Aromen können appetitanregend und beruhigend wirken, wenn die Tiere entsprechend auf den speziellen Geruch konditioniert werden.
Dr. med. vet. Kathrin Werth, MSc. agr. Henrike Torborg
Eine ausgewogene und bedarfsgerechte Fütterung ist in der Schweinehaltung unverzichtbar. Geruch und Geschmack des Futters entscheiden dabei maßgeblich, ob durch die Futteraufnahme eine ausreichende Zufuhr von Nährstoffen sichergestellt wird.
Um eine hohe und konstante Futteraufnahme zu unterstützen, wird das Futter häufig durch die Zugabe von Aromen schmackhaft und appetitanregend gestaltet. Gerade in der kritischen Phase des Absetzens sind vergleichsweise hohe Dosierungen an Aromastoffen üblich, um eine schnelle Akzeptanz zu erreichen.
Geruchs- und Geschmackssinn
Schweine verfügen über mehr Geruchsgene als die meisten anderen Säugetiere. Dies spiegelt wider, wie stark sie sich bei der Nahrungssuche auf ihren Geruchssinn verlassen. Über den Geschmack identifizieren die Tiere die Qualität des Futters. Süße Futterkomponenten gelten als Quelle für Kohlenhydrate, während der würzige Umami-Geschmack ein proteinreiches Futter anzeigt. Daneben werden saure und bittere Komponenten häufig als ein Hinweis auf unbekömmliches Futter gedeutet.
Geruch und Geschmack sind somit wichtige Kriterien in der Schweinefütterung. Aromen und Geschmacksverstärker verleihen dem Futter einen angenehmen Geruch und unterdrücken eventuelle Geschmacksfehler. Sie lassen das Futter immer gleich schmecken.
Wirtschaftlicher Nutzen ist aber nur von solchen Aromastoffen zu erwarten, die in ihrer Geschmacksrichtung dem natürlichen Vorbild, zum Beispiel Muttermilch, möglichst nahe kommen bzw. dem Futter eine geschmackliche Note verleihen, die beim Tier ankommen.
Die im Schweinefutter eingesetzten Produkte sind oft Kombinationen aus Süß- und Aromastoffen. Da sich die Geruchs- und Geschmackspräferenzen mit dem Alter verändern, bietet die Industrie mittlerweile für jede Lebensphase angepasste Geschmackslösungen an (Übersicht 1).
Phytogene Aromastoffe
Neben rein synthetischen Aromastoffen und Süßungsmitteln gewinnen in den letzten Jahren zunehmend auch phytogene Aromastoffe an Bedeutung. Hierzu zählen sowohl Gewürzpflanzen und Kräuter als auch einzelne Pflanzenteile und die daraus gewonnenen Extrakte.
Die enthaltenen sekundären Pflanzeninhaltsstoffe entfalten neben einer geschmacklichen und olfaktorischen Verbesserung des Futters eine physiologische Wirkung und unterstützen damit die Darmgesundheit oder das Immunsystem.
In der Literatur sind Effekte für Kräuter wie Fenchel, Anis, Knoblauch oder auch Zimt beschrieben. Die verschiedenen Inhaltsstoffe der Pflanzen wirken antimikrobiell und fördern die positiven Bakterien im Darm. Das natürliche Gleichgewicht des Mikrobioms bleibt erhalten und gleichzeitig wird das Futter schmackhafter.
Gute Erinnerungen
Aromen werden in der Schweinefütterung vielfach eingesetzt, um höhere Futteraufnahmen zu erzielen. Die Erkenntnis, dass sich ein Schwein an einen bestimmten Geruch oder Geschmack auch aus einer vorausgegangenen Lebensphase erinnert, wird zunehmend genutzt. Über diesen Weg sollen Angst und Aggressionen reduziert werden, um mögliche Leistungseinbußen während den kritischen Stressphasen auszugleichen.
In einem Versuch an der Hochschule Osnabrück bekamen Ferkel über die gesamte Aufzuchtphase ein Futter mit einem Frucht-Vanille-Aroma. Die Kontrollferkel wurden mit einem Futter ohne Aromazusatz gefüttert. Während der Aufzuchtphase traten keine signifikanten Effekte bei der Futteraufnahme und den Tageszunahmen auf.
Nach dem Umstallen in die Mast wurde über sieben Tage dem Futter das gleiche Aroma zugesetzt. Es konnte gezeigt werden, dass Schweine deutlich bessere Tageszunahmen zu Beginn der Mast erzielen konnten, wenn das Mastfutter mit demselben Aroma supplementiert wurde (Übersicht 2). Entscheidend waren offensichtlich auch eine entsprechend lange Gewöhnung, damit es zu einer Wiedererkennung kommt.
Neben der Umstallung zwischen Aufzucht- und Mastphase stellt das Absetzen eine kritische Phase in der Schweinehaltung dar. Durch die Stressbelastung im Zuge von Stallwechsel, Trennung von der Mutter und Umstellen auf festes Futter kommt es häufig zu einer verminderten Futteraufnahme und damit verbunden zu deutlichen Leistungseinbußen, die vielfach mit einer erhöhten Infektanfälligkeit einhergehen.
