Sauen sollen künftig weniger Zeit im Kastenstand verbringen. Die ISN zeigt anhand von zwei Betrieben, was der Umbau kosten würde.
Matthias Quaing und Dr. Karl-Heinz Tölle, ISN
Die Haltung der Sauen im Deckzentrum und in der Abferkelung soll in Kürze durch eine Novellierung der Tierschutznutztierhaltungsverordnung neu geregelt werden. Ziel ist es, den Tieren im Kastenstand bzw. in der Abferkelbucht mehr Platz anzubieten und die Fixierungsdauer generell zu reduzieren.
Die diskutierten Übergangsfristen liegen für das Deckzentrum zwischen 10 und 17 Jahren. Für den Abferkelbereich ist eine längere Frist anzusetzen, da hier die anvisierten Änderungen noch weit einschneidender sind. Denn der Schritt von der klassischen Bucht mit Ferkelschutzkorb hin zur Bewegungsbucht mit mind. 6 m2 stellt nicht weniger als einen völligen Systemwechsel dar.
Was das für die Ferkelerzeuger sowohl planerisch als auch finanziell bedeuten kann, hat die ISN an zwei Beispielbetrieben unterschiedlicher Größenordnung durchkalkuliert.
Festflächenanteil ein Problem
Vor knapp zehn Jahren hat der Betrieb A auf der grünen Wiese einen neuen Stall für rund 800 Sauen gebaut. Der millionenschweren Investition waren viele konzeptionelle Überlegungen vorausgegangen, um auf lange Sicht das Familieneinkommen abzusichern. Letztlich fiel die Entscheidung zugunsten des dänischen Systems. Alle Produktionsbereiche sind nur teilunterkellert und bieten durch einen großen Anteil geschlossener Festfläche komfortable Liegebereiche für die Tiere.
Während dieses Konzept im Wartestall auch zukünftig gesetzeskonform sein wird, könnte es im Abferkelstall massive Probleme geben. Dort sind die 4,4 m² großen Buchten zu über 50 % mit geschlossenen und teils beheizten Betonflächen ausgestattet.
Das bedeutet, dass bei einer Umrüstung auf ca. 6 m2 große Freilaufabferkelbuchten nicht nur eine neue Stalleinrichtung notwendig wäre. Der Betrieb müsste vorher die Abferkelabteile mit ursprünglich 228 Abferkelplätzen entkernen und von grundauf neu aufbauen! Diese enormen Abriss- und Aufbauarbeiten lassen die Umbaukosten auf rund 5000 € je Abferkelplatz hochschnellen. Damit ist das Preisniveau eines Neubaus nicht mehr allzu weit entfernt!
In Summe würde dies dem Betrieb geschätzte 840000 € kosten. Knackpunkt: 60 Abferkelplätze müssten dem gesteigerten Platzbedarf pro Bucht weichen. Im dreiwöchigen Produktionsrhythmus wäre damit eine Bestandsabstockung auf knapp 600 Sauen unvermeidbar.
Gangbreite entscheidend
Nicht besser sieht es im Deckzentrum aus. Dort strebt der Gesetzgeber eine Verkürzung der Fixierungsdauer und größere Kastenstände an. Ersteres könnte der Betrieb dadurch realisieren, dass die Kastenstände gegen Fressliegebuchten ausgetauscht und die Sauen bereits im Deckzentrum in Gruppen gehalten werden. Die dafür notwendige Laufgangbreite von mindestens 2 m wird allerdings so knapp erreicht, dass diese Lösung insbesondere für die Gruppenhaltung rauschiger Sauen nur ein Kompromiss sein kann.
Ohnehin hinfällig wäre dieser Umbauplan, wenn nach neuem Recht Kastenstandlängen von über 2 m ab Trogkante vorgeschrieben werden. In diesem Fall würde auch ein Anheben des Troges nicht ausreichen und eine Entkernung mit anschließendem Neuaufbau wäre ohne Alternative.
