In England werden bis zu 35 % der Sauen im Freien gehalten. Nasskaltes Wetter sowie Füchse sind die größten Herausforderungen von Outdoor-Sauenhalter Rowley McFarlane.
Mit Kälte kommen unsere Sauen sehr gut zurecht. Nässe macht den Tieren deutlich mehr zu schaffen“, erklärt Rowley McFarlane. Der Farmer aus Lymington in Südengland und sein Vater Bruce halten auf verschiedenen Standorten insgesamt knapp 3 400 Sauen im Freien. Der Grund sind die niedrigen Investitionskosten. McFarlane hat lediglich in selbst zusammengeschraubte Außenhütten, Zäune, Trecker, Futtersilos und -wagen investiert.
Die im Freien geborenen Ferkel werden später in Ställen auf Stroh aufgezogen. Für seine Schlachttiere bekommt der konventionell arbeitende Farmer einen Zuschlag von umgerechnet 6 Cent je Kilo Schlachtgewicht.
Mit der Natur leben
„Wir haben nur an rund fünf Tagen im Jahr Frost. Dann müssen wir die Außentränken von Eis befreien“, erklärt Steve Grimes. Zusammen mit zwei Mitarbeitern betreut er einen Standort mit 600 Sauen bei Winchester, der zum Betrieb McFarlane gehört.
Viel schlimmer sind die nasskalten Tage im Winter, insbesondere dann, wenn es zusätzlich windig ist. Dann müssen die Außenhütten besonders gut bzw. zwei- statt nur einmal die Woche eingestreut werden. „An solchen Tagen würden auch wir gern im Stall arbeiten“, gibt der Manager offen zu.
Hinzu kommt, dass der anhaltende Niederschlag das Gelände schnell in eine Schlammwüste verwandelt. Unter der Ackerkrume befindet sich eine Mergelschicht. Damit das Regenwasser dennoch versickert, werden die Flächen regelmäßig gegrubbert und anschließend gestriegelt.
Die nasskalte Witterung hat weitere Nachteile. „Im Winter müssen wir deutlich mehr Futter einsetzen“, erklärt Betriebsleiter Grimes. Pro Sau und Jahr kommt er so auf 16 dt Futter. Das sind 25 % mehr als sonst üblich.
Auch ärgert es ihn, wenn bei nasskaltem Wetter die Sauen nicht pünktlich rauschen oder keine äußeren Brunstsymptome zeigen. Dann steigen die Umrauschraten. Wöchentlich werden 30 Sauen abgesetzt und in einem mobilen Deckstall besamt.
Robuste Genetik
Obendrein ist der Boden sehr steinreich, womit sich die Tiere offenbar arrangieren können. Denn sie nutzen vorrangig ausgelaufene Pfade mit wenigen Steinen und schonen so die Klauen. Doch die Sauen kauen sehr gern auf den Steinen und schlucken sie hin und wieder herunter. Bei einer toten Sau hat McFarlane 23 kg Steine im Magen gefunden.
Im Sommer müssen sich die Tiere wegen ihrer empfindlichen Haut vor direkter Sonneneinstrahlung schützen. Deshalb spannt der Betrieb vor den Hütten Sonnennetze auf. Noch wichtiger ist, neben der Tränke kleine Suhlen anzulegen. Diese suchen die Tiere auf, um die Haut mit Schlamm zu benetzen.
Auch die Dächer der Blechhütten sind weiß gestrichen, um einen Großteil der Sonnenstrahlen zu reflektieren. So ist gewährleistet, dass sich die Hütten im Hochsommer nicht allzu sehr aufheizen.
Um mit dem Boden sowie der Nässe klarzukommen, müssen die Tiere äußerst robust sein. Gute Erfahrungen hat der Betrieb mit einer PIC-Sauenvariante gemacht, die den weißen Duroc zum Vater hat. „Die Sau ist äußerst robust, allerdings nicht ganz so fruchtbar wie herkömmliche Kreuzungen“, erklärt der Betriebsleiter. Mit 25 aufgezogenen Ferkeln pro Sau und Jahr gehört der Betrieb dennoch zu den Spitzenkönnern. Englische Outdoor-Betriebe erreichen im Schnitt etwa 22 aufgezogene Ferkel und liegen drei Ferkel unter ihren Kollegen, die ihre Sauen in Ställen halten.
