Scharfe Kritik an Umsetzung des Tierschutzgesetzes

Die ungleiche Verteilung von Informationen über den Tierschutz im Agrarsektor und Probleme bei der systematischen Aufbereitung entsprechender Daten verwässern die Schutzfunktion des Tierschutzgesetzes und gehen zu Lasten der Nutztiere. So lautet das Fazit einer Studie von Richard Völker und Prof. Norbert Hirschauer von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU). In der Studie haben sie Einzelinterviews mit den Tierschutzbeauftragten von acht Bundesländern ausgewertet, die eine solche Position geschaffen haben. Da es laut den Autoren nicht möglich war, an „harte Daten“ zu Tierschutzverstößen zu gelangen, wurden die Tierschutzbeauftragten im Rahmen der Studie dazu befragt, ob bzw. zwischen welchen Akteuren aus ihrer Sicht eine problematische Ungleichverteilung von Informationen vorliegt und warum das so ist. Außerdem wurden sie gebeten, das Ausmaß der Tierschutzverstöße einzuschätzen und die wichtigsten Gründe für damit verbundene Probleme zu benennen. Nach Einschätzung der Tierschutzbeauftragten ist eine ausreichende Überwachung zentral. Ansonsten verfehle das Tierschutzgesetz nicht nur seine Wirkung, sondern es komme auch zu Wettbewerbsnachteilen für die Tierhalter, die sich an die Regeln hielten. Die Länderbeauftragten bemängeln in diesem Zusammenhang einen föderalen Flickenteppich bei der Datensammlung, eine fehlende systematische Auswertung von Verstößen sowie eine unzureichende Kommunikation zwischen den Ländern, aber auch zwischen den zuständigen Ämtern und Behörden. Teilweise wird hier auch politisches Desinteresse vermutet. Behindert wird eine adäquate Überwachung des Tierschutzes aus Sicht der Beauftragten der Länder auch durch eine dünne Personaldecke und dementsprechend geringe Kontrolldichten.

Nach Wahrnehmung der Tierschutzbeauftragen spielt außerdem die Befangenheit mancher Amtsveterinäre eine Rolle, da Kontrollen oder der Vollzug des Tierschutzgesetzes mitunter von einer besonderen Nähe zwischen den Landwirten und den Veterinären behindert werden könnten. Sie weisen darauf hin, dass die Gefahr der Befangenheit von Aufsichtsstellen und der Einflussnahme besonders hoch sei, wenn die Tierhalter gesellschaftlich und politisch gut vernetzt seien.

Verständnis zeigen die Tierschutzbeauftragten für Stalleinbrüche von Aktivisten, durch die Verstöße gegen das Tierschutzgesetz aufgedeckt wurden, die trotz des gesetzlichen Auftrags von den zuständigen Behörden nicht abgestellt wurden. Die Stalleinbrüche waren nach einhelliger Meinung der Länderbeauftragten wichtig, um die Politik zum Handeln zu bewegen. Abwehrreaktionen von Branchenvertretern und der Hinweis auf „einzelne schwarze Schafe“ sind nach Auffassung der Tierschutzbeauftragten kontraproduktiv und nicht geeignet, Bedenken wegen anhaltender substanzieller Verstöße gegen tierschutzrechtliche Vorschriften auszuräumen. AgE