Immer häufiger kaufen wachstumswillige Betriebe bestehende Ställe. Wann lohnt dies? Was ist bei der Finanzierung zu beachten?
Uwe Bintz, LWK Niedersachsen
Früher war die betriebliche Entwicklung oft mit einem Stallneubau verbunden. Doch dieser Schritt steht für die meisten Schweinehalter nicht mehr zur Diskussion. Vielerorts liegen die Chancen auf eine Baugenehmigung bei Null oder die Auflagen zur Geruchsminderung oder zum Grundwasserschutz treiben die Baukosten in die Höhe. Aus dieser Gemengelage heraus fassen immer mehr Betriebsleiter den Kauf oder die Zupacht einer bestehenden Stallanlage ins Auge.
Größe entscheidend
Dabei trifft die steigende Nachfrage auf ein ebenso zunehmendes Angebot. Neben wirtschaftlichen Gründen führt häufig der Mangel an einem Nachfolger dazu, dass ein Stall oder gleich ein ganzer Betrieb zum Verkauf steht.
Tendenziell kommen deutlich mehr Mast- als Sauenställe auf dem Markt. Auch weil in der Vergangenheit viele Mastställe im Feld und nicht auf der Hofstelle gebaut wurden und damit die Abwicklung deutlich einfacher ist.
Die Vermittlung kleinerer Stallungen unter 500 Mastplätzen erfolgt häufig über die Erzeugergemeinschaft oder auf privater Ebene, beispielsweise unter Nachbarn und Bekannten. Selbiges gilt für kleinere Sauenställe, wo ein Käufer bzw. Pächter seine Jungsauenaufzucht ausgliedern oder niedertragende Sauen unterbringen möchte. Der meist kurze Anfahrtsweg gleicht dann die überschaubaren Stallplätze aus.
Anders verhält es sich bei größeren Anlagen. Diese werden in der Regel über einen Makler angeboten. Hier ist die Vermittlung einfacher, da auch Betriebe aus dem weiteren Umkreis Interesse zeigen. Insbesondere wenn mit der Pachtung oder dem Kauf eines Stallgebäudes kein Betreuungsvertrag mit dem Eigner auszuhandeln ist, gilt es mit spitzen Bleistift zu rechnen.
Fahrtkosten im Blick haben
Dabei müssen Kostenfaktoren wie die Fahrtzeiten, Betriebskosten der Fahrzeuge etc. berücksichtigt und im Verhältnis zur Stallkapazität gesetzt werden. Wird beispielsweise in 25 km Entfernung ein Pachtstall betrieben, muss für die tägliche Hin- und Rückfahrt rund eine Stunde Fahrtzeit eingeplant werden.
Fährt der Betriebsleiter selbst, ist die Stunde mit mindestens 25 € zu kalkulieren. Auf das Jahr gesehen kommen damit über 9000 € zusammen. Rechnet man noch die Fahrtkosten von rund 30 Cent pro gefahrenen Kilometer hinzu, werden jedes Jahr fast 14500 € auf der Straße „verbrannt“.
Nicht zu unterschätzen sind auch die Unterhaltungskosten. Diese sind bei einem Altgebäuden bei mindestens 2% des Kaufpreises anzusetzen, um bei notwendigen Reparaturen und Sanierungsmaßnahmen einen finanziellen Spielraum zu haben.
Güllefläche vorhanden?
Neben der Platzzahl spielt mittlerweile die Verwertung der Gülle eine elementare Rolle bei der Pacht oder dem Kauf eines Stalles. Reichen die Lagerkapazitäten aus, um die Gülle gezielt zur Frühjahrskampagne abgeben zu können? Betreibt der Verpächter noch Ackerbau und kann vielleicht die Gülle aufnehmen?
Je problemloser sich die Gülleverwertung darstellt, desto attraktiver wirkt das Gesamtpaket auf potenzielle Käufer. Denn während die Gülleabgabe in viehdichten Regionen vor wenigen Jahren bei circa 5 € pro m³ lag, werden hier aktuell in Kostenkalkulationen 15 € pro m³ veranschlagt. Ausgehend von einem Gülleanfall von 8,6 m³ pro Sau und Jahr (30 abgesetzte Ferkel) fällt mit 129 € je Sauenplatz rund ein Drittel des langjährig gemittelten Deckungsbeitrages von 480 € für die überbetriebliche Gülleverwertung weg!