Erstaunlich, dass die Ferkelverluste trotz der rustikalen Haltung unter 10 % liegen. Dabei spielt offensichtlich auch die Vaterrasse eine Rolle. Um größtmögliche Heterosiseffekte zu erreichen, setzt Steve Grimes einen Hampshire-blütigen Eber aus dem PIC-Zuchtprogramm ein. Der Besamungsanteil liegt über 90 %. Die restlichen Sauen werden von den Natursprungebern belegt.
Jährlicher Standortwechsel
Das Areal, auf dem die 600 Sauen gehalten werden, ist 24 Hektar groß. Davon ist etwa die Hälfte Regenerationsfläche. Dort wird Getreide angebaut. Die Flächen für die Sauen werden jährlich durchgetauscht. Dies beugt einer Überdüngung sowie einer gewissen „Müdigkeit“ vor, was die Tiergesundheit betrifft.
Auch innerhalb der zugewiesenen Fläche werden Futterstelle und Hüttenstandort mehrmals im Jahr gewechselt, um den Boden zu schonen. Die Hütten und Zäune sind so konzipiert, dass sie schnell ab- und aufgebaut werden können. Neben dem Versetzen der Hütten sowie der täglichen Zaunkontrolle nimmt das Umstallen der Tiere mehr Zeit in Anspruch als bei der Stallhaltung. „Wir verladen die Ferkel mit Kisten hinter dem Trecker. Die Sauen werden in Gruppen getrieben. Das funktioniert nur, wenn man ein Gespür für die Tiere entwickelt und gelegentlich mit Tricks arbeitet“, erklärt Steve Grimes.
Auch wenn die Arbeit mit den Tieren mitunter anstrengend ist, sieht McFarlane in puncto Zeitbedarf dennoch keine großen Unterschiede zur Stallvariante. Für ihn ist entscheidend, dass bei der Outdoorhaltung deutlich weniger Kapital gebunden ist. Dafür nimmt er die höheren Futterkosten, Abstriche bei der Fruchtbarkeit sowie die zusätzliche Pacht für die Flächen in Kauf.
Trainingscamp für Jungsauen
Zu den Outdoor-spezifischen Arbeiten gehört z. B. das Anlernen der Jungsauen. Zu diesem Zweck werden die Läufer mit 30 bis 80 kg in ein Trainingscamp einquartiert. Der Zaun um dieses Areal ist doppelt angelegt. Innen liegt der eigentliche zwei-drahtige Elektrozaun, dahinter ein stabiler Maschendrahtzaun. „Wenn die Tiere den Elektrodraht berühren, können sie in Panik geraten. Ohne die Absicherung wür-den einzelne Tiere über oder durch den E-Zaun springen“, erklärt Manager Grimes.
Nachdem die Tiere den E-Zaun kennengelernt haben, werden sie in kleineren Gruppen aufgeteilt und langsam an die obligatorische Regumate-Gabe gewöhnt. Als Lockmittel verwendet Steve Grimes billigen Apfelsaft, den er über einen Drencher verabreicht. Dies macht die Jungsauen zutraulich. Wenn später die täglichen Gaben des Zyklusblockers anstehen, sind die Jungsauen mit der Prozedur vertraut.
Die Jungsauen werden nach dem Belegen separat gehalten und erst nach dem ersten Wurf in die bestehenden Sauengruppen integriert. Auch während der Geburts- und Säugephase können Sonderhandlungen erforderlich werden. Damit sie mit der für sie neuen Situation besser zurechtkommen, werden die abferkelnden Jungsauen immer zu zweit in einem Areal mit zwei Hütten gehalten. Säugende Altsauen hingegen sind für sich alleine.
Zäune gegen Füchse
Ein anderes Problem sind die Füchse, die es in der Gegend um Winchester reichlich gibt. Denn sie suchen nachts die Abferkelbereiche auf. Oft steuern sie gezielt auf Hütten zu, die von Erstlingssauen bewohnt sind. Denn diese haben weniger Erfahrungen als die Altsauen. „Erfahrene Sauen blockieren den Eingang und attackieren die Eindringlinge sofort. Das flößt Respekt ein. Jungsauen hingegen reagieren nicht so schnell und lassen sich einschüchtern“, so Manager Steve Grimes.
