Stefan Klaus gibt jährlich 10500 m3 Gülle ab. Mit Aufnehmern, Transporteuren und Futterwerken ist er Teil einer Kreislaufwirtschaft. Das senkt die Kosten.
Michael Werning, SUS
Der Landkreis Cloppenburg zählt mit rund 1,24 Mio. Schweinen und ausgeprägter Geflügelmast zu den viehintensivsten Regionen Deutschlands. Dem stehen aber nur knapp 94000 ha Nutzfläche gegenüber, weshalb viele Schweinehalter auf die überbetriebliche Gülleverwertung angewiesen sind.
Einer von ihnen ist Stefan Klaus aus Cappeln. Vor zwei Jahren hat der 33-Jährige durch den Bau eines Maststalles für 4224 Schweine sein System mit knapp 630 Danzucht-Sauen „rund“ gemacht. Doch mit diesem Wachstumsschritt ist seine jährliche Gülleabgabe auf 10500 m3 gestiegen. „Das bedeutet, möglichst kostensparend weit über 400 LKW-Ladungen abzuwickeln“, rechnet der Betriebsleiter vor.
Seit 20 Jahren Gülleabgabe
Dabei blickt die Familie schon auf über 20 Jahre Erfahrung mit der überbetrieblichen Gülleverwertung zurück. Angefangen hat alles Ende der 90er-Jahre, als sich das Familienunternehmen vom klassischen Gemischtbetrieb zum spezialisierten Schweinehalter mit zunächst 240 Sauen im teilgeschlossenen System entwickelte. „Bei knapp 30 ha Ackerbau waren unsere eigenen Verwertungskapazitäten schnell ausgeschöpft, und schon damals war der Pachtmarkt hart umkämpft“, erinnert sich Senior Josef Klaus.
Also nahmen die Schweinehalter Kontakt zu aufnahmefähigen Betrieben in der näheren und weiteren Umgebung auf. Zur damaligen Zeit war der „Gülle-Druck“ in der Region noch nicht so hoch wie heute, und die Landwirte konnten sich einen gut funktionierenden Absatzkanal für ihre überschüssigen Nährstoffe aufbauen. Eine wichtige Rolle spielte schon damals die intensive Kommunikation zwischen Klaus und seinen Abnehmern. „Beide Seiten müssen ihre Ansprüche klar definieren“, so die Erfahrung der Landwirte.
Gülle-Anfall reduziert
In dieser Hinsicht haben Klaus früh festgestellt, dass für die Aufnehmer nicht allein Lieferzeitpunkt und -menge von Bedeutung sind. Auch die Qualität der Gülle haben die Ackerbauern im Blick. Je nach Nährstoffversorgung der Böden oder ob vor Ort besser dicke oder dünne Gülle verarbeitet werden kann, werden andere Qualitäten nachgefragt.
Hier profitiert der Betrieb davon, dass er dank des geschlossenen Systems sehr unterschiedliche Güllen anbieten kann. Eine verhältnismäßig hohe Nährstoffkonzentration hält der Schweinehalter schon aus Eigeninteresse in allen Gülle-Varianten vor. „Unser Ziel ist es, möglichst wenig Gülle zu erzeugen. Dafür setzen wir in den Ställen auf verschiedenste Management-Maßnahmen“, erklärt Betriebsleiter Stefan Klaus.
Dazu zählen unter anderem Druckminderer im Tränkesystem, die Unterflurabsaugung, die zusätzlich Feuchtigkeit aus der Gülle zieht und eine feinjustierte Einweichanlage. Außerdem schwört der Landwirt darauf, die Buchten zunächst trocken mit Schüppe und Besen zu reinigen, bevor der Hochdruckreiniger zum Einsatz kommt.
Dass diese Maßnahmen Wirkung zeigen sieht man insbesondere an der Mastschweinegülle, die einen TS-Gehalt von fast 11% aufweist. Entsprechend hoch sind auch die Nährstoffgehalte. So werden beim Gesamt-Stickstoff circa 8 kg und beim Phosphor weit über 5 kg je m3 erreicht. Zum Vergleich: Die Richtwerte der LWK-Niedersachsen für Mastschweinegülle liegen bei 7 % TS und Nährstoffgehalten von 6,1 kg Gesamt-Stickstoff bzw. 4 kg Phosphor!