Kastenstände auf 85 cm
So oder so würde der Betrieb auch in diesem Produktionsbereich deutlich an Stallplätzen verlieren. Denn zum einen muss er die Platzvorgaben für die Gruppenhaltung einhalten, zum anderen sollen für die Fressliege-Buchten, in denen die Sauen wenigstens einige Tage fixiert werden dürfen, neue Maßvorgaben gelten. Bislang waren Kastenstandbreiten im lichten Maß zwischen 65 bzw. 70 cm gängige Praxis. Das zukünftige Soll dürfte durch die stärkere Ausrichtung auf die Widerristhöhe der Sauen im Mittel bei 80 bis 85 cm liegen.
Das bedeutet für Betrieb A, dass im umgebauten Deckzentrum neben den Ebern und Jungsauen zukünftig nicht mehr 240, sondern nur noch 190 Sauen Platz haben werden. Aufgrund der deutlichen Platzreduzierung im Abferkelbereich spielt dies für den Gesamtbestand zwar keine Rolle. Der 60000 € teure Umbau würde aber die Gesamtkosten für die Umsetzung der neuen Haltungsvorgaben auf rund 900000 € bzw. 1500 € pro Sau hochtreiben (siehe Übersicht 1).
Platz schaffen durch Neubau
Will Betrieb A seinen aktuellen Sauenbestand halten, müssen die weggebrochenen Stallkapazitäten durch eine Umstrukturierung der Produktionsbereiche und einen Ergänzungsneubau abgefangen werden. Als ersten Schritt bietet es sich an, das Deckzentrum zum Wartestall umzuwidmen. Hier ist mit einer Investition von rund 60000 € die Gruppenhaltung möglich.
Der bisherige Abferkelbereich müsste im Gegenzug größtenteils zum Deckstall werden. Dabei wäre es ausreichend, wenn dort eine 130er-Sauengruppe Platz hat. Damit dort die frühe Gruppierung gelingt, würde man den Laufbereich zwischen den Buchtenreihen auf eine Breite von 3 m auslegen. Massive Abriss- und Aufbauarbeiten wären die Folge, weshalb für diese Plätze Investitionskosten von 2000 € je Platz bzw. insgesamt 260000 € kalkuliert sind.
Die verbliebene Fläche des ehemaligen Abferkelbereichs könnte durch den Einbau von 75 Bewegungsbuchten einen Teil seiner ursprünglichen Funktion beibehalten. Das Investitionsvolumen würde bei geschätzten 5000 € je Bucht liegen. Für die dann noch fehlenden 165 Abferkelbuchten wäre ein Neubau geplant. Hierfür sind 7000 € je Platz zu veranschlagen, sodass eine Investitionssumme von 1,155 Mio. € entsteht. Zusammengenommen steigen damit die Kosten für eine Beibehaltung der jetzigen Bestandsgröße auf ca. 1,85 Mio. € bzw. knapp über 2300 € pro Sau.
Genehmigung möglich?
Obwohl dieser Schritt in Summe doppelt so viel Geld kosten würde, wie die erste Kalkulationsvariante, würde er für den Betrieb wohl noch am sinnvollsten sein. Denn zusätzlich zu den Investitionskosten schlägt bei einer Bestandsabstockung der entgangene Deckungsbeitrag zu Buche. Im Fall von Betrieb A sind das bei 30 verkauften Ferkeln pro Sau und Jahr kumulierte 13,29 € pro Jungtier. Dem gegenüber stehen 8,51 € pro Ferkel, wenn nur die zehnjährige Abschreibung getätigt werden muss.
Ob dieser Weg allerdings eine Zukunft hat, hängt davon ab, ob die massiven Eingriffe in das Gebäude bzw. ein Ergänzungsneubau überhaupt genehmigungsfähig wären. Bei beiden Lösungen stellt sich zudem die Frage, welche weiteren Kosten durch eine Neugenehmigung der Ställe verursacht werden könnten. Beispielsweise inwiefern der Betrieb A angesichts der umfangreichen Baumaßnahmen einen bislang nicht notwendigen Abluftwäscher verordnet bekommt.
Komplexe Altbau-Lösungen
Betrieb B bewirtschaftet einen gewachsenen Ferkelerzeugerbetrieb mit 180 Sauen. Während die Ferkelaufzucht vor einigen Jahren außerhalb der Hofstelle neu gebaut worden ist, verteilen sich Deck-, Warte- und Abferkelbereich auf verschiedene, miteinander verbundene Altgebäude.
