimal in die Abferkelbuchten, um den Mist von den Liegefl ächen zu entfernen, erklärt der Betriebsleiter. Die güsten und tragenden Sauen werden in eingestreuten Laufbuchten gehalten. Zwar werden die Großballen bequem mit dem Frontlader bewegt. Dennoch nehmen die Strohbergung sowie das regelmäßige Entmisten und Einstreuen eine Menge Zeit in Anspruch. Da in Schweden selbst die abgesetzten Sauen bis zur Belegung nicht in Fressliegebuchten aufgestallt werden dürfen, sucht man auf dem Betrieb Nilsson vergeblich nach einem Deckzentrum mit Besamungsbuchten. Vielmehr werden die abgesetzten Sauen direkt in Strohbuchten untergebracht, wo sie auch besamt werden. Da jede Sau einzeln stimuliert und besamt werden muss, kalkuliert der Betrieb mit bis zu zehn Minuten je Besamung. Auch die Umrauschkontrolle ist recht arbeitsintensiv. Zwar bleiben die Besamungsgruppen so weit es geht zusammen. Doch ist es recht umständlich, mit dem Sucheber in die einzelnen Laufbuchten zu gehen, um die Umrauscher ausfindig zu machen. Das Füttern hingegen ist schnell erledigt. Denn die Sauen und Ferkel werden mit Flüssigfutter versorgt. Auch die Geburtsüberwachung kostet nicht über Gebühr Zeit. Unsere Sauen sind nach der Geburt erstaunlich fit, wahrscheinlich wegen der Bewegungsmöglichkeit. Und wenn die Sauen gesund sind, geht die Arbeit deutlich schneller von der Hand, hat Sven Nilsson beobachtet. Insgesamt wendet der Landwirt ca. 15 Arbeitsstunden je Sau und Jahr auf. Ohne Stroh ließe sich die Arbeitsproduktivität weiter verbessern. Andererseits liefert der verrottete Mist wertvollen Humus für den Acker, wägt der Betriebsleiter ab. Die Ferkelaufzucht ist die Achillesferse Der Betrieb besamt seine Kreuzungssauen aus Large-White und Landrasse mit Sperma von Hampshire-Ebern. Die Würfe sind recht ausgeglichen und die Ferkel suchen direkt nach der Geburt aktiv das Gesäuge, ist Nilsson mit dem Verhalten der Ferkel zufrieden. Aktuell liegt die Wurfgröße bei 11,8 lebend geborenen Ferkeln, die Saugferkelverluste bei 14,6 %. Während Nilsson die Fruchtbarkeit der Sauen lobt, gab es in der Vergangenheit immer wieder Probleme in der Ferkelaufzucht. Nach einer vierwöchigen Säugezeit werden die Ferkel in 15er-Buchten eingestallt, wobei die beheizte Liegefläche zum Teil abgedeckt ist. Dank der hohen Räume und der Zonenheizung ist das Klima im Flatdeckstall angenehm, so dass wir kaum Probleme mit Husten haben. Sorgen bereiten uns aber hartnäckige Colidurchfälle ab dem fünften bis sechsten Tag nach dem Absetzen, gibt der Landwirt offen zu. In Schweden sind schon seit Jahren die antibiotischen Leistungsförderer verbannt. Deshalb achtet der Landwirt darauf, dass die Saugferkel ab der zweiten Lebenswoche zugefüttert werden. Zusätzlich gibt Nilsson den Saugferkeln Torf zu fressen. Doch spätestens wenn die Ferkel an das Flüssigfutter gewöhnt werden, ist die Durchfallgefahr groß. Zuerst dachten wir, dass es am hohen Keimgehalt im Wasser liegt. Deshalb spülen wir die Leitungen regelmäßig mit einem Säureprodukt. Als auch dies nicht half, haben wir den Proteingehalt im Ferkelfutter auf 15 % reduziert, erzählt der Betriebsleiter weiter. Zusätzlich wird das eingesetzte Fertigfutter in einem 12-t-Tank fermentiert. Unsere Väter haben früher ebenfalls mit der natürlichen Fermentation gearbeitet, indem sie das Trockenfutter im Trog mit Wasser verrührt haben. Die Futtersuppe blieb dann einen halben Tag stehen, bevor die Schweine sie zu fressen bekamen, erinnert sich der Landwirt noch genau. Täglich werden 3 bis 4 t Futter aus dem Fermenter entnommen. Die gleiche Menge Futter wird dann wieder in den Tank gegeben. Nilsson achtet darauf, dass das zugeführte Wasser vorgeheizt ist, so dass im Tank eine Temperatur von etwa 28 °C gehalten wird. Um die Milchsäurebildung aktiv zu unterstützen und zu steuern, setzt er regelmäßig alle zwei bis vier Wochen Starterkulturen ein. Heute haben wir das Durchfallgeschehen besser im Griff. Doch wir müssen weiter an den Zunahmen feilen, die noch nicht gut genug sind, formuliert der Landwirt eines seiner Ziele. Um den Geschmack des Ferkelfutters und damit auch die Futteraufnahme zu verbessern, probiert der Landwirt derzeit ein Molkeprodukt aus. Seitdem Nilsson fermentiertes Futter einsetzt und die Ferkel die ersten zwei Wochen nach dem Absetzen besser überstehen, hat sich der Arbeitsaufwand deutlich verringert. Denn in Schweden muss jedes erkrankte Tier individuell per Spritze behandelt werden. Der Einsatz von Medikamenten übers Futter oder Trinkwasser ist in Schweden kaum möglich, macht Nilsson nochmals auf die deutlich strengeren Auflagen in Schweden im Vergleich zu Dänemark oder andere EU-Staaten aufmerksam. Heinrich Niggemeyer - Niggemeyer,Heinrich -