Die Messe EuroTier öffnet wieder ihre Tore. Wer hinfährt, erlebt neue Branchentrends und spannende Diskussionen zu den zahlreichen Brennpunktthemen.
Michael Werning, SUS
Auch in Zeiten, wo jeder die aktuellsten Nachrichten direkt auf das Smartphone geschickt bekommt, ist die EuroTier als Informationsplattform nicht wegzudenken. Deshalb werden vom 13. bis 16. November wieder Hunderte von Unternehmen mit ihren Ständen die Messehallen in Hannover füllen, um Ihnen aktuelle Produkte und Neuheiten vorzustellen.
Dass die Messe mit dieser Resonanz auch international weiter an Strahlkraft gewinnt, macht der Anteil ausländischer Aussteller deutlich. Von den insgesamt 2526 Unternehmen haben 1484 ihren Sitz im Ausland.
Aktiv mitdiskutieren
Als etablierter Bestandteil des Messeprogramms können Sie wieder an zahlreichen Foren, Specials und Diskus-sionsrunden teilnehmen. Angesichts der Uneinigkeit, die auf politischer Ebene zu verschiedenen Themen herrscht, ist es umso wichtiger, dass die Branche mit einer starken Stimme spricht. Nutzen Sie deshalb die Messe, um sich mit Ihren Berufskollegen und den Experten auszutauschen.
Als Aufhänger erwarten Sie unter anderem Vorträge zum aktuellen Stand der Kastrations-Debatte, zur weiteren Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest in Europa sowie zu den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen in den Bereichen Stallbau, Tiergesundheit, Fütterung und Zucht. Auch die aktuelle Situation am globalen Schweinemarkt und die Vermarktung im Spannungsfeld zwischen Tierwohl und Wirtschaftlichkeit werden be-leuchtet.
Digital in die Zukunft
Einen besonderen Stellenwert in den Vortragsreihen genießt in diesem Jahr das Thema Digitalisierung. Sie hält auch in der Tierhaltung immer stärker Einzug, weshalb es ein EuroTier-Special „Digital Animal Farming“ geben wird. Dort können Sie sich darüber informieren, wie intelligente Fütterungssysteme wertvolle Informationen zur Tiergesundheit erfassen oder wie die elektronische Einzeltierkennzeichnung Ihnen bei der Dokumentierung von Behandlungen hilft.
Dabei sollen Sie nicht den Eindruck bekommen, im Anschluss daran sofort jedes Blatt Papier aus ihren Ställen verbannen zu müssen. Werfen Sie aber einen intensiven Blick auf die vielen kleinen, einfachen digitalen Helferlein, die Sie beispielsweise im Hintergrund bei der Klimaführung oder der Anpassung von Futterkurven unterstützen. Außerdem gibt es Möglichkeiten, verschiedene Dokumentationsprozesse im Betrieb zu automatisieren, indem Futter oder Sperma per App bestellt wird.
Neue Stallkonzepte
Bereits auf der letzten EuroTier warteten etliche Stalltechnikanbieter mit Bewegungsbuchten für den Abferkelbereich auf. Die ersten umfangreichen Langzeitversuche haben gezeigt, dass es nicht mit größeren Flächen und einer kurzzeitigen Fixierung getan ist. Daher können Sie sich auf der Messe neue Ansätze zur Strukturierung der Abferkelbox anschauen, mit denen vor allem die Problemstellungen Saugferkelverluste und Arbeitssicherheit angegangen werden sollen.
In der Aufzucht und Mast drehen sich die Neuheiten um alternative Haltungsverfahren in bestehenden Stallhüllen bzw. Betriebsabläufen. Eine große Herausforderung stellt das Angebot von langfaserigen, organischen Beschäftigungsmaterialien wie Stroh oder Heu dar. Hier haben mehrere Hersteller den Blick zur Milchviehhaltung gewagt und setzen bei der Erledigung zeitaufwendiger Arbeiten wie dem Einstreuen der Liegeflächen und der Entmistung des Kotbereiches verstärkt auf Robotik.
Dem Konfliktpotenzial zwischen den Stallkonzepten mit geschlossener Buchtenfläche bzw. Außenklimareiz und dem Emissionsschutz will man durch die möglichst frühe Trennung von Kot und Harn begegnen. Außerdem zeigen neue Stallbauprojekte auf, wie wichtig die richtige Klimaführung und Fütterung für eine erfolgreiche Strohhaltung von Schweinen sind.
Futterzusätze bringen Vorteil
Ein Dauerbrenner im Futtersektor ist die Versorgung abgesetzter Ferkel. Die jungen Tiere sind zu diesem Zeitpunkt besonders anfällig für E. Coli, Clostridien und andere Krankheitserreger. Klinische Symptome wie starker Durchfall ziehen dann häufig eine Behandlung mit hoch dosiertem Zinkoxid oder Antibiotika nach sich.
Weil Sie auf beides nur im absoluten Notfall zugreifen wollen, sollten Sie sich die verschiedenen Strategien für die Verbesserung der Darmgesundheit anschauen. Allen voran vom Einsatz mittelkettiger Fettsäuren sowie diverser Kräuter, Öle und Extrakte versprechen sich die Futterhersteller viel.
Für die Fütterung der Mastschweine haben inzwischen alle Mischfutteranbieter stark bis sehr stark N- und P-reduzierte Futterkonzepte in ihr Programm aufgenommen. Hintergrund sind die Nährstoffüberschüsse insbesondere in viehdichten Regionen, die durch das neue Düngegesetz nochmals deutlich zugenommen haben.
In diesem Segment wurde zuletzt viel geforscht und in der Praxis getestet. Zu den Lösungsansätzen zählen dabei Wirkstoffkombinationen, die gezielt bei stark N- und P-reduzierter Fütterung die Verdaulichkeit der Nährstoffe steigern sollen. Außerdem haben mehrere Firmen neue Phytasen im Einsatz. Die sollen neben dem pflanzlichen Phosphor noch weitere Nährstoffe wie Aminosäuren, Calcium und Natrium in hohem Maße freisetzen. Gerade wenn Sie die Gülle auch überbetrieblich verwerten müssen, kann sich ein Blick auf die neuesten Futterkonzepte auf jeden Fall lohnen.
Zucht: Robustheit gefragt
Neben der Fütterung hat sicherlich der züchterische Fortschritt einen großen Anteil daran, dass immer höhere biologische Leistungen erreicht wurden. Doch die Ansprüche der Betriebe an die Zucht haben sich gewandelt. Im Zuge der öffentlichen Diskussionen um Tierwohl bzw. Tiergesundheit rücken Eigenschaften wie Vitalität, Fundamentqualität oder Schlachtbefunde in den Fokus. Die ersten Genetikunternehmen haben darauf reagiert und werden Ihnen gerne vorstellen, an welchen Stellen sie ihre Zuchtwertschätzung ergänzt haben.
Einen großen Schritt Richtung mehr Tiergesundheit hat die Schweinezucht durch die genomische Selektion gemacht. So gibt es mittlerweile Kreuzungslinien, die merklich widerstandsfähiger oder sogar resistent gegenüber verschiedenen Krankheitserregern wie E.coli oder PRRS sind.
Einen etwas kleineren Stellenwert haben zumindest aktuell noch Genetiken, die den Schwerpunkt auf die Fleischmarmorierung legen. Je stärker das Fleisch von feinen Fettäderchen durchzogen ist, desto aromatischer sein Geschmack. Insbesondere in der Labelproduktion oder Direktvermarktung lässt sich ein besonderer Fleischgeschmack sehr gut vermarkten.
Einige Besamungsstationen haben deshalb die ersten Eber aufgestallt, die einen besonders hohen intramuskulären Fettgehalt (IMF) vererben sollen. Wenn auch Sie in eine spezielle Vermarktungsschiene liefern oder zumindest überlegen, dies zu tun, dürfte dieser neue Zucht-Trend sehr interessant für Sie sein.
Wer darüber hinaus Dänen-Genetik im Stall hat, sollte die Messe nutzen, um Näheres über die Neustrukturierung der dänischen Zuchtorganisationen zu erfahren. Denn aus dem großen Zuchtverband haben sich mehrere Einzelunternehmen abgesplittet. Ihre bekannten Berater werden sicherlich vor Ort sein und Ihnen gerne die neuen Organisationsstrukturen vorstellen.
Zum Schluss
Auch wenn die aktuellen Herausforderungen regelrecht erdrückend wirken, die Schweinehaltung in Deutschland hat Zukunft. Doch dafür braucht es weiterhin Betriebe, die Innovationen und frischen Konzepten offen gegenüber stehen.
Die EuroTier bietet Ihnen die Möglichkeit, neue Eindrücke zu sammeln und mit Experten zu diskutieren. Und vielleicht kehren Sie anschließend mit neuen Impulsen für Ihre eigene Schweinehaltung heim.