Während die Dänen mit dem Ferkelexport Rekorde brechen, schwächelt die Mast. Mit Finanzspritzen für die Mäster soll nun die Trendwende kommen.
Markus Fiebelkorn, Danske Svineproducenter
Wer in Dänemark Schweine hält, gehört einem fast schon elitären Kreis an. Nur knapp 3300 Schweinebetriebe zählte das skandinavische Land in seinen jüngsten Erhebungen. Verglichen mit den Zahlen aus dem Jahr 2011 ist die Branche in sechs Jahren um fast ein Drittel geschrumpft.
Noch stärker als hierzulande förderte diese Entwicklung das Größenwachstum der verbliebenen Betriebe, sodass der Rückgang der Betriebe nicht mit einer Reduzierung des Schweinebestandes einherging. Erst auf dem Zenit der Preiskrise im Sommer 2016 fiel der Bestand mit 12,3 Mio. Tieren um 2,6 % geringer aus als im Vorjahr.
Ferkelerzeugung ist spitze
Durch die Konzentration auf wenige Betriebe verfügt das deutsche Nachbarland insbesondere in der Ferkelerzeugung über Strukturen, die den globalen Wettbewerb nicht scheuen müssen. So hält der Durchschnittsbetrieb rund 500 Sauen und mit über 33 abgesetzten Ferkeln pro Sau und Jahr thront man an der europäischen Spitze.
Dieser Leistungsfähigkeit ist es auch zuzuschreiben, dass Dänemark trotz eines konstanten Bestandes von gut 1,2 Mio. Sauen den Lebend-Export massiv ausbauen konnte. Mit 13,5 Mio. Schweinen wurden 2016 noch einmal fast 10 % mehr Tiere ausgeführt als im Jahr davor.
Die bestimmende Größe im Export sind eindeutig die Ferkel, von denen im letzten Jahr ca. 12,7 Mio. Stück ihren Weg in ausländische Ställe fanden (siehe Übersicht 1). Vor einigen Jahren trat Deutschland hier fast als Alleinabnehmer auf. Mittlerweile gehen noch gut die Hälfte der Exportferkel an deutsche Mäster.
Große Nachfrage
Aufgrund der Nähe und des immensen Ferkeldefizites stehen Niedersachsen und NRW besonders im Fokus. Zudem sind dort einige Betriebe mit mehreren tausend Mastplätzen ansässig, die bereit sind, für große und homogene Ferkelpartien entsprechende Aufschläge zu zahlen (siehe Übersicht 2).
Als zweiter großer Absatzmarkt hat sich Polen etabliert, wo der niederländischen Konkurrenz in den letzten Jahren sehr erfolgreich gewaltige Marktanteile abgenommen wurden. Mit einer Einfuhrmenge von fast 5 Mio. Tieren haben dort mittlerweile fast 80 % der Import-Ferkel dänische Wurzeln.
In beiden Ländern erwartet die nordische Exportnation auch in Zukunft einträgliche Geschäfte. So leidet Polen als viertgrößter Schweinefleischproduzent in der EU unter massiven Strukturdefiziten in der Sauenhaltung. Hier dominiert noch immer die Hinterhofhaltung, die aktuell auch die Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest erheblich erschwert.
Ebenso aufmerksam verfolgt werden die Entwicklungen auf deutscher Seite, wo gesetzliche Verschärfungen in Bezug auf die Kastenstandhaltung und Kastration die Ferkelerzeugerstufe ausdünnen. Dass die Gesetze vermutlich auf dänische Betriebe ausgeweitet werden, die Ferkel nach Deutschland liefern, sieht man angesichts des Absatzpotenzials und der eigenen Wettbewerbsfähigkeit als große, aber lohnenswerte Herausforderung an.
Investitionsstau in der Mast
Doch die Ausnahmestellung auf den Ferkelmärkten Europas hat auch seine Schattenseite. Denn die eigene Veredlung läuft der Musik mittlerweile gewaltig hinterher. Zunächst über Jahre mit einem schleichenden Verlauf, wies allein die letzte April-Zählung mit einem Bestand von 2,76 Mio. Mastschweinen ein Vorjahres-Defizit von über 8 % aus. Hinzu kommt, dass viele Mastställe sanierungsbedürftig sind.
Das schlägt sich natürlich auf die Schlachtzahlen nieder. 2011 wurde noch mit einem Schlachtaufkommen von 21 Mio. Schweinen abgeschlossen (siehe Übersicht 3). Fünf Jahre später sind es rund drei Millionen Tiere weniger gewesen. Angesichts eines Selbstversorgungsgrades von fast 500 % ist damit nicht die Ernährung des eigenen Volkes mit Schweinefleisch gefährdet, wohl aber der Erfolg der volkswirtschaftlich bedeutenden Fleischindustrie.
Unangefochtener Hauptakteur in diesem Segment ist die von Schweinehaltern gegründete Schlachtgenossenschaft Danish Crown (DC), auf die 2016 allein 76 % der insgesamt 18 Mio. Schlachtungen entfielen. Schärfster Konkurrent ist das Unternehmen Tican, das seit zwei Jahren zur Tönnies-Gruppe gehört. Mit einem Schlachtanteil von 20 % zwar weit hinter DC, weiß sich das wachstumswillige Unternehmen durch gute Zugriffe auf den asiatischen Markt zu behaupten. Mit dem Aufkauf durch den deutschen Branchenprimus wurden zudem nötige Investitionen zügig umgesetzt und die aus Deutschland bekannte Viehhandelssparte Tönnies Livestock etabliert.