Kombiliner sparen Geld
Obwohl Stefan Klaus über Jahre einen Teil seiner Gülle sehr gut selbst vermarkten konnte, waren die Mengen nach der Inbetriebnahme des neuen Maststalles auf Dauer nicht mehr zu händeln. Hinzu kamen die steigenden Abgabepreise, da der organische Dünger teils über 100 km in die Aufnahmeregionen gefahren werden musste.
Also suchte Klaus nach einem Partner und wurde dabei auf die Nährstoffverwertung Oldenburger Münsterland (NOM) aufmerksam. Bei dieser Gesellschaft handelt es sich um einen 2013 ins Leben gerufenen Zusammenschluss aus Lohn- und Transportunternehmen, schwerpunktmäßig aus dem Oldenburger Münsterland.
Die in der NOM organisierten Unternehmen verfügen alle über sogenannte Kombiliner. Das sind speziell konzipierte LKW, die durch getrennte Lagerkammern sowohl Gülle als auch Getreide transportieren können. Dahinter steckt die Idee einer Kreislaufwirtschaft: Anstatt die Gülle über lange Strecken in die Ackerbauregionen zu fahren und leer wieder zurückzukehren, können diese Gefährte als Rückfracht Getreide für die Futterherstellung transportieren (siehe Übersicht 1).
„Die NOM fungiert als neutraler Vermittler zwischen Abgeber und Aufnehmer. Die Logistik wird ebenfalls übernommen“, so Klaus. Das macht auch Sinn, da neben den Abgebern und Aufnehmern der Gülle auch die Aufnahme und Ablieferung des Getreides beim Ackerbauern bzw. Futterwerk koordiniert werden muss.
Neue Aufnahmeregionen
Für diese administrativen Tätigkeiten rechnet die Gesellschaft pro Tonne 1 € ab. Außerdem werden an den Abgeber verschiedene Anforderungen gestellt. Dazu zählt unter anderem eine aufgerührte Gülle zur Abholung sowie aktuelle Untersuchungen auf Inhaltsstoffe. Außerdem muss der Betrieb seine Stammdaten bereitstellen, damit die NOM die Nährstoffströme transparent darstellen und die entsprechenden behördlichen Meldungen machen kann. Ein vom Landwirt zu leistender Haftungsausschluss sichert die Gesellschaft vor Fremdstoffen in der Gülle ab.
Stefan Klaus ist von dieser Kreislaufwirtschaft voll überzeugt. Nicht zuletzt deswegen, weil sich so zu verhältnismäßig niedrigen Kosten ein Verbringungsradius von über 200 km erschließen lässt. „Damit erreichen wir die vieh-armen Regionen im südöstlichen Niedersachsen und in Ostdeutschland“, schildert Klaus.
Um noch mehr Landwirte und insbesondere Aufnehmer für die Kreislaufwirtschaft zu begeistern, hält er regelmäßig Vorträge in den Ackerbau-Hochburgen. Dafür hat der pfiffige Landwirt kürzlich eine eindrucksvolle Beispielrechnung für den Transport seiner Gülle in das ca. 215 km entfernte Uelzen aufgestellt (siehe Übersicht 2). Ohne Rückfracht würden auf ihn bei einer Zuladung von 25 t Kosten von über 24 €/t Gülle zukommen. Dank der abzüglichen Rückfracht sinken die Kosten um knapp die Hälfte.
Knackpunkt Stoffstrombilanz
Besonders beliebt bei den Aufnehmern und vor allem kostengünstig im Transport ist die hochkonzentrierte Mastschweinegülle des Cappelner Be-triebes. Gemäß den Standardwerten der Landwirtschaftskammer müsste Klaus eigentlich allein für den neuen Maststall 5069 m3 Gülle jährlich abgeben. Das würde 1,2 m3 Gülle pro Mastplatz und Jahr entsprechen. „Dank der hohen Nährstoffkonzentration konnten wir unsere Abgabequote auf rund 3755 m3 senken, was ca. 0,9 m3 pro Platz bedeutet“, erläutert der Betriebsleiter.
