Tönnies entgeht Millionen-Bußgeld durch „Wurstlücke“

Durch konzerninterne Umstrukturierungen ist das Schlachtunternehmen Tönnies aus Rheda-Wiedenbrück einer millionenschweren Bußgeldzahlung entgangen. Das Bundeskartellamt hat nun offiziell das Sanktionsverfahren gegen die zu einer Tönnies-Beteiligungsgesellschaft gehörenden Gesellschaften Böklunder Plumrose und Könecke Fleischwarenfabrik einstellen müssen. Die nun gegenstandslosen Bußgeldbescheide belaufen sich auf eine Summe von über 128 Mio. €, wie das Kartellamt in einer Pressemeldung weiter mitteilte.
Die deutschen Kartellwächter hatten vor mehr als zwei Jahren Bußgelder in Höhe von insgesamt rund 338 Mio. € gegen mehrere Wursthersteller und verantwortlich handelnde Personen verhängt. Einige Verfahren sind durch rechtskräftige Bußgeldbescheide in Höhe von insgesamt ca. 71 Mio. € abgeschlossen worden. Gegen die darüber hinaus verhängten Bußgelder wurden damals Einsprüche eingelegt.
Im vorliegenden Fall wurden nach Einlegung des Rechtsmittels wesentliche Vermögensgegenstände der Böklunder Plumrose und der Könecke Fleischwarenfabrik auf andere Gesellschaften der Beteiligungsgesellschaft Zur Mühlen-Gruppe übertragen. Die beiden Gesellschaften sind daraufhin erloschen. Tönnies bediente sich damit einer als „Wurstlücke“ bekannt gewordenen Regelungslücke im Kartellrecht. Das Bundeskabinett will solche Sanktions-Umgehungen zukünftig verhindern und hat eine Novellierung des Kartellrechts angekündigt. Nach der Gesetzesanpassung erstreckt sich die Verantwortlichkeit für Kartellrechtsverstöße von Unternehmen auch auf deren rechtliche und wirtschaftliche Nachfolger der ursprünglich verantwortlichen Gesellschaft sowie auf die lenkende Konzernmutter.