Landwirte dürfen ihre Ferkel künftig selbst in Narkose legen – allerdings nur mit Sachkundenachweis. Acht Fragen an Dr. Nora Hammer, Bundesverband Rind und Schwein e. V. (BRS).
Sachkundige Sauenhalter dürfen künftig die Isoflurannarkose bei den Ferkeln anwenden. Was ist hierfür die gesetzliche Grundlage?
Hammer: Der Bundesrat hat im September eine vom BMEL vorgelegte entsprechende Verordnung beschlossen. Die Verordnung mit dem sperrigen Titel Ferkelbetäubungs-Sachkundeverordnung (FerkBetSachkV) durchläuft derzeit in Brüssel das Notifizierungsverfahren. Diese Verordnung legt die zeitlichen und inhaltlichen Grundlagen für den Sachkundenachweis fest. So müssen z.B. die Bewerber mindestens 18 Jahre alt sein und eine Ausbildung absolviert haben bzw. eine zweijährige Tätigkeit in der Ferkelerzeugung nachweisen können.
Wer bietet künftig die Sachkundeschulungen an?
Hammer: Theoretisch kann sich jede Bildungseinrichtung oder sogar die Hersteller von Narkosegeräten entsprechende Schulungen anerkennen lassen. Auch die Landwirtschaftskammern und Schweinegesundheitsdienste sind dabei, solche Konzepte zu entwickeln. Sie werden für viele vermutlich die erste Anlaufstelle sein.
Welche Behörde zertifiziert das Fortbildungsangebot?
Hammer: Zuständig für die Anerkennung der Schulungen werden vermutlich die den Veterinärämtern übergeordneten Behörden, beispielsweise in NRW das Landesamt für Natur-, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV), sein.
Was wird in den Schulungen vermittelt?
Hammer: Es wird einen theoretischen Teil unter anderem zur Anatomie der Tiere und eine Demonstration der Betäubung geben. Dafür sind mindestens zwölf Stunden mit anschließender mündlicher und schriftlicher Prüfung vorgesehen. Danach folgt ein zeitlich nicht definierter Praxisteil und eine praktische Prüfung. Die Sachkunde-VO schreibt die Anwesenheit eines „neutralen und unabhängigen“ Tierarztes vor. Der BRS e. V. würde es begrüßen, wenn sich die Länder auf ein einheitliches Schulungskonzept und Kursgebühren verständigen, um Lehrgangstourismus zu vermeiden.
Dürfen sachkundige Personen auch auf Nachbarbetrieben betäuben?
Hammer: Ja, das ist möglich und eröffnet gerade kleinen Betrieben die Möglichkeit, dieses Verfahren unter Einhaltung penibler Seuchenvorsorge für sich zu nutzen. Allerdings darf die sachkundige Person keine Arzneimittel mitführen. Das Isofluran-haltige Tierarzneimittel kann nur vom jeweils betreuenden Hoftierarzt abgegeben werden.
Welche Geräte dürfen für die Narkose verwendet werden?
Hammer: Die Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) ist mit der Zertifizierung der Geräte beauftragt. Dabei wird geprüft, ob die Geräte die Anforderungen an den Tier-, Umwelt- und Arbeitsschutz sowie die automatische Dokumentation erfüllen. Es ist die Rede von fünf Herstellern und sechs Geräten. Diese sind mit Aktivkohlefiltern ausgestattet und können die Narkosen manipulationssicher aufzeichnen.
Wie teuer sind diese Geräte?
Hammer: Die Kosten für die Neugeräte werden je nach Fixierungsplätzen zwischen 3500 und 10000 € diskutiert. Es wird ein 60%iger Zuschuss auf zertifizierte Neugeräte in Aussicht gestellt. Die Abwicklung der Investitionsförderung beim Gerätekauf erfolgt über die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE).
Was ist mit den Altgeräten?
Hammer: Laut Verordnung dürfen Altgeräte weiter genutzt werden. Allerdings muss die erforderliche Dokumentation durch die sachkundige Person erfolgen. Das ist sehr aufwendig. Vor dem Hintergrund der angedachten finanziellen Unterstützung ist deshalb zu prüfen, ob ein Neukauf nicht doch lohnt.