Auch hier ist die Situation verzwickt, da in den drei vollunterkellerten Abferkelabteilen ein vergleichsweise einfacher Umbau an den starren Gebäudeachsen scheitert. Die alten Abferkelbuchten sind mit ca. 4,5 m² Grundfläche so ungünstig geschnitten, dass sie nicht zu 6 m2 großen Bewegungsbuchten umgebaut werden können.
Aus vormals 18 würden deshalb in einer neuen Abteilstruktur 12 Abferkelplätze werden – also ein Drittel weniger. Damit hat der Betrieb B nicht nur die Investitionskosten für die neue Stalleinrichtung von 108000 € zu tragen. Im zweiwöchigen Produktionsrhythmus wird auch eine Bestandsabstockung um 30 % auf 120 Sauen notwendig.
Die kleinteiligen Gebäudestrukturen erschweren auch im Deckbereich die Umsetzung neuer Haltungsvorgaben. Denn die Gangbreiten von 1,2 m reichen nicht aus, um bei Erhalt aller drei Kastenstandreihen eine frühe Gruppenhaltung umsetzen zu können. Das bedeutet, die alten Kastenstände müssten nicht nur durch Fressliegebuchten ersetzt werden. Durch den Verzicht auf eine Kastenstandreihe würde auch eine Kompletterneuerung des teilunterkellerten Bodens anstehen.
In Kombination mit der Verbreiterung der Stände auf bis zu 85 cm reduziert sich so die Zahl der Sauen im Hauptdeckzentrum von 34 auf 18. Gleichzeitig entstehen Investitionskosten in Höhe von 50000 €.
Weitere Investitionen wären nicht mehr nötig, da ähnlich wie im Betrieb A das reduzierte Platzangebot im Abferkelstall zum Schlüsselloch wird. Zusammengezogen belaufen sich die Umbaukosten dennoch auf stolze 158000 € bzw. 1317 € je Sau (siehe Übersicht 2). Bei dann nur noch 120 Sauen im Bestand und gleicher Vermarktungsleistung wie Betrieb A bedeutet das eine Kostenbelastung von 16,53 € pro Ferkel.
Wartebereich anschleppen
Soll ein Bestandsabbau vermieden werden, muss der Betrieb die fehlenden Abferkelbuchten anderswo wieder „auffüllen“. Dazu könnten acht Abferkelbuchten im alten Deckzentrum und weitere vier in anderen Abteilen (Reserveabteil und ehemaliges Aufzuchtabteil) eingebaut werden. Da auch hier alles umgekrempelt werden müsste, kommen zu den Umbaukosten für das Deckzentrum weitere 60000 € hinzu.
Bei gleichbleibendem Sauenbestand wird das umgebaute Deckzentrum mit 18 Plätzen zu klein. Dies könnte jedoch leicht ohne nennenswerte Kosten im benachbarten Wartestall ausgeglichen werden. Im Gegenzug müsste dieser dann aber baulich um 50 Plätze erweitert werden. Kostenpunkt rund 150000 €. Somit läppern sich die Investitionen für diesen Betrieb auf 368000 € bzw. gut 2000 € pro Sau. Vorausgesetzt, die Baubehörden geben dazu ihr Okay, wäre der Neubau angesichts der Zusatzkosten von 7,44 € pro vermarktetem Ferkel auch hier zu empfehlen.
Fazit
Die Ferkelerzeugung wird sich mit neuen Haltungsvorgaben auseinandersetzen müssen, die unter anderem Bewegungsbuchten im Abferkelstall und verkürzte Fixierungszeiten im Kastenstand beinhalten. Die Beispiele zeigen, dass damit die Betriebe, unabhängig von Größe oder Alter der Ställe, enormen finanziellen und baulichen Herausforderungen gegenüberstehen.
Sofern Ergänzungsbauten eine genehmigungsrechtliche Basis hätten, wären sie das Mittel der Wahl. Müssen die Betriebe die teils exorbitant hohen Umbaukosten auf einen verkleinerten Sauenbestand umlegen, werden viele die Produktion einstellen.