Gene für Fitness gesucht

Neue Methoden machen Zuchtfortschritte auch bei funktionalen Merkmalen möglich. SUS hat mit Topigs Norsvin über Strategien von morgen diskutiert.

Heinrich Niggemeyer, SUS

Die niederländische Branche will die Ferkelverluste senken. Wie ist der Stand?

Olijslagers: Im Jahr 2009 hat die Branche einen Aktionsplan mit dem Ziel aufgestellt, die Saugferkelverluste auf 10% zu senken. Aktuell sind wir bei 13,6%, d.h., es wurden noch keine Verbesserungen erreicht. Über Checklisten und Beratung sollen jetzt Managementdefizite in auffälligen Betrieben abgestellt werden. Mittelfristig wird auch die Zucht ihren Beitrag leisten. Die Maxime von Topigs Norsvin ist, dass jede Sau in der Lage sein muss, ihre geborenen Ferkel selbst aufzuziehen. Neben der Mütterlichkeit kommt es auch auf die Ferkelvitalität an.

Wie stark wird die Überlebensrate im Zuchtziel gewichtet?

Knol: Es werden verschiedene Merkmale züchterisch bearbeitet, die die Mütterlichkeit und damit die Überlebensrate positiv beeinflussen. Zusammengefasst machen sie fast ein Drittel der Gewichtung der Zuchtziele bei unserer TN 70-Sau aus. Im Gegensatz dazu ist die Wurfgröße nur noch mit 21% gewichtet. Um eine hohe Überlebensrate zu erreichen, brauchen wir genügend Zitzen. Unsere Jungsauen werden inzwischen mit durchschnittlich 15,8 Zitzen ausgeliefert. Es kommt auch auf das Futteraufnahmevermögen der Muttertiere an, um eine ausreichende Milchversorgung sicherzustellen. Zudem gibt es eine enge Beziehung zwischen Milchproduktion, Fruchtbarkeit und Nutzungsdauer. Wichtig ist, dass das Zuchtprogramm ausbalanciert ist und Aspekte der Mütterlichkeit, Ferkelvitalität und Robustheit kombiniert.

Konnte der Anteil Ferkel unter 1000 g Geburtsgewicht verringert werden?

Knol: In den Nukleusbetrieben erfassen wir seit einiger Zeit die individuellen Geburtsgewichte und bearbeiten diese. So haben wir von 2012 bis 2016 die durchschnittlichen Geburtsgewichte von 1,29 kg auf 1,42 kg steigern können. Im gleichen Zeitfenster ist der Anteil Ferkel unter 1000 g Geburtsgewicht von 21% auf 12 % gesunken. Wobei es ein feststehendes Mindestgewicht nicht gibt bzw. von der Linie abhängig ist. Auch ein vitales 900-g-Ferkel sollte sich am Gesäuge durchsetzen können. Der Zuchtwert für Vitalität ist hier entscheidend.

Lässt sich über die Zucht die embryonale Sterblichkeit vermindern?

Knol: Wir kennen Gene, die für rezessive Erbdefekte verantwortlich sind. Sie werden erst sichtbar, wenn sie homozygot vorliegen, d.h., wenn sie von beiden Eltern übertragen werden. In der Reinzucht kann dies die Ursache für vermehrtes Auftreten von embryonaler Sterblichkeit sein, während es in der Kreuzungszucht oftmals keine große Rolle spielt.

Gibt es bei den Ferkel- und Mastverlusten eine genetische Komponente?

Olijslagers: Aufzucht- und Mastverluste sind häufig Management-bedingt. Es gibt jedoch auch eine Fitness-Komponente. Deshalb...