Influenzaviren sind häufig Auslöser von Atemwegs- und Fruchtbarkeitsproblemen. Dabei kann das Virus lange im Betrieb zirkulieren.
Dr. Claudia Lambrecht, Schweinegesundheitsdienst NRW
Influenzaviren sind in der Schweinepopulation weit verbreitet. Sie bereiten als Primärerreger von Atemwegsinfektionen große Probleme. Zudem führen insbesondere die Fruchtbarkeitsprobleme bei den Sauen zu wirtschaftlich großen Schäden.
So sind Aborte in allen Trächtigkeitsstadien möglich. Auch ein vermehrtes Umrauschen, kleine, lebensschwache Würfe, totgeborene Ferkel und Milchmangel können sich einstellen. Ursache für die Minderleistungen ist oft die erhöhte Körpertemperatur, die mit einer Influenza einhergeht.
Mittlerweile ganzjährig
- Übertragung: Der Erreger ist sehr ansteckend und wird über die stark virushaltigen Nasensekrete durch Husten und Niesen ausgeschieden. Die Übertragung von Influenzaviren erfolgt als Tröpfcheninfektion über die Luft oder durch direkten Kontakt.
Die Erstinfektion erfolgt oft über den Tierverkehr. Der Erreger verbleibt dann in der Herde und zirkuliert zwischen den Tiergruppen. Die Viren sind in den Beständen mittlerweile ganzjährig aktiv. Zwischen zwei Betrieben kann die Übertragung über die Luft über mehrere hundert Meter erfolgen. Dann kann es in Schweinebeständen einer Region zeitlich gehäuft zu denselben Krankheitsbildern kommen.
- Klinik: Die Inkubationszeit beträgt ein bis vier Tage. Typisch für den akuten Verlauf ist ein Krankheitsgeschehen, das große Teile eines Bestandes erfasst. Die Tiere haben bis zu 42,5°C Fieber, fressen nicht, zeigen eine erschwerte Atmung und Husten. Bei Sauen werden häufig Aborte, Umrauschen oder Milchmangel beobachtet. Doch auch Saug- und Absatzferkel können erkranken, wenn sie ungeschützt sind. Die Sterblichkeit bei Influenza ist eher gering. Häufig sind mittlerweile jedoch mildere Verläufe, bei denen das Virus lange im Betrieb zirkuliert.
Pandemische Influenza
- Subtypen: Die Influenzaviren werden anhand von Strukturen an ihrer Oberfläche in verschiedene Subtypen eingeteilt. Anhand der Kombination der beiden Proteine Hämagglutinin (H) und Neuraminidase (N) erfolgt die Bezeichnung des Virussubtyps.
Beim Schwein kommen aktuell vier Virussubtypen vor. Bereits seit vielen Jahren verbreitet sind die Subtypen H1N1 und H3N2 und seit 2000 hat sich in Deutschland der Typ H1N2 etabliert. Der sogenannte pandemische H1N1pan-Subtyp kommt seit 2010 vor. Er ist weltweit verbreitet und wurde ursprünglich als „Schweine- oder Mexikogrippe“ bezeichnet. Er wurde über infizierte Menschen in Schweinehaltungen eingetragen. Der Anteil dieses neuen Typs und weiterer Abkömmlinge davon liegt in Deutschland zurzeit bei 10 bis 15%.
Nasentupfer untersuchen
- Erregernachweis: Eine Diagnose allein anhand des Krankheitsbildes im Stall ist schwierig, da Husten, Niesen und Kurzatmigkeit auch als Symptome der Infektion mit den meisten anderen Atemwegserregern wie PRRSV, PCV2, APP und Mycoplasma hyopneumoniae auftreten.
Gut nachweisen lässt sich das Influenzavirus mit dem PCR-Verfahren in Nasentupfern frisch erkrankter Tiere mit Fieber, allerdings nur für