Schlachter mussten handeln
Angesichts der Rohstoffknappheit und dem Wettbewerb mit Tican sah sich DC im letzten Jahr zum Handeln gezwungen. Als ein Teil der unternehmenseigenen „4WD“-Strategie wurde ein europäischer Vergleichspreis eingeführt. Dieser ist mit einer Gewichtung von 44 % an die deutsche VEZG-Notierung angelehnt. Weiteren Einfluss haben mit 28 % die spanische, mit 17 % die französische und mit 11 % die niederländische Notierung.
In Kombination mit der Zielsetzung, bis 2021 den Auszahlungspreis ca. 10 Cent/kg über dem Benchmark-Preis zu festigen, wollte DC die Schweinehalter motivieren, wieder verstärkt in die Mast zu investieren. Dieser Plan ging allerdings bisher nicht auf. DC und Tican bekamen zwischen Januar und April dieses Jahres 10,6 bzw. 6 % weniger Schlachttiere angeliefert als im Vorjahreszeitraum.
Auch die Tönnies-Tochter blieb deshalb nicht untätig und warb schon im Frühjahr mit Prämienzahlungen. Damit war der Kampf um die Lieferanten endgültig entbrannt. Nach einer wochenlangen Bieterschlacht erhalten aktuell Neukunden und Bestandskunden bei beiden Schlachthöfen einen Zuschlag von 6,7 Cent pro kg SG, wenn sie zusätzliche Schweine anliefern. Außerdem werden Stallbauförderungen und Beratungspakete für wachstumswillige Betriebe angeboten.
Investment im Ausland
Ob die Lockangebote fruchten, bleibt ungewiss. Denn neben den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen wirkt der gesellschaftliche Umgang mit der intensiven Schweinehaltung kontraproduktiv. Anders als hier, wo Tierwohl und Nährstoffüberschüsse im Vordergrund stehen, wird in Dänemark heftig über die Gefahr durch die nutztierassoziierte MRSA (Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus) diskutiert. Dass nach neusten Zahlen der Kopenhagener Lebensmittelbehörde 88 % der Mastbestände MRSA-positiv sind, hat den Ton weiter verschärft.
Angesichts dessen hat der schon seit Jahren zu beobachtende Trend, als Schweinehalter in ausländische Wachstumsmärkte zu investieren, weiter zugenommen. Heraus sticht dabei das 1994 von rund 100 dänischen Landwirten gegründete Unternehmen Axzon. Mit Produktionsstandorten in Polen, Russland, China sowie in der Ukraine produzieren über 41000 Sauen pro Jahr ca. 1,3 Mio. Mastschweine.
Optimistische Stimmung
Dennoch blicken die Betriebe einer aktuellen Umfrage der Branchenvereinigung Danske Svineproducenter zufolge positiver in die Zukunft als noch vor zwei Jahren. So gehen wieder mehr Betriebsleiter davon aus, die Bestandsgröße zu halten bzw. durch Neubau oder Zupachtung zu erweitern.
Auch was die Leistung betrifft sehen vor allem die Sauenhalter noch Luft nach oben. Für 2020 wird davon ausgegangen, dass über 36 Ferkel pro Sau und Jahr abgesetzt werden. Bei der Frage nach den größten Herausforderungen in den kommenden zwei Jahren führen die Befragten neben der Wirtschaftlichkeit die Suche nach qualifizierten Mitarbeitern an.
Relativ weit vorne landete zudem der Punkt Schuldentilgung und Finanzierung. Anders als in Deutschland werden die Höfe nicht vererbt, sondern müssen vom Nachfolger gekauft werden. Dadurch findet zwar eine gewisse Marktbereinigung statt. Gleichzeitig wird aber durch Fremdkapitalquoten jenseits der 90 % die Liquidität selbst eines gut geführten Betriebes von Anfang an eng auf Naht genäht.
Fazit
Durch den Strukturwandel hat sich in der dänischen Ferkelerzeugung eine breite Schicht aus großen und leistungsfähigen Betrieben gebildet. Auf den großen Ferkelmärkten im europäischen Ausland nehmen sie eine starke Marktposition ein. Wohin die Dänen-Ferkel aber letztendlich gehen werden, wird vom Preis abhängen.
Die Fokussierung auf den Ferkelexport hat allerdings zu einem Investitionsstau in der Mast geführt, der für weniger Schlachttiere sorgt. Im Wettstreit um den Rohstoff werben die Schlachter mit hohen Preisaufschlägen für Neulieferanten und wachstumswillige Bestandskunden.
Das könnte den ohnehin wieder positiver gestimmten Schweinehaltern weiter Auftrieb geben. Denn die sehen zwar in der Mitarbeiterbeschaffung und Finanzierung große Herausforderungen, wollen aber generell ihr Bestandsniveau mindestens halten.