Können zum Stall auch Flächenressourcen genutzt werden, ist der steuerliche Vorteil durch die Nutzung der Vieheinheiten nicht zu unterschätzen. So wird der monetäre Vorteil der pauschalierenden Besteuerung gegenüber der Gewerblichkeit mit rund 6 € pro Mastschwein und 55 € pro Sau beziffert.
Bank fordert Businessplan
Entscheidet sich ein Betrieb für den Kauf eines Stalles oder eines ganzen Hofes, muss in der Regel Fremdkapital beschafft werden. Die deutschen Banken stellen in einem solchen Fall annähernd dieselben Anforderungen wie bei einem Stallneubau. Der Agrarexperte der Bank schaut sich sehr genau die biologischen Leistungen und die wirtschaftlichen Kennzahlen in den letzten Jahresabschlüssen an.
Außerdem fordert jede seriöse Hausbank für die Risikoabschätzung einen Businessplan. Dieser hat auch für den Landwirt einen hohen Stellenwert. Denn darin werden alle Grenzkosten aufgelistet und es wird klar, welche biologischen Leistungen, Deckungsbeiträge oder Marktpreise für eine angemessene Rentabilität notwendig sind.
Auch wenn es der Kapitalgeber selten zwingend vorschreibt, ist dabei unbedingt eine Rücklagenbildung von ca. 150 € pro Sauen- und 25 € pro Mastplatz einzukalkulieren. Bei der Erstellung eines Businessplans hilft u.a. die Landwirtschaftskammer.
Angepasste Laufzeiten
Kommen Bank und Landwirt überein, gilt es die Finanzierungsbedingungen festzuzurren. Neben dem Zinssatz zählen die Darlehenslaufzeit bzw. die Abschreibungsdauer zu den wichtigsten Faktoren. Beim Neubau eines Stalles werden in der Regel Laufzeiten von 20 Jahren vereinbart. Beim Kauf eines Altstalles ist die Zeitspanne gemessen am Baujahr und Zustand des Objektes zu reduzieren.
Allerdings ist zu berücksichtigen, dass mit einer kurzen Laufzeit ein hoher Kapitaldienst verbunden ist. Insbesondere auf spezialisierten Schweinebetrieben kann es dadurch bei Preiseinbrüchen schnell zu Liquiditätsengpässen kommen.
Ein empfehlenswerter Finanzierungsweg ist die Kombination aus einem langfristigen Darlehen bei der Landwirtschaftlichen Rentenbank, welches 60 bis 80% der Investitionssumme abdeckt, und einem Hausbankdarlehen mit flexiblen Rahmenbedingungen. Dazu zählen beispielsweise die Sondertilgungen oder Tilgungsaussetzungen.
Um diese Finanzierungsinstrumente richtig und vor allem rechtzeitig einzusetzen, ist ein laufender Dialog zwischen Landwirt und Bank wichtig. Bei größeren Investitionen sind regelmäßige Betriebszweigauswertungen und Soll-Ist-Abgleiche fester Teil der Finanzierungsvereinbarung.
Fazit
Statt einen Stall neu zu bauen, setzen entwicklungswillige Betriebe immer häufiger auf den Kauf bestehender Ställe. Von Seiten der Fremdkapitalgeber gelten dabei annähernd die gleichen Anforderungen, wie bei einem Neubau. Eine immer größerere Rolle bei der wirtschaftlichen Bewertung des Vorhabens gewinnt die Gülleverwertung.
Ein Businessplan verschafft dem Landwirt einen Überblick über seine Grenzkosten und Rentabilitätskennzahlen. Berücksichtigt werden sollte dabei eine ausreichende Rücklagenbildung. Bei den Kreditbedingungen ist die Laufzeit individuell dem Gebäudezustand anzupassen.