Nicht nur die Ferkelverluste, sondern auch die mit den Besuchen verbundene Unruhe bei Sauen und Ferkel haben den Betrieb veranlasst, um das Abferkelareal einen meterhohen Zaun zu bauen. Dieser besteht aus engmaschig angeordneten Drähten, durch die Strom geschickt wird. Die Füchse haben die Angewohnheit, hochzuklettern und sollen dann zur Abschreckung einen kräftigen Stromschlag bekommen. Der Zaun hat den Farmer umgerechnet 5 000 € gekostet.
Doch nicht nur die Füchse ärgern den Farmer, sondern auch die zahlreichen Krähen, deren Population in den letzten Jahren zugenommen hat. Sie haben es auf das Futter abgesehen. Deshalb werden die güsten und tragenden Sauen zweimal täglich gefüttert. „Über die Vögel können Krankheitserreger übertragen werden. Eine Lösung, Rabenvögel effektiv fernzuhalten, haben wir aber bislang noch nicht gefunden“, meint Farmer McFarlane.
Der Anteil der Freilandsauen liegt auf der Insel schon viele Jahre bei bis zu 35 %. Einige meinen, dass diese Haltungsform die Akzeptanz der Schweinehaltung insgesamt verbessert hat. Rowley McFarlane ist sich da nicht sicher: „Wir profitieren von Aufschlägen für die Schlachttiere, weil wir mit der ganzen Kette an ein Markenfleischprogramm teilnehmen. Doch die Stimmung ist nicht immer positiv.“
Outdoor gut fürs Image?
McFarlane macht das z. B. daran fest, dass viele Landverpächter Probleme damit haben, dass auf ihren Flächen Schweine gehalten werden. Sie befürchten aufgewühlte Flächen und eine P-Anreicherung im Boden.
Auch wenn Sauen im Freien ein schönes Bild abgeben, verstecken die meisten Betriebe ihre Tiere hinter drei Meter hohen Hecken. Sie wollen nicht, dass Tierschutzaktivisten aufmerksam gemacht werden. Zudem sind spontane Besuche van Passanten immer auch ein Hygienerisiko. McFarlanes Sauen sind beispielsweise frei von PRRSV und Mykoplasmen. Dieser Status soll erhalten bleiben.
Die Dorfbewohner nehmen wenig Anteil. Bei McFarlane hatte sich kürzlich ein Hausbesitzer über Lärm und Gestank beschwert, obwohl das Areal 500 m entfernt liegt. Und die Mitarbeiter kommen schon lange nicht mehr aus den umliegenden Dörfern, sondern größtenteils aus Osteuropa.
„Unsere Aufgabe ist es, den neuen Mitarbeitern den umsichtigen Umgang mit den Tieren beizubringen“, betont McFarlane. Gerade bei der Freilandhaltung kommt es darauf an, Lahmheiten oder ungewöhnliches Verhalten schon von Weitem zu erkennen. Auch die Ferkelbehandlungen müssen geschickt durchgeführt werden, ohne von der Muttersau angegriffen zu werden.
Fazit
Am Standort Winchester in Südengland hält Rowley McFarlane 600 Sauen im Freien. Vorteil Nummer eins sind die geringeren Investitionskosten. Der Betrieb erreicht 25 abgesetzte Ferkel je Sau und Jahr.
Die Sauenhaltung findet auf 24 Hektar Pachtfläche statt. Davon sind etwa die Hälfte Regenerationsfläche, auf der Getreide wächst. Die Standorte werden jährlich getauscht. Aufgrund der Futterverluste sowie des höheren Energiebedarfs bei nasskalter Witterung ist der Futterverbrauch entsprechend hoch.
Die Jungsauen werden separat angelernt. Ferkelbehandlungen, Besamen oder Umstallen erfordern viel Geschick im Umgang mit den Tieren.
In puncto Akzeptanz in der Bevölkerung sieht Sauenhalter McFarlane keine Vorteile gegenüber der Stallhaltung.