Rieke Ehlers hat die Marke „Holtumer Strohschwein“ aufgebaut und in den Sozialen Netzwerken bekannt gemacht. Nach dem Studium will sie im Ausland Erfahrungen sammeln.
Regina Imhäuser, SUS
Eigentlich wolltest Du gar nicht Landwirtin werden. Wie kam es doch dazu?
Stimmt, ursprünglich wollte ich in den medizinischen Bereich. Nach dem Abitur habe ich ein freiwilliges wissenschaftliches Jahr am Fraunhofer Institut in Hannover absolviert. Den vielen Kolleginnen aus der Stadt habe ich oft vom Dorf- und Hofleben vorgeschwärmt und Bilder gezeigt. Irgendwann meinte eine Kollegin, ob ich nicht lieber was mit Landwirtschaft machen möchte. Diese Frage war wie ein Augenöffner für mich.
Wie ging es dann weiter?
Ich habe mich entschlossen, Agrarwissenschaften in Kiel zu studieren. Als die Coronapandemie das gewohnte Uni-Leben radikal verändert hat, bin ich zurück in die Heimat. Neben dem Studium habe ich auf dem Hof mitgearbeitet, quasi ein Praktikum in jedem Bereich gemacht. Meine Eltern haben sich viel Zeit für mich genommen, mir viele Abläufe und Hintergründe genau erklärt. Sie unterstützen mich sehr, ohne mich in puncto Hofnachfolge unter Druck zu setzen.
Was konntest Du in dieser Zeit anstoßen?
Durch meinen Studienschwerpunkt Pflanzenwissenschaften haben wir im Ackerbau auf eine vielfältigere Fruchtfolge und mehr Zwischenfruchtanbau umgestellt. Mein Steckenpferd ist die Bodenfruchtbarkeit. Der Kreislauf „gesunder Boden, gesunde Pflanzen, gesunde Tiere und gesunde Menschen“ ist mir sehr wichtig. Außerdem habe ich das Social Media-Marketing bei Facebook, Instagram und TikTok und die Marke „Holtumer Strohschwein“ aufgebaut. Letztes Jahr konnten wir zwölf Strohschweine über den Hofladen vermarkten. Die Erfahrungen, die wir hier sammeln, sind sehr wertvoll. Die Direktvermarktung der Strohschweine ist kein Selbstläufer und gutes Marketing extrem wichtig.
Wo stehst Du heute und wo willst Du hin?
Aktuell schreibe ich meine Bachelorarbeit und jobbe nebenher in einer Marketingagentur, die auf die Agrarbranche spezialisiert ist. Nach dem Bachelor möchte ich eine gewisse Zeit im Ausland arbeiten. Am liebsten würde ich die ganze Welt sehen, starten werde ich mit einer Tour durch Europa. Bevor ich den Hof übernehme, möchte ich zudem noch woanders arbeiten. Meine Eltern sind jung. Ich kann mich also die nächsten Jahre auf meine fachliche und persönliche Entwicklung fokussieren.
Frauen sind in der Agrarwelt in der Minderheit. Wie gehst Du damit um?
Fragen wie „Übernimmt denn Dein Bruder den Hof“, Vorurteile, Nichtbeachtung oder den Stempel als Bürofachkraft kenne ich nur zu gut. Doch ich weiß, dass ich fachlich top ausgebildet bin und dass jeder Mensch ein großes Potenzial hat. Trotzdem erlaube ich es mir, Fehler zu machen und Fragen zu stellen. Das gehört zur Entwicklung dazu.