China will mit gigantischen Finanzmitteln seine Schweinehaltung modernisieren. Auf einem Bergplateau im Süden entstehen Hochhäuser für 32000 Sauen.
Fred Schnippe, SUS
Dass China zur führenden Industrienation aufsteigen will, ist kein Geheimnis. Doch auch im Agrarbereich gibt Peking kräftig Gas. Bis zum Jahr 2020 sollen umgerechnet 370 Mrd. € in die Modernisierung der Landwirtschaft fließen!
Trend zu Mega-Betrieben
Der Fünfjahres-Plan soll auch die Schweinehaltung radikal erneuern. Ein Kernziel ist die Abschaffung der Hinterhofhaltung. Denn sie gilt als Hauptgrund, warum China mit gut 20 abgesetzten Ferkeln und einer Futterverwertung von 3:1 weit hinter westlichen Standards zurückbleibt.
Den wachsenden Fleischhunger der Volksrepublik sollen künftig moderne Mega-Betriebe decken. Sie werden mit westlicher Sauengenetik bestückt und streben eine hohe Hygiene an. So will die Zentralregierung die Krankheits- und Seuchenprobleme der letzten Jahre in den Griff bekommen.
Gleichzeitig soll die Tierhaltung umweltverträglicher werden. Insbesondere durch die unkontrollierte Verbringung von Gülle war es zu starken Schäden für Böden und Grundwasser gekommen. Neben neuen Bauauflagen hat Peking daher klare Vorschriften verhängt, wo sich die Veredlung ansiedeln darf. Ziel ist, die Tierhaltung im dicht bevölkerten Südosten des Landes zurückzudrängen. Im Gegenzug wurden vor allem im zentralen Süden neue Entwicklungsgebiete ausgewiesen.
Vier Hochhäuser im Wald
Paradebeispiel für den Veränderungswillen ist der Schweinebetrieb Yangxiang mit 90000 Sauen. Zum Konzern gehören zudem mehrere Futtermittelwerke und Besamungsstationen mit 6000 Ebern. Beide Zweige sind so groß ausgelegt, dass sie auch Futtermittel und Sperma an andere Großbetriebe verkaufen. Der Konzern hat derzeit rund 5000 Mitarbeiter.
Doch Yangxiang will weiter wachsen. Seit 2017 stampft der Betrieb in der Nähe der Stadt Guigang im Süden Chinas eine Anlage für 32000 Sauen aus dem Boden. Das Besondere: Die Tiere stehen in Hochhäusern mit bis zu neun Stockwerken. Jedes Stockwerk bietet Platz für rund 1000 Sauen. Zwei von vier Hochhäusern sind seit Mitte 2017 in Betrieb. Zwei weitere, baugleiche Komplexe befinden sich im Bau. Sie sollen noch in diesem Jahr ihre Produktion starten.
Tiergesundheit im Fokus
Die Unterbringung der Sauen in mehrstöckigen Gebäuden soll nach Einschätzung der Anlagenplaner vor allem hygienische Vorteile bringen. So umfasst jede Etage jeweils eine Sauenherde, die strikt getrennt von den anderen Muttertieren geführt wird. Selbst die Jungsauen zieht jede Etage separat für sich nach. Es handelt sich um hochgesunde Tiere mit SPF-Status.
Auch die Zu- und Abluftführung soll verhindern, dass sich eventuelle Krankheiten ausbreiten. So verfügt jede Etage über separate Lufteinlässe, die mit Keimfiltern versehen sind. Zudem ist jedes Hochhaus auf voller Länge mit einem 15 m hohen Kamin ausgestattet. Der weite Abstand zwischen Zu- und Abluftführung soll verhindern, dass die Abluft zurück in den Stall gelangt.
Die strikte Trennung der Sauen von der Ferkelaufzucht soll ebenfalls die Gesundheit stabilisieren. So verlassen alle Ferkel nach der vierwöchigen Säugezeit die Anlage. Die Aufzucht und Mast erfolgt in einer Vielzahl kleiner Betriebe, die der Konzern als Lohnmäster an sich gebunden hat.
Strikte Abschottung
Die Großanlage liefert auch die Futtermittel in die angebundenen Betriebe und koordiniert deren tiermedizinische Betreuung. Die Lohnbetriebe bringen lediglich ihren Stall und ihre Arbeit ein.
Für die Aufzucht von 7 bis 120 kg Lebendgewicht erhalten sie eine Vergütung von rund 30 € pro Tier. Bei guten Leistungen kommen Boni hinzu.
Auch der spezielle Standort soll die Gesundheit der Sauen sichern. So liegt die Anlage auf einem 500 m hohen Bergplateau in einem entlegenen Waldgebiet. Es gibt nur eine Zufahrtsstraße. Zudem ist die Anlage mit Zäunen abgeriegelt. Weiterer Pluspunkt: Im Umkreis von 10 km gibt es keine anderen Schweinebetriebe.
