Niedriglöhne in der deutschen Schlachtbranche

Untersuchungen des Thünen-Instituts im Auftrag des Bundeslandwirtschaftsministeriums haben bestätigt, dass deutsche Schlachtunternehmen im EU-Vergleich niedrige Löhne zahlen. Wie das Bundesforschungsinstitut mitteilte, entlohnten die Schlachter in Deutschland ihre fest angestellten Beschäftigten 2010 mit durchschnittlich 33.700 € brutto im Jahr. Das waren laut Statistischem Amt der Europäischen Gemeinschaften (Eurostat) 17 % weniger als in Frankreich, wo die Arbeitskraft im Mittel mit 40.800 € nach Hause ging. In den Niederlanden und Belgien lag der Mitarbeiterverdienst mit jährlich mehr als 40.000 € ebenfalls über dem deutschen Niveau. Ein noch deutlicheres Lohngefälle bestand gegenüber Dänemark, wo die Schlachthofmitarbeiter mit 58.300 € im Schnitt gut 70 % mehr verdienten als ihre deutschen Kollegen.Zudem lag laut Thünen-Institut der Anteil der Personalkosten an der Bruttowertschöpfung mit weniger als 60 % bei deutschen und niederländischen Unternehmen auf einem niedrigen Niveau; in Dänemark, Belgien und Frankreich bewegte sich diese Quote zwischen 73 % und 85 %. Damit würden die Schlachtunternehmen in der Bundesrepublik ihre Beschäftigten nur unterdurchschnittlich an der wirtschaftlichen Leistung beteiligen, heißt es in der Studie. Ein weiteres auffälliges Merkmal der deutschen Schlachtbranche sei, dass dort überdurchschnittlich viele Leih- und auch Lohnarbeiter eingesetzt würden. 
Verhältnisse noch viel schlimmer
Der grüne Bundestagsabgeordnete Friedrich Ostendorff kritisierte in einer Pressemitteilung, dass den Wissenschaftlern kein Datenmaterial vorgelegen habe, um das Lohnniveau von osteuropäischen Billigarbeitern zu berechnen. Damit sei die Aussagekraft der Studie begrenzt, da die tatsächlichen Verhältnisse in der Realität noch viel schlimmer seien, als es die ausgewiesenen Durchschnittseinkommen glauben machten. Ostendorff forderte die Schlachthofbetreiber auf, ihre Gewinne nicht auf Kosten der Arbeiter zu machen, sondern Leiharbeitern ebenso wie Festangestellten einen Mindestlohn von 8,50 € zu zahlen. 
 
Ansiedlung ausländischer Schlachter
Die Thünen-Wissenschaftler gingen in der Studie zudem der Frage nach, ob der Niedriglohnstandort Deutschland den Import ausländischer Schweine forciert und den Re-Export von Hälften oder Teilstücken verstärkt hat. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass insbesondere die Einfuhr niederländischer und belgischer Schweine zur Schlachtung in Deutschland während der vergangenen Jahre zugenommen, es jedoch keine außergewöhnlichen Zuwächse bei den Re-Exporten von Teilstücken in diese Länder gegeben habe. Die möglicherweise aus Kostengründen in Deutschland geschlachteten Schweine aus Belgien und den Niederlanden seien also nicht dorthin zurückgeschickt worden, sondern anders vermarktet worden. „Allerdings ist anzumerken, dass mehrere dänische Unternehmen Schlachtstandorte in Deutschland übernommen haben“, erläuterte Marktexperte Dr. Josef Efken vom Thünen-Institut für Marktanalyse. Die Vermutung liege nahe, dass die günstigen Arbeitskosten ein Grund für diese Entscheidung gewesen seien.  (AgE)