Bei N/P-reduziertem Futter hat die Gülle oft weniger Nährstoffe als berechnet. Unsere Umfrage zeigt große Probleme in der Praxis.
Fred Schnippe
Viele Schweinehalter haben in den letzten Jahren auf stark nährstoffreduzierte Rationen umgestellt. In diesen Betrieben zeigt sich gehäuft folgendes Phänomen: laut Nährstoffbilanz müssen noch Wirtschaftsdünger abgegeben werden, doch die Güllelager sind bereits leer!
Eine niedersächsische Untersuchung in einem Praxisbetrieb mit stark N/P-reduziertem Futter bestätigt dieses Phänomen. Denn hier hatte die Gülle deutlich weniger Nährstoffe als die Tabellenwerte ausweisen. In der Bilanzierung „fehlten“ bis zu 1,5 kg Stickstoff je Mastplatz und Jahr (siehe Beitrag SUS 4/19 ab Seite 24).
Mehr als 90 Rückmeldungen
SUS hat ihre Leser gefragt, ob sie ähnliche Erfahrungen gemacht haben. Binnen weniger Tage haben sich mehr als 90 Landwirte gemeldet. Die rege Teilnahme zeigt, wie groß das Problem ist.
Wobei große Abweichungen vorwiegend in der Mast aufzutreten scheinen. Denn gut 50% der Teilnehmer sind Mäster. Weitere 31% führen einen Kombibetrieb. Etwa 13% der Rückmeldungen stammen von Sauenhaltern.
Die teilnehmenden Betriebe haben ihre Fütterung bereits umfassend optimiert. So füttern gut 47% ihre Mastschweine stark Nährstoff-reduziert (siehe Übersicht 1). Weitere 31% setzen sogar eine sehr stark nährstoffreduzierte Fütterung um. Standardfutter legen nur noch gut 13% der teilnehmenden Schweinehalter vor.
Auch bei der jährlichen Nährstoffbilanz sind die Umfrageteilnehmer fortschrittlich. So fertigen 28% der teilnehmenden Landwirte eine individuelle Stallbilanz an. Dies soll sicherstellen, dass sich die N- und P-Absenkung im Futter auch in der Nährstoffbilanz widerspiegelt. Das Phänomen des „fehlenden“ Stickstoffs dürfte sich daher auf Betriebe fokussieren, die noch eine herkömmliche Nährstoffbilanz anfertigen. Doch einige Teilnehmer schildern, dass das Phänomen auch bei individuellen Stallbilanzen auftritt.
Interessant ist außerdem die Frage, um wie viel Kilogramm Stickstoff die Nährstoffbilanz von den tatsächlichen Werten in der Gülle abweicht. Mehr als 56% der Teilnehmer berichten über eine Abweichung von mehr als 1 kg Stickstoff pro Mastplatz und Jahr (siehe Übersicht 2). In weiteren 35% der Fälle fehlt bis zu 1 kg Stickstoff pro Tierplatz und Jahr. Nur 8,8% der Umfrage-Betriebe treten keine Abweichungen zur Nährstoffbilanz auf.
Frust bei Praktikern
Mehr als der Hälfte der Teilnehmer hat uns individuelle Kommentare gesendet. Dies unterstreicht die Bedeutung des Themas. Die Praktiker schildern ihren Frust mit der Unterdeckung in der Nährstoffbilanz. Viele Landwirte berichten von endlosen Diskussionen mit Beratern, Verbänden oder Behörden. Doch eine Lösung für das Problem mit den fehlenden Stickstoffmengen in der Nährstoffbilanz gibt es bisher nicht.
Notgedrungen düngen betroffene Betriebe weniger Wirtschaftsdünger und müssen dafür mehr mineralischen Dünger zukaufen. Einige Praktiker bringen weniger Wirtschaftsdünger aus und nehmen Mindererträge im Ackerbau in Kauf. Manche Betriebe sind sogar gezwungen, Tiere abzustocken.
Etliche Teilnehmer formulieren da- her den klaren Apell: Die Nährstoffbilanz muss auf den Prüfstand!
Ein wichtiger Ansatz scheint die Nährstoffabfuhr über den Schlachtkörper zu sein. Denn die Schweine sind in den letzten Jahren noch fleischreicher geworden. Mehr Fleisch heißt, mehr Protein- bzw. Stickstoffansatz.
Die letzten Zerlegeversuche zum Fleischansatz sind über 15 Jahre alt. Hier ist dringend nachzujustieren! Auch der um 10 Prozentpunkte gekappte Abzug für Stall- und Lagerverluste ist zu hinterfragen.