Die Erzeugerpreise sind ruinös, trotzdem ist Schweinefleisch im Laden teuer wie nie zuvor. Offensichtlich schöpfen Lebensmittelketten und Schlachthöfe kräftig ab.
Fred Schnippe, SUS
Die eingebrochenen Erzeugererlöse sind das zentrale Thema der Schweinehalter. Im November gab die VEZG-Notierung nochmals nach und fiel mit 1,19 € auf einen historischen Tiefststand. Nur in der Dioxinkrise Anfang 2011 konnten die Fleischbetriebe ihre Schlachtschweine ähnlich billig einkaufen.
Real sind die Erzeugererlöse derzeit sogar noch stärker eingebrochen. Denn viele Abnehmer haben die Vorkosten angezogen und Zuschläge gestrichen. Hinzu kommen Maskenabzüge wegen Übergewichten aus dem Schweinestau.
Trotz massiv gesunkener Erzeugererlöse verharren die Verbraucherpreise für Schweinefleisch auf hohem Niveau. So zeigen monatlich aktualisierte Auswertungen der Agrarmarkt-Informationsgesellschaft (AMI) und der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE), dass die Verbraucherpreise für Fleisch vom Schwein bis zu diesem Sommer auf einen Höchststand von 7,20 €/kg anstiegen (Übersicht).
Die Verbraucherpreise basieren auf Daten der Gesellschaft für Konsumforschung, die u.a. um saisonale Einflüsse bereinigt sind. Die Teilstücke wurden anhand ihrer Marktrelevanz gewichtet.
Preisspanne auf Rekordniveau
Im Gegensatz zum Verbraucherpreis sind die Erzeugerpreise seit dem Frühjahr im Sinkflug. Der jüngste Berichtsmonat Oktober listet Erzeugererlöse von 1,30 €. Dieser Wert ist etwas höher als die jeweilige VEZG-Preisempfehlung, da die Statistik die amtlichen Notierungen und die Zuschläge berücksichtigt.
Fakt ist: Die Differenz zwischen den Erzeuger- und Verbraucherpreisen hat im Sommer einen Rekordwert von 5,70 € pro kg Schweinefleisch erreicht. Das ist ein Anstieg um mehr als 1 €/kg gegenüber den Vorjahren. Hier lag die Preisdifferenz meist um 4,50 €. Auch der leichte Rückgang der Ladenpreise im Herbst dieses Jahres hat wenig an der Preisspanne geändert, da die Erzeugererlöse noch stärker gefallen sind.
Lebensmittelhandel profitiert
Das Auseinanderdriften der Preise verkörpert die Übermacht des Lebensmittelhandels. Die großen LEH-Ketten schöpfen vermutlich das Gros der gestiegenen Verbraucherpreise für sich ab. Sie profitieren dabei vom geänderten Konsumverhalten. So sorgt der Corona-bedingte Wegfall der Gastronomie für ein starkes Umsatzplus an den Fleischtheken.
Gleichwohl nutzt der LEH weiterhin Fleisch intensiv für Lockangebote, aber zu höheren Preisen. So kosteten z.B. marinierte Schweinesteaks in der Aktion im Sommer 2019 im Mittel 3,68 €/kg. Dieses Jahr lag der mittlere Aktionspreis mit 4,26 €/kg deutlich höher.
Ein Teil der höheren Preisspanne dürfte auch im Schlachthof ankommen. So beziehen deutsche Schlachthöfe ihre Schweine derzeit im EU-Vergleich konkurrenzlos günstig. Allerdings verursachen die Schutzmaßnahmen für Corona etwas höhere Schlachtkosten.
Zu bedenken ist auch, dass die Kunden vermehrt stärker aufbereitete und damit teurere Fleischwaren kaufen. Laut AMI ist dieser Aspekt aber untergeordnet.