Frühe Prägung
Einen möglichen Ansatz, die Adaption an das Aufzuchtfutter und somit die Futteraufnahme nach dem Absetzen zu verbessern, bietet der Einsatz von geeigneten Aromen im Futter der tragenden und laktierenden Sau.
Es ist bekannt, dass sich vor allem phytogene Aromakomponenten aus der mütterlichen Ernährung im Fruchtwasser anreichern können. Durch Maulbewegungen und Aufnahme des Fruchtwassers kann der Fötus diese Stoffe wahrnehmen. Darüber hinaus wurde die Theorie beschrieben, dass die Aromen über die Plazentaschranke in den fetalen Blutkreislauf gelangen und dort durch die fetalen Nasenkapillaren wahrgenommen werden können.
Viele phytogene Substanzen können neben dem Eintrag ins Fruchtwasser über das Kolostrum und die Milch an die Jungtiere weitergegeben werden. Insgesamt lassen sich die Geschmackspräferenzen des Jungtieres frühzeitig beeinflussen. Da dieser Lernprozess passiv und in einem begrenzten Zeitfenster erfolgt, wird er in der Literatur häufig als Prägung (englisch imprinting) beschrieben.
Weniger Stress beim Absetzen
Die Prägung des Nachwuchses auf bestimmte Geschmackskomponenten konnte auch in Studien am Menschen gezeigt werden. Verzehrten Mütter in den letzten beiden Schwangerschaftswochen Nahrungsmittel mit Anisgeschmack, zeigten ihre Babys eine höhere Präferenz dafür als die Babys, die diesem Geschmack während der Schwangerschaft nicht ausgesetzt waren.
Auch bei Schweinen wurde diesbezüglich geforscht. In einer niederländischen Studie von Oostindjer und Kollegen wurde gezeigt, dass durch die pränatale Prägung der Geschmackspräferenzen das Stresslevel beim Absetzen deutlich abgesenkt werden kann. Dies spiegelte sich im Versuch sowohl in einem reduzierten stressbedingten Verhalten als auch in einem niedrigeren Cortisolspiegel der Tiere in der Versuchsgruppe wider.
Gleichzeitig begannen die Tiere der Versuchsgruppe deutlich früher mit der Futteraufnahme. Die durchschnittliche Futteraufnahme am dritten Tag nach dem Absetzen lag in der Gruppe mit Aroma bei 280 g/Tag, während sie in der Kontrollgruppe bei 220 g/Tag lag. Auch zeigten die Tiere der Versuchsgruppe weniger aggressives Verhalten gegenüber ihren Artgenossen.
Diese Beobachtungen hat eine weitere Untersuchung an der Hochschule Osnabrück bestätigt. Die Ferkel, die bereits während der Trächtigkeit und Laktation an die phytogenen Aromakomponenten gewöhnt wurden, zeigten gegenüber den nicht-adaptierten Ferkeln der Kontrollgruppe signifikant höhere Tageszunahmen während der ersten 14 Tage nach dem Absetzen (183 g vs. 227 g). Daneben wurden in der Versuchsgruppe deutlich weniger Tiere mit Ohrrandverletzungen beobachtet (Übersicht 3). Ein Grund könnte sein, dass Aromen dazu beitragen, das allgemeine Stresslevel auf einem niedrigeren Niveau zu halten.
Ausreichend lange Gaben
Damit die pränatale Gewöhnung an bestimmte Aromakomponenten während der Absetzphase positiv wirkt, müssen einige Aspekte berücksichtigt werden. Der vorgeburtliche Übertritt der chemischen Verbindungen muss gewährleistet sein. Zudem sollte gleichzeitig die Muttermilch als Übertragungsweg in Frage kommen. Nicht alle Aromen erfüllen diese Voraussetzungen.
Auch sollten die Aromen konstant Geruchsmoleküle in die Luft abgeben, denn diese müssen von den Tieren über die Rezeptoren in Nase und Mundhöhle wahrgenommen werden. Diese Fähigkeit darf durch das teils notwendige Pelletieren nicht zerstört werden.
Bei phytogenen Inhaltsstoffen spielen zudem die Sorte, das Anbaugebiet und die -bedingungen sowie das Aufbereitungsverfahren eine entscheidende Rolle für die Qualität. Ferner ist zu beachten, dass erst die ausreichend lange Gabe von Aromen im Futter dazu führt, dass sich die Tiere an den Geschmack erinnern. Es wird daher empfohlen, mindestens vierzehn Tage vor der Geburt mit der Supplementierung zu beginnen.
Bleibt festzuhalten, dass ein gleichbleibendes Aroma in den verschiedenen Futtern ein Wiedererkennungsmerkmal ist, mit dem die Schweine eine positive Erinnerung verknüpfen. Dabei geht es um mehr als das reine „Willkommensfutter“, was nach der Umstallung für wenige Tage gegeben wird. Ideal ist vielmehr die kontinuierliche Gabe über alle Lebensphasen, die zu besseren Wachstumsleistungen führen kann.