Große LEH-Ketten fordern zunehmend den Verzicht auf importiertes GVO-Soja. Wie gut sind die Alternativen?
Dr. Manfred Weber, LLG Sachsen-Anhalt, Iden
Die Forderung nach einer GVO-freien Fütterung rückt auch in der Schweinehaltung in den Fokus. Einige LEH-Ketten wie Lidl und Netto nutzen das Label „GVO-frei“ bereits als Verkaufsargument.
Hintergrund ist der Wunsch, importiertes GVO-Soja aus den Futtermischungen zu verbannen. Eine generelle Angst vor gentechnisch veränderten Lebensmitteln spielt dabei eine große Rolle. Auch wenn wissenschaftlich bisher kein Beweis für die Schädlichkeit erbracht werden konnte.
Verbraucher verunsichert
In der Kritik stehen auch die Anbaubedingungen von Soja. So sollen die meisten gentechnischen Veränderungen den Pflanzenschutz vereinfachen und einen starken Einsatz von Glyphosat ermöglichen. Zudem wird der Sojaanbau mit der Rodung von Regenwäldern in Verbindung gebracht.
Die damit geschürten Ängste beim Verbraucher sind stark. So werden Gegenargumente wie die Nutzung von zertifiziertem Soja kaum gehört. Dabei bringt die Zertifizierung nachweislich Vorteile. Bei diesen Herkünften wird der Anbau kontrolliert und die Fläche darf nicht aus Rodungen stammen.
In Deutschland werden jährlich etwa 4 Mio. t Sojaschrot verfüttert. Dies ist im Weltmaßstab wenig. So importiert China allein etwa 90 Mio. t Sojabohnen im Jahr. Die deutschen Ölmühlen und Sojaschrotimporteure beziehen weitgehend zertifizierte Sojabohnen bzw. Sojaschrot. Dennoch propagieren die LEH-Ketten stärker den völligen Verzicht auf importierte Sojafuttermittel.
Sicherlich gibt es Alternativen zum Import-Soja. Doch diese verteuern die Produktion. Das eigentliche Problem ist aber, dass die Alternativen zum Soja nicht im geforderten Ausmaß zur Verfügung stehen.
In Deutschland dienen als Soja-Ersatz hauptsächlich Rapsextraktionsschrote (RES) und Rapskuchen sowie Körnerleguminosen. In geringem Umfang werden Getreideschlempen, Molken und andere Koppelprodukte angeboten.
GVO-freie Mast machbar
Rapsprodukte und Leguminosen sind als verlässliche Futtermittel in der Schweinehaltung etabliert. Allerdings sind teils Nachteile bei der Schmackhaftigkeit bzw. antinutritive Inhaltsstoffe zu beachten. Insbesondere in der Ferkel- und Sauenfütterung sollten daher die in diversen Untersuchungen ermittelten Höchstanteile in den Rationen nicht überschritten werden (siehe Übersicht 1).
Versuche aus den letzten zwei Jahren zeigen deutlich, dass in der Mast ein kompletter Ersatz von Sojaschrot möglich ist. So konnte Soja in einem Versuch in Niedersachsen erfolgreich durch Rapsschrot, Sonnenblumenschrot und Getreideschlempe im RAM-Futtermittel ausgetauscht werden. Natürlich ist bei solchen Rationen die Ergänzung freier Aminosäuren nötig. Dies ist aber ohne Probleme machbar. Der Verzicht auf Sojaschrot brachte keine Nachteile bei der Mast- und Schlachtleistung. Jedoch ergaben sich leicht höhere Futtermittelkosten.
Auch in Untersuchungen in der Leistungsprüfstation Iden in Sachsen-Anhalt ließen sich in der Mast gleichwertige Ergebnisse mit Körnerleguminosen erzielen. Hier kamen insbesondere Erbsen und Bohnen sowie Rapsschrot und Rapskuchen zum Einsatz. Gerade hohe Erbsenanteile führten zu einem signifikant geringeren Futteraufwand.
Auch in der Ferkelaufzucht können große Teile des importierten Sojaschrotes eingespart werden, wie Versuche in Iden zeigen. Hier wurde ein Gemisch aus behandeltem Sonnenblumenschrot und Rapskuchen sowie heimische getoastete Sojabohnen verwendet. Diese Ration erzielte deutlich höhere Rohfaserwerte. Dies bringt Vorteile für die Gesundheit und das Tierwohl.
Zu wenig GVO-freie Ware
Das heißt: Das Problem der Sojaalternativen ist nicht die Einsetzbarkeit, sondern die Verfügbarkeit. So erntet Deutschland auf rund 170000 ha lediglich 0,5 Mio. t. Leguminosen im Jahr.
