Die Nachfrage nach Bioschweinefleisch boomt und die deutschen Erzeuger kommen nicht hinterher. Wie ist dies einzuordnen?
Michael Werning, SUS
Rund 3,80 €/kg Schlachtgewicht und 140 € plus Aufschläge für ein 25 kg-Ferkel. Die Preise auf dem Bioschweinemarkt stimmen aktuell die Erzeuger zufrieden und lassen einige konventionelle Berufskollegen über einen Umstieg nachdenken. Doch was steckt hinter diesen beachtlichen Zahlen?
0,4% der Gesamterzeugung
Zunächst ist Bio immer noch eine Nischenproduktion. 2016 wurden hierzulande knapp 5,57 Mio. t Schweinefleisch produziert. Dabei betrug der Anteil aus ökologischer Erzeugung mit gut 22500 t lediglich 0,4%.
Auch im Ökolandbau selbst spielt die Schweinefleischproduktion eine untergeordnete Rolle. Insgesamt erzielte die Branche in 2016 einen Umsatz von fast zwei Mrd. €. Trotz eines Wachstums von 24% entfielen auf die Schweine lediglich 81 Mio. €. Die „Big Player“ im tierischen Bereich bleiben mit Abstand die Milch (387 Mio. €), Eier (276 Mio. €) und Rindfleisch (182 Mio. €).
Knappes Angebot
Allerdings ist davon auszugehen, dass das Schweinefleisch im Jahr 2017 weitere Anteile an der Gesamt-Wertschöpfung gewonnen hat. So stieg im ersten Halbjahr die Nachfrage der Privathaushalte im Vorjahresvergleich um 12%. Dieser Nachfrage-Zuwachs führte bereits 2016 zu so gravierenden Rohstoffengpässen, dass einige Kühltheken leer blieben.
Denn das Angebot an Bioschweinen war lange Zeit stagnierend bzw. rückläufig. Aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Lage und zahlreicher Bruccelose-Fälle in den Freiland-Haltungen sank 2013 der Bestand an Ökosauen von rund 16300 auf knapp über 15000 Tiere. Angesichts des kleinen Marktvolumens schlug dies zeitversetzt auf die Mastschweine durch (siehe Übersicht). Erst im Jahr 2016 konnte sich der Bestand wieder erholen und um 13% auf 118000 Tiere zulegen. Das entsprach in etwa dem Niveau von 2013.
Bei einer Umtriebsrate von 2,1 stammte somit der absolute Großteil der 250000 in Deutschland geschlachteten Bioschweine aus dem Inland. Aus der EU, wo nach Schätzungen der Agrarmarkt-Informationsgesellschaft (AMI) 2016 insgesamt um die 424000 Mastschweine ökologisch gehalten wurden, gelangt Bioschweinefleisch fast nur in verarbeiteter Form zu uns.
Bio als Umsatzträger
Geht es nach dem LEH, sollten sich noch deutlich mehr deutsche Schweinehalter zur Ökoerzeugung bekennen. Das hat vor allem zwei Gründe. Zum einen sehen die Handelsketten das Biosegment als eine wachstumsstarke und perspektivreiche Ergänzung zum konventionellen Produktangebot an. Wer hier gut aufgestellt ist, lockt mit jungen Familien und Besserverdienenden eine attraktive Zielgruppe in seine Läden. Zum anderen lassen die laut GfK-Marktforschungsinstitut im Schnitt rund 64% teureren Bioprodukte ordentlich die Kassen klingeln.
Davon, dass neben den bekannten Verkaufsschlagern wie Eier und Milch, zunehmend auch frisches Schweinefleisch im Einkaufswagen landet, profitieren allen voran die Discounter und Vollsortimentierer. Denn vielen Bio-supermärkten und Naturkostläden fehlt eine Frischfleischtheke. Die ist aber wichtig, weil die ernährungsbewusste Zielgruppe eher zur Frischware als zu vakuumierter Tiefkühlware greift.
Wenig verwunderlich also, dass beispielsweise Supermarkt-Riesen wie Rewe und Edeka durch enge Kooperationen mit den Anbauverbänden Naturland bzw. Bioland ihre Rohstoffquellen sichern wollen.
Keine amtliche Notierung
Weil es 2016 zu massiven Engpässen am Teilstückmarkt kam, zielen die Vereinbarungen inzwischen auf ganze Schweine ab. Dass dadurch für die Erzeuger mehrjährige Lieferverträge zur Regel geworden sind, verschafft Planungssicherheit.
Vertraglich ausgehandelt wird entweder ein pauschaler Festpreis oder ein Preis, angelehnt an die AMI-Notierung. Die wird sowohl für klassifizierte als auch pauschal abgerechnete Schweine ausgegeben. Eine amtliche Notierung für Bioschweine gibt es nicht. Bei letzterer Variante werden häufig noch Zuschläge für höhere Magerfleischanteile und ein Mindestpreis vereinbart. Aktuell verteilt es sich so, dass 45% der Schweine pauschal ohne Maske abgerechnet werden.
Markt schnell überdreht
Trotz der aktuellen Erlössituation und rosiger Wachstumsprognosen treten die Erzeugergemeinschaften und Beratungsorganisationen auf die Euphoriebremse. Sie betonen die kleinstrukturierten Dimensionen des Marktes und welch enorme Ausschläge bereits kleinste Veränderungen auslösen.
Immer wieder heiß diskutiert werden deshalb die Einstiege verhältnismäßig großer Schweinehalter in die Bioproduktion. So würden bereits 2500 neue Mastplätze bei Durchschnittsleistungen das Schlachtschweineangebot um über 5% wachsen lassen.
Hier sind auch die Strukturerhebungen für 2017 abzuwarten. Marktexperten rechnen damit, dass der Bestand um 10% auf knapp 130000 Tiere zugelegt haben wird. Ähnlich sieht es auf dem Bioferkelmarkt aus, der sich nach jahrelanger Unterversorgung aktuell ausgeglichen präsentiert.
Der EU-Markt regiert bereits auf das steigende Angebot auch aus anderen Mitgliedstaaten. Hier fließt aktuell die Nicht-Verbandsware deutlich zäher ab als noch im Vorjahr. Für die hiesigen Verbände ein Grund mehr, an alle Umstellungswillige zu appellieren, zu allererst die Abnahme abzusichern.
Fazit
Die Nachfrage der Verbraucher nach Bioschweinefleisch steigt. Der LEH will diese sicher bedienen können und bietet den Erzeugern zu attraktiven Konditionen langjährige Lieferverträge an.
Allerdings ist der Bioschweinemarkt klein und reagiert sensibel auf Nachfrage- bzw. Angebotsschwankungen. Eine sichere Abnahme ist das A und O.