Quaratäne für Mitarbeiter
Noch strikter geht die Anlage in Sachen Keimübertragung durch Personal vor. So gelten für die 130 Mitarbeiter militärisch anmutende Regeln:
- Vor dem Zugang zum Gelände bleibt jeder Mitarbeiter zwei Tage in 2 km entfernten Gebäuden in Quarantäne.
- Während der 26-tätigen Arbeitseinheit darf ein Tierbetreuer das Betriebsgelände nicht verlassen.
- Es gibt feste Teams, die jeweils nur eine Etage im Hochhaus betreuen.
- Jedes Team wird durch separate Zugänge in sein Stockwerk geführt.
- Der Wechsel zwischen den Etagen wird durch die Aufzüge unterbunden.
Damit die Mitarbeiter trotzdem bei Laune bleiben, hat der Betrieb auf dem Anlagengelände einen komfortablen Wohnkomplex errichtet. Hier werden auch diverse Freizeit- und Sportaktivitäten angeboten. Zudem steht allen Mitarbeitern ein kostenloser Bus zur Verfügung, der sie in der Freizeit in die nächste Stadt fährt.
Neben der Hygiene achtet der Großbetrieb darauf, dass sich die Sauen wohl fühlen. Er hat sich dabei selbst hohe Ziele gesetzt. Denn staatliche Vorgaben zur Haltung von Nutztieren gibt es in China nicht.
Viel Komfort für die Sauen
Ein zentrales Element sind die Kühlanlagen in allen Bereichen. Sie sollen sicherstellen, dass sich die Abteile auch im Sommer auf nicht mehr als 24°C aufheizen. Diese Ausstattung ist bei den hohen Außentemperaturen äußerst sinnvoll. Denn im Sommer kann das Thermometer in Südchina leicht auf 40°C und mehr ansteigen.
Außerdem sollen sich die Sauen möglichst lange in Gruppen frei bewegen können. Ab dem 35. Tag nach dem Belegen setzt der Betrieb auf die Gruppenhaltung. Der Wartestall ist mit Selbstfang-Fressliegeboxen ausgestattet.
Allerdings haben die komfortable Ausstattung und die mehrstöckige Bauweise der Sauenställe ihren Preis. So liegen die Baukosten mit umgerechnet 2000 € pro Sau rund 25% über dem üblichen Niveau in China. Positiv wirkt sich dagegen die hohe Arbeitseffizienz in den gut strukturierten Ställen aus. So sind für die Betreuung einer Einheit mit 1000 Sauen nur vier Mitarbeiter nötig.
Neben den vier Sauenställen wurde auf dem Anlagengelände ein modernes Mischfutterwerk für knapp 2 Mio. € errichtet. Dieses kann im Jahr 84000 t Futter erzeugen. Die wichtigsten Komponenten sind Mais, Soja, Sorghum, Gerste und Fischmehl. Da der Großbetrieb die Rohstoffe für alle Konzern- standorte zentral einkauft, erzielt er sehr günstige Einkaufspreise.
Auch in Sachen Gülle geht der Betrieb moderne Wege. Zwar wird die gesamte Gülle am Standort zunächst in einer günstigen Lagune gesammelt. Doch der Betrieb baut bereits eine zentrale Anlage zur Gülleaufbereitung. Dies gehörte zu den Auflagen der Regierung.
30-Ferkel-Marke angepeilt
Trotz der verschärften Umweltauflagen kann die Anlage insbesondere aufgrund ihrer Größe günstig produzieren. So liegen die Vollkosten umgerechnet nur bei knapp 25 € pro Absetzferkel, was in China sehr gut ist. Auch die Lohnmast ist auf Effizienz getrimmt. Die Vollkosten für ein 120 kg-Schwein liegen aktuell bei etwa 135 €.
Bis zum Jahr 2024 will die Mega-Anlage ihre Kosten nochmals um 20 € pro Schlachtschwein drücken. Hierzu will man insbesondere die biologischen Leistungen weiter optimieren.
Momentan setzt der Betrieb 27,6 Ferkel/Sau und Jahr ab, was auf diversen Flaggen und Tafeln auf dem Betriebsgelände zu sehen ist. Dort sieht man auch die Ziele für das Jahr 2024: Der Betrieb will dann 30 Ferkel absetzen und 28 Schlachtschweine pro Sau verkaufen.
Fazit
China stellt seine Schweinehaltung mit westlicher Technik und Genetik völlig neu auf. Mega-Betriebe sollen die vielen Hinterhofhaltungen ersetzen. Dies soll die Umwelt- und Tiergesundheitsprobleme entschärfen.
Ein Vorzeigebetrieb ist Yangxiang mit 90000 Sauen. Der Konzern baut in Südchina eine Großanlage mit vier Hochäusern für 32000 Sauen. Zum Projekt gehört ein Futtermittelwerk sowie ein Wohnkomplex für die Mitarbeiter.
Dank hoher Tierwohl- und Hygiene- standards setzt die Anlage knapp 28 Ferkel je Sau ab. Mittelfristig will man die 30-Ferkel-Marke knacken.
Übersetzt aus Boerderij (NL)