Hinzu kommt, dass Körnerleguminosen geringere Gehalte an Eiweiß und insbesondere an essentiellen Aminosäuren aufweisen als Soja. Leguminosen können daher nur geringe Mengen an Sojaschrot ersetzen. Die Menge ist auf 4 bzw. 2% des durch Sojaschrot in die Fütterung kommenden Lysins und Methionins begrenzt.
Weiteres Ungemach droht aus Brüssel. So hat die EU den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln auf ökologischen Vorrangflächen im Rahmen des Greenings verboten. Dies wird wahrscheinlich zu einem größeren Anbaurückgang führen.
Probleme mit der Verfügbarkeit gibt es ebenfalls bei Rapsschrot. So stehen davon nur 4 Mio t. im Jahr bereit. Diese Menge ergibt sich aus der Verarbeitungskapazität der Ölmühlen, die bei 9,6 Mio. t Rapssaat liegt. Hinzu kommt, dass die BRD mit 1,8 Mio. t relativ viel Rapsschrot exportiert, während die Einfuhr nur bei 0,5 Mio. t liegt.
Dem begrenzten Angebot steht ein erhebliches Absatzpotenzial für Rapsschrot gegenüber. Summiert man den möglichen Verbrauch der deutschen Nutztiere, ergibt sich ein Absatz von bis zu 7,5 Mio. t Rapsschrot im Jahr (siehe Übersicht 2). Der rechnerische Höchstabsatz ist also fast doppelt so hoch wie das Angebot. Auch Rapsschrot steht damit in zu geringen Mengen zur Verfügung, um einen Großteil des Sojaschrotes zu ersetzen.
Viel Phosphor im Raps
Die Verfügbarkeit von Rapsschrot könnte sich weiter verschlechtern. Zwar strebt die EU den Ausbau der Kraftstoffgewinnung aus erneuerbaren Energien an. Das heißt, es würde mehr Rapssaat zur Gewinnung von Biodiesel benötigt. Jedoch sollen in die Gesamtbetrachtung die Landnutzungsänderungen einfließen. Damit bekäme Biodiesel bilanziell einen höheren Treibhausgas-Wert zugeordnet als fossile Brennstoffe. Die Folge wäre möglicherweise eine deutliche Verringerung des Rapsanbaues.
Für Schweinehalter mit knappen Gülleflächen kommt ein weiteres Problem hinzu. So enthält Rapsschrot mit 1,05% viel Phosphor, während dies bei Sojaschrot nur 0,64% P sind. Dieser Nachteil verstärkt sich, weil die Alternative rund 30 % weniger Eiweiß enthält als Sojaschrot und im Futter höher eingesetzt werden muss. Dies kann nach neuem Düngerecht Probleme bereiten. Hier ist mit Phytase und P-armem Mineralfutter gegenzusteuern.
Donau-Soja deutlich teurer
Alternativ kommt daher Nicht-GVO- Soja ins Gespräch. Doch auch hier ist die Verfügbarkeit begrenzt. Aktuell stehen weltweit nur 7 Mio. t gentechnikfreies Sojaschrot bereit. Hinzu kommt der höhere Preis von Nicht-GVO-Soja von 5 bis 10 €/dt. Der Landwirt muss dann höhere Erlöse für seine Tiere erzielen. Das ist selten möglich.
Um die Versorgung mit gentechnikfreiem Soja zu verbessern, entwickelt sich im Donauraum eine Initiative zum regionalen Anbau. Denkbar ist bis 2020 die Anbaufläche in Europa, inklusive der Ukraine, auf 1,2 Mio. ha auszudehnen.
Heute werden in Europa, inklusive Serbien und Ukraine, etwa 6,8 Mio. t Sojabohnen geerntet. Doch im größten Erzeugerland Ukraine wird zum Teil schon GVO-Soja angebaut. Eine Kontaminierung gentechnikfreier Ware lässt sich nicht ausschließen. Nachteilig ist zudem der Preisaufschlag für Donau-Soja von 15 € und mehr pro dt. Heimisches GVO-freies Soja ist also noch teurer als entsprechende Importware.
Wir halten fest
- Die großen Lebensmittelketten wollen GVO-Soja zunehmend aus dem Futter verbannen.
- Aus Sicht der Fütterung ist ein Ersatz durch Raps, Leguminosen etc. ohne Leistungseinbußen möglich. Jedoch sind alternative Eiweißträger nur beschränkt verfügbar.
- Das begrenzt verfügbare genfreie Sojaschrot ist deutlich teurer als herkömmliche Ware.
- Ein kompletter Sojaersatz ist momentan nicht umsetzbar.
- In Labeln ist GVO-freies Futter möglich, wenn der Fleischpreis steigt.