Mit der neuen Düngeverordnung und der anhängigen StoffstrombilanzVerordnung könnte diese Zahl aber bald der Vergangenheit angehören. Als abgebender Betrieb sieht Klaus die größten Herausforderungen in den neuen Überschuss-Salden und der Anrechenbarkeit der Lagerverluste. So sinkt der erlaubte N-Überschuss von 60 auf 50 kg pro Jahr. Bei den N-Lagerverlusten sind nicht mehr 30, sondern 20 % anzusetzen. „Auf dem Papier steigt unser Nährstoffanfall deutlich an, ohne dass wir etwas verändern. Ich weiß gar nicht, wo ich die zusätzliche Gülle hernehmen soll, die ich theoretisch abgeben muss“, so der Cappelner.
Ackerbauern verunsichert
Nicht nur Klaus ist verunsichert. Da immer noch unklar ist, wie genau die einzelbetriebliche Nährstoffbilanzierung aufgestellt wird, haben die Ackerbauern in den letzten Monaten spürbar weniger Gülle aufgenommen. Hier herrscht die Sorge, die eigene Bilanz durch die Aufnahme einer nicht präzise kalkulierbaren Gülle zu belasten.
Denn die ist zwar ein nachhaltiger Volldünger, weist aber als Naturprodukt teils deutliche Gehaltsschwankungen auf. Auch regelmäßige Beprobungen liefern nur bedingt zuverlässige Werte, da im NIRS-Verfahren Messtoleranzen von bis zu 20% möglich sind.
Verschärft wird das Problem durch die Kürzung der anrechenbaren Ausbringverluste. Ohne diesen Puffer kann eine knapp kalkulierte Düngung mit Gülle schnell Ernteeinbußen bedeuten. „Die wiederum zu einem geringen Nährstoffentzug und damit zu einem fallenden Nährstoffbedarf im kommenden Jahr führen. Da setzt eine Abwärtsspirale ein“, befürchtet Stefan Klaus.
Probleme in der Kette lösen
Der Schweinehalter rechnet damit, dass sich die Gülle-Problematik kurzfristig weiter verschärfen wird. Aus diesem Grund führt er selbst in allen Produktionsbereichen Futterversuche mit stark N- und P-reduzierten Rationen durch. „Die Optimierung hat aber Grenzen, weil beispielsweise phosphorarme Energieträger in der Mast irgendwann zu teuer werden“, so Klaus.
Für ihn ist deshalb klar, dass er für eine bessere Nährstoffeffizienz seine Leistungen von 860 g Tageszunahmen und einer Futterverwertung von 1:2,7 weiter verbessern muss. Zudem setzt er darauf, über Programme wie die Initiative Tierwohl seinen Bestand und damit auch den Nährstoffanfall zu reduzieren.
Weil Klaus bewusst ist, welche Auswirkungen die neue Düngeverordnung nicht nur für seinen Betrieb, sondern für die gesamte Branche haben kann und ihm zuhause Familie und Mitarbeiter den nötigen Freiraum verschaffen, engagiert er sich sehr stark für das Thema. Neben Vorträgen in den Aufnehmerregionen ist er an verschiedenen Forschungsprojekten beteiligt. Darunter auch der aus seiner Sicht sehr vielversprechende Ansatz der Güllekompostierung. „Egal wie die Lösung aber nachher aussieht, es müssen alle in der Kette mitziehen“, so der Appell des Unternehmers.
Fazit
Stefan Klaus gibt pro Jahr rund 10500 m3 Gülle ab. Er profitiert dabei von einem Netzwerk aus Aufnehmerbetrieben, Transporteuren und Futterwerken. Seine Gülle macht er durch verschiedene Managementmaßnahmen attraktiv und transportfähig.
Aus Klaus Sicht wird die zum Teil praxisferne Reform des Düngerechts die Kreislaufwirtschaft eher stören als fördern. Er hofft, dass die Branche gemeinsam darauf eine Lösung findet.