Die Schweinepest ist nur noch 300 km von Deutschland entfernt. Was läuft in Polen schief? Was ist Tschechiens Erfolgskonzept?
Fred Schnippe, SUS
Die Zahlen zur Afrikanischen Schweinepest in Polen verheißen nichts Gutes. Allein bis Mitte März 2018 meldete Warschau 736 ASP-infizierte Wildschweine. Das ist so viel wie im gesamten Vorjahr, wie Übersicht 1 zeigt. Statt der erhofften Beruhigung weitet sich die Seuche sogar mit mehr Tempo aus.
Gefahr durch Transitverkehr
Neben dem seit 2014 betroffenen Grenzgebiet zur Ukraine und zu Weißrussland kamen Ende 2017 um Warschau und östlich von Danzig weitere Seuchenherde hinzu. Wegen neuer Ausbrüche bei Wildschweinen musste das ASP-Gebiet um Warschau stark ausgedehnt werden. Die Restriktionszone um die Hauptstadt ist mit dem Ur-sprungsherd an der Ostgrenze Polens verschmolzen (siehe Übersicht 2).
Für Deutschland ist die Ausdehnung der ASP gefährlich. So liegt der Seuchenherd bei Danzig nur rund 300 km von Mecklenburg-Vorpommern entfernt. Vor allem der rege Transitverkehr gilt als Risiko. Der Erreger kann mit weggeworfenen Lebensmitteln über mehrere 100 km verschleppt werden.
Dabei ist die enorme Widerstandskraft des ASP-Virus zu beachten. So kann der Erreger im Blut toter Tiere bis zu vier Monate überleben (siehe Übersicht 3). Selbst in gesalzenem Schinken überlebt das Virus mehr als drei Monate. Jedes ASP-infizierte Wildschwein kann also noch Monate nach seinem Tod zur Neuansteckung führen.
Dass dies die Hausschweine gefährdet, bekam Polen noch Ende Februar zu spüren. Hier mussten die Behörden im Grenzgebiet zu Weißrussland vier Schweinebetriebe keulen. Für Aufsehen sorgte der ASP-Ausbruch in einem größerem Betrieb mit 640 Schweinen, der eigentlich als gut abgeschottet galt.
Polen: Bekämpfung stockt
Fakt ist: Die ASP hat in den letzten vier Jahren enorme Schäden in Polens Schweinehaltung hinterlassen. Und mit jedem neuen Pest-Fall wächst die Gefahr, dass es auch die großen Schweinebetriebe im Westen Polens trifft.
Dennoch kann Warschau bei der ASP-Bekämpfung kaum Erfolge vorweisen. Denn hier hat das Land gleich mehrere großere Probleme:
- Aus den ASP-Gebieten in Litauen, Weißrussland und der Ukraine wandern stets neue, infizierte Wildschweine ein. Der Bau eines Schutzzaunes wurde wegen Geldmangel, Kompetenzgerangel etc. mehrmals vertagt.
- In den ASP-Gebieten in Ostpolen ist die Wildschweindichte besonders hoch. Die Chance, dass sich die Seuche von selbst totläuft, ist gleich null.
- Jäger haben wegen fehlender finanzieller Anreize und Bürokratie kaum Interesse an der Dezimierung.
- Insbesondere in Ostpolen gibt es eine große Zahl von Hinterhofhaltungen. Neben Hygienemängeln besteht hier die Gefahr, dass Wild- und Hausschweine direkten Kontakt haben.
Das größte Problem sehen Experten darin, dass Warschau bis heute keinen wirksamen, landesweiten ASP-Bekämpfungsplan hat. Auch die seit März laufenden Kontrollen zur Biosicherheit in Schweinebetrieben sowie der Militärhilfe bei der Suche nach ASP-Kadavern kommen viel zu spät.
Vorbild Tschechien
Deutlich effektiver läuft die ASP-Bekämpfung in Tschechien. So wurde das Seuchen-Gebiet um die Stadt Zlin im Osten des Landes nach Erstausbruch im Juni 2017 sofort abgeriegelt. Zwar haben die Behörden in der Sperrzone bis Mitte März 220 infizierte Wildschweine registriert. Ein Übergriff auf Hausschweine wurde aber verhindert.
Um dies zu gewährleisten, hat Prag ein Bündel von Maßnahmen verhängt:
- Im Sperrbezirk wurde die Hinterhofhaltung von Schweinen verboten.
- Um das 40 km2 große Kerngebiet wurden an Stellen mit starkem Wildwechsel hohe Elektrozäune aufgebaut.
- Zudem sollen Vergrämungsmittel die Wildschweine zurückhalten.
- Für Wald- und Grüngebiete in der Sperrzone gilt Betretungsverbot.
- Im Sperrbezirk ist die Ausmerzung aller Wildschweine angepeilt. Hierfür wurden neben geschulten Jägern auch Scharfschützen der Polzei ausgewählt.
- Es wurden Lebendfallen für Wildschweine installiert.
- Prag zahlt 194 € für das Auffinden und bis zu 310 € für das Erlegen eines Wildschweines.
- Jagdverbände erhalten bis zu 125 € je Tier für die Bestandsdezimierung.
- Jäger wurden ausgewählt, in Hygiene geschult und mit Material zur Kadaverentsorgung ausgestattet.
Der Erfolg ist riesig: Seit letzten Sommer wurden in und um der Sperrzone mehr als 15000 Wildschweine erlegt und 400 verendete Tiere aufgespürt.
Dank dieser Maßnahmen konnte Tschechien die Ausweitung der ASP verhindern. Nur im Januar musste die Sperrzone südlich etwas vergrößert werden, da eine Rotte infizierter Tiere außerhalb der Kernzone erlegt wurde. Tschechien gilt so als „Goldstandard“ für die ASP-Bekämpfung in der EU.
Fazit
Durch die Ausweitung der ASP in Polen und den Ausbruch in Tschechien im letzten Sommer hat sich die Gefahr für Deutschland stark erhöht. Die ASP-Herde sind nur noch 300 km entfernt.
In Polen fehlt bis heute ein strategischer Bekämpfungsplan. Die große Zahl der Neuausbrüche der letzten Wochen zeigt die Hilflosigkeit.
Tschechien geht vorbildlich gegen die Seuche vor. Die strikte Abschottung des ASP-Gebietes und die konsequente Bejagung der Wildschweine hat bisher den Übergriff auf Hausschweine verhindert.