Während die Schweineproduktion in Deutschland stagniert, will Katalonien den Wachstumskurs fortsetzen. Dabei spielen die finanzkräftigen Kooperativen eine wesentliche Rolle.
Dr. Albert Hortmann-Scholten, LWK Niedersachsen
Die spanische Schweineproduktion wächst weiter. Gerade in der Schweinehochburg Katalonien im Nordosten Spaniens stehen die Betriebsleiter der weiteren Entwicklung sehr positiv entgegen. Dies gilt auch für Vicens Novell, Besitzer der Farm La Valetta in der Nähe von Lleida. Novell hält ca. 1800 Sauen und verfügt über 702 Hektar Acker.
Interessant an der Farm ist, dass La Valetta über 14250 eigene Mastplätze verfügt und darüber hinaus noch 2470 Integrationsmastplätze betreibt. Die Farm hat insgesamt neun Mitarbeiter eingestellt.
Mit 1000 Sauen eingestiegen
Der Betrieb hat eine beträchtliche Entwicklung hinter sich. Der Startschuss fiel vor rund 20 Jahren mit 1000 Sauen. Im Jahr 2013 wurde im Zuge der Umstellung auf die Gruppenhaltung ein weiterer Expansionsschritt von 800 zusätzlichen Sauenplätzen vorgenommen. Der Antrag zur Baugenehmigung wurde zügig von den Behörden bearbeitet, da Novell genügend Güllefläche nachweisen konnte.
Die Produktion ist gut eingestellt. Wegen der schnelleren Umtriebe und der Robustheit der Tiere arbeitet der Betrieb auf der Eberseite mit der Herkunft Duroc, was untypisch für Katalonien ist. Auf der Sauenseite wird eine robuste Hybridlinie mit mittleren Fruchtbarkeitsleistungen eingesetzt.
Der Betrieb hat das Marktrisiko gemindert, indem zwei verschiedene Vermarktungswege gesucht wurden. Rund 30% der Schweine werden für die Serrano-Schinkenproduktion aufgezogen. Die Schweine werden etwas schwerer ausgemästet und mit einem Lebendgewicht von 130 kg verkauft. Alle männlichen Masttiere sind kastriert. Das Verarbeitungszentrum für diese Sparte liegt mitten im Herzen Spaniens, in Avila.
Die restlichen 70% der produzierten Schweine werden mit ca. 115 kg Le-bendgewicht vermarktet. Sie werden direkt vor Ort in Katalonien geschlachtet und gehen überwiegend in den inner-, aber auch außereuropäischen Export. Novells Vermarktungspartner ist die Cooperativa de Bellcaire.
Integratoren unterstützen
Für La Valetta laufen die Geschäfte derzeit gut, weshalb Novell wie viele seiner Berufskollegen weiter expandieren möchte. Unterstützt werden die wachstumswilligen Betriebe von den finanzstarken Integratoren aus der Futter- und Schlachtbranche, die bei Aufstockungen Unterstützung anbieten. Dazu gehören die administrative Begleitung bei Bauvorhaben und die produktionstechnische und tierärztliche Betreuung durch die Genossenschaft. Wächst der Betrieb im integrierten System, gibt es einen weiteren Vorteil. Dann ist bei einem Wachstumsschritt nicht der zusätzliche Finanzbedarf für das Umlaufkapital vorzufinanzieren. Denn alle variablen Kostenpositionen wie die Bestandsergänzungen, Futter-, Veterinär- und Medikamentenkosten trägt der Integrator.
Dabei ist Spanien im EU-weiten Baukostenvergleich mit Investitionskosten von ca. 1200 bis 1400 € pro Sauenplatz einschließlich Güllelagerung ohnehin schon einer der wettbewerbsfähigsten Standorte. Insofern sind für die spanischen Schweinehalter größere Wachstumsschritte trotz in der Vergangenheit höherer Zinsbelastungen einfacher zu organisieren als in anderen Ländern. Der Zinssatz für die Baukredite ist in den letzten Monaten deutlich gesunken und liegt derzeit bei 2 %.
Brüsseler EU-Fördermittel für etwaige Förderprogramme sind allerdings in den letzten Jahren nicht nach Katalonien geflossen, da es der spanischen Regierung wegen der Finanzkrise an Co-Finanzierungsmitteln gefehlt hat.
Feste Vergütung
Das vertikale Integrationssystem hat aus spanischer Sicht vor allen Dingen in den schwierigen Markt- und Preisphasen eine besondere Attraktivität. Denn bei der festen Kontraktvergütung erhält der Landwirt für die zur Verfügung gestellte Arbeit und für den Stall 10 bis 12 € pro Mastschwein und sogar 14 bis 15 € pro Mastferkel, wenn es bis knapp 20 kg aufgezogen wird. Werden die Ferkel gleich nach dem Absetzen mit 6 kg vermarktet, erhält der Sauenhalter 11 bis 12 € je Ferkel an fester Kontraktvergütung.
In guten Zeiten reichen diese Bezahlsysteme zwar nicht an vergleichbare deutsche Deckungsbeitragsergebnisse heran. Doch die Absicherung hilft bei Kreditanfragen für Wachstumsschritte. Zudem begrüßen die Banken, dass die Integratoren bzw. Kooperationen die angeschlossenen Schweinehalter in- tensiv in allen ökonomischen und produktionstechnischen Fragestellungen begleiten.
So weist Novells Integrator Cooperativa de Bellcaire für 2016 gut 26 abgesetzte Ferkel pro Sau und Jahr aus (siehe Übersicht 1). Dieses Ergebnis ist zufriedenstellend, zumal die Sommerhitze in Spanien häufig zu erhöhten Umrauschquoten führt. Die Ställe sind schlecht isoliert; es fehlt eine effektive Stallkühlung. Auch die vergleichsweise hohen Sauenverluste von über 7% sind hierauf zurückzuführen. Durch Verbesserungsmaßnahmen und den Import ausländischer Genetiken könnte das Leistungsniveau weiter gesteigert werden.
Sauen: Kosten im Griff
Spanische Sauenhalter setzen ihre Ferkel in der Regel nach einer dreiwöchigen Säugephase ab und ziehen diese bis ca. 20 kg auf. Basierend auf den Futterkosten des Jahres 2016 konnte innerhalb der Genossenschaft ein 19 kg schweres Ferkel zu variablen Kosten von insgesamt 36 € erzeugt werden. Darin enthalten sind 13,20 € Integrationskosten je Ferkel (siehe Übersicht 2).
Auch in Deutschland liegen die variablen Kosten der Ferkelproduktion etwa auf diesem Niveau. Dabei ist berücksichtigt, dass die spezialisierten Sauenhalter die Ferkel etwas schwerer abgeben. Die in Deutschland höheren Stallbau- und Lohnkosten werden durch etwas bessere Ferkelzahlen ausgeglichen.
Anders sieht es in der Mast aus. Hier gehören die Katalanen zu den Kostenführern in der EU. Dies zeigen die Ergebnisse der Cooperativa de Bellcaire. Werden wiederum die Ferkel- und Futterpreise aus 2016 zugrunde gelegt, betragen die mittleren variablen Kosten 107 € je Masttier.
Vorteile in der Mast
Die 107 € variable Kosten je Schwein beziehen sich auf eine Mastperiode von 18,6 bis 108 kg Lebendgewicht (siehe Übersicht 3). Im Vergleich dazu wiesen deutsche Schweinekollegen im Kalenderjahr 2016 durchschnittlich 115 bis 120 € variable Kosten je Masttier aus.
Zwar bewegen sich die deutschen Mäster in einem anderen Gewichstkorridor als ihre spanischen Kollegen. Dennoch werden sowohl in Spanien ohne Berücksichtigung der Serrano- Produktion als auch in Deutschland näherungsweise 90 bis 95 kg Zuwachs angestrebt, sodass die ausgewiesenen variablen Kosten miteinander vergleichbar sind. Die Differenz bei den Kosten ist vor allem eine Frage der Futterverwertung: Während deutsche Schweinemäster schwere Kastraten vermarkten, verbessern die Spanier durch deutlich niedrigere Vermarktungsgewichte sowie eine weit verbreitete Ebermast die Futtereffizienz.
Wie geht es weiter?
Die Spanier haben ökonomisch schwere Jahre hinter sich. Die Wirtschaftsdepression seit 2008 hat tiefe Spuren hinterlassen. Angesichts der hohen Arbeitslosigkeit ist die Landwirtschaft sowie die exportorientierte Ernährungswirtschaft ein wichtiges Rückgrat der Volkswirtschaft.
Deshalb wird Spanien seinen Wachstumskurs in der Fleischerzeugung in den nächsten Jahren fortsetzen. Allerdings sind mittlerweile auch in Katalonien die Grenzen für die Schweineproduzenten in Sicht. Möglicherweise verlagert sich die Erzeugung in angrenzende Regionen wie Aragonien bzw. auch in das südliche Andalusien. Ebenfalls werden extensive Produktionssysteme, die vor allen Dingen durch den Iberico- und Serranoschinken bekannt geworden sind, ihre Produktion weiter ausdehnen.
Fazit
Spanien gehört zu den Kostenführern der europäischen Schweineproduktion. Insbesondere bei den Bau-, Umwelt- und Lohnkosten werden Vorteile verbucht. Speziell in Katalonien wird die Schweinehaltung weiter ausgebaut.
Beim Ausbau der Schweineproduktion spielen die großen Integratoren eine wesentliche Rolle, die wachsenden Betrieben beratend und finanziell unter die Arme greifen. Die Integrationsproduktion verleiht der Erzeugerstufe insbesondere bei Preiskrisen eine größere finanzielle Stabilität.