Deutschlands Mäster sind immer stärker auf Importferkel angewiesen. Wo ist der Mangel am größten? Wie geht es weiter?
Fred Schnippe, SUS
Der Strukturwandel in der Sauenhaltung hinterlässt inzwischen unübersehbare Spuren. So musste Deutschland im letzten Jahr fast 12 Mio. Ferkel einführen, um die heimischen Mastkapazitäten versorgen zu können. Dies zeigen Auswertungen der dänischen Branchenorganisation Danske Svineproducenter.
Zieht man die 2,5 Mio. exportierten Ferkel ab, beläuft sich das deutsche Defizit inzwischen auf mehr als 9 Mio. Ferkel im Jahr. Allein seit dem Jahr 2010 hat sich die Unterversorgung um mehr als 1 Mio. Ferkel vergrößert.
Neben dem Rückgang der Sauenzahlen hat auch der Ausbau der Mast zum Anstieg des Ferkeldefizits beigetragen. So hat sich der deutsche Mastschweinebestand auf einem hohen Niveau von knapp 12 Mio. Tieren stabilisiert. Gleichzeitig haben viele Mäster die Wachstumsleistungen weiter verbessert. Mehr Umtriebe heißt, dass mehr Ferkel benötigt werden.
Weniger Sauen im Norden und Süden
Besonders gravierend zeigt sich die Unterversorgung mit Ferkeln in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. In Summe fehlen in den beiden Ländern heute fast 12 Mio. Ferkel im Jahr für die Versorgung der regionalen Mast. Auch die Dynamik des Ferkelmangels ist im Nordwesten besonders groß. Seit dem Jahr 2010 hat sich das Ferkeldefizit um fast 30 % erhöht.
Auslöser ist vor allem der Abbau der Sauenbestände. In Niedersachsen stehen heute gut 100000 Sauen weniger als noch 2010. Dieser Rückgang um 17% ließ sich durch die Verbesserung der Wurfgröße nicht abfangen. Auch in NRW ging der Bestand seit 2010 um rund 50000 Sauen bzw. 12 % zurück.
Auffallend ist zudem die Situation in Süddeutschland. So galten Bayern und Baden-Württemberg lange Zeit als klassische Ferkel-Überschussregion. In der Spitze konnten die beiden Bundesländer jährlich rund 3 Mio. Ferkel auch außerhalb des Bundesgebietes exportieren. Doch seit etwa fünf Jahren hat sich die Situation ins Gegenteil gekehrt. So mussten Bayern und Baden-Württemberg 2016 zusammen rund eine halbe Mio. Ferkel einführen, um die regionalen Mastställe beschicken zu können.
Ähnlich wie im Nordwesten ist im Süden ein drastischer Rückgang der Sauenzahlen zu beobachten. So stehen heute in Baden-Württemberg 32 % weniger Sauen als im Jahr 2010. In Bayern war der Abbau der Sauen mit 25 % im selben Zeitraum ähnlich hoch.
Relativ stabil ist dagegen die Situation in Schleswig-Holstein. Allerdings werden auch hier seit Jahren rund 1 Mio. Ferkel mehr gemästet als das Land selbst erzeugen kann. Insbesondere Ferkel aus dem benachbarten Dänemark füllen hier einen erheblichen Teil der Mastkapazitäten.
Osten mit Ferkelüberschuss
Einzige Region mit nennenswertem Ferkelüberschuss sind die neuen Bundesländer. Ausschlaggebend ist der deutliche Rückgang der Mastbestände, der in nahezu allen östlichen Bundesländern zu beobachten ist. Hingegen blieben die Sauenbestände vielerorts stabil, und die Fruchtbarkeit wurde weiter optimiert. So konnten die neuen Bundesländer ihren Überschuss seit 2010 von 2 auf 4,5 Mio. Ferkel steigern.
Allerdings stagniert die Ferkelerzeugung im Osten seit zwei Jahren. Verschärfungen im Baurecht und die teils drastische Umsetzung des Kastenstand- Urteils brachten positive Trends im Sauenbereich zum Erliegen.
Defizit wächst weiter
So ist bundesweit mit einem weiteren Anstieg des Ferkeldefizites zu rechnen. Zwar können Tierwohlprogramme und Verschärfungen im Düngerecht zu rückläufigen Mastbeständen führen. Doch den deutschen Ferkelerzeugern stehen mit dem Verbot der betäubungslosen Kastration und Neuregelungen beim Kastenstand wesentlich größere Baustellen ins Haus. Hier setzt sich der starke Strukturwandel wohl fort. Der Selbstversorgungsgrad für Ferkel könnte auf 80 % und darunter absacken.