Stehen wir vor einer Konsumwende?

Wie lange bleibt das Preishoch? Warum schwächelt der Fleischkonsum? Kommt die Nutztierstrategie und wer finanziert sie? Ein Interview mit der ISN-Interessengemeinschaft.

Heinrich Niggemeyer, SUS

Die ASP wütet in Asien. Wie groß ist die Versorgungslücke?

Staack: In China gibt es weiter neue Fälle von Afrikanischer Schweinepest (ASP). Im September zählte die Volksrepublik 41% weniger Schweine als im Vorjahresmonat. Die Produktionseinbußen werden sich im vierten Quartal und in den ersten Monaten 2020 fortsetzen. Die Rabobank geht von einem Minus von 55% bis Jahresende aus. Hinzu kommen ASP-Fälle in Vietnam, Süd- und Nordkorea, den Philippinen und weiteren asiatischen Ländern.

Quaing: Im ersten Halbjahr 2019 waren die Schlachtzahlen in China noch recht hoch. Für 2020 wird dort jedoch ein Produktionsminus von 25% erwartet. Gleichzeitig ist in dem Land wegen des deutlich geringeren Angebotes und der hohen Verbraucherpreise der inländische Schweinefleischverzehr bereits um 10 bis 15% zurückgegangen. Dennoch bleibt eine enorme Versorgungslücke, die den Einfuhrbedarf weiter antreibt

Was heißt das für uns?

Quaing: Die Exportchancen nach China sind für uns so gut wie wohl noch nie zuvor. In den ersten acht Monaten des Jahres haben sie gegenüber 2018 um 46% zugenommen. Dieser Sog stützt die hiesigen Preise, denn die inländische Nachfrage ist spürbar rückläufig. Hätten wir den Export von Schweinefleisch nach Asien nicht, wären die Schweinepreise hierzulande deutlich niedriger.

Wie lange können wir von den guten Preisen profitieren?

Staack: Aufgrund der in China dargestellten Situation kommen wir wie auch andere zu der Einschätzung, dass es einige Jahre brauchen wird, um dort die Produktion wieder komplett hochzufahren. Wie lange unser Exportgeschäft profitiert, ist schwierig vorherzusagen. Weder die Versorgungslücke in Asien, noch den Markteinfluss der rasant wachsenden Bestände in Ländern wie den USA und Brasilien auf unser Exportgeschäft können wir genau abschätzen.

Quaing: Dennoch gehen wir davon aus, dass das Exportgeschäft auch mindestens in den nächsten ein bis zwei Jahren floriert und hohe Schweinepreise möglich sind. Voraussetzung ist aber, dass Deutschland von der ASP verschont bleibt. Denn im Seuschefall wären Marktverwerfungen unvermeidbar. Auch hier ist es schwer zu sagen, inwieweit es uns gelingen würde, den zu erwartenden Preisverfall gering zu halten. Zum einen hängt es davon ab, wie groß die Not dann noch in Asien ist und wie gut es uns gelingt, kurzfristig alternative Absatzkanäle zu erschließen. Zudem wird momentan daran gearbeitet, dass der chinesische Markt bei einem Schweinepestausbruch in Deutschland nicht sofort komplett dicht gemacht wird.

Wie bewerten Sie die Investitionen von Tönnies und Danish Crown in China?

Staack: Aus Sicht der Unternehmen kann ich den Schritt nachvollziehen. Sowohl Tönnies als auch Danish Crown wollen auf den internationalen Märkten agieren. Wenn mit deutschem Know-how Produktions- und Schlachtkapazitäten aufgebaut werden, schafft das Vertrauen. Dieses Engagement vor Ort kann sogar ein Brückenkopf sein und im besten Fall unsere Fleischexporte absichern.

Der inländische Fleischkonsum sinkt stetig. Stehen wir vor einer Konsumwende?

Quaing: Laut dem Gfk-Haushaltspanel sank von Januar bis September 2019 die Nachfrage nach Fleisch und Wurst um 3,6% im Vergleich zum Vorjahr. Die größten Verluste mit einem Minus von 8% verzeichnete das Schweinefleisch. Rückgänge haben wir bereits in den vergangenen zehn Jahren hinnehmen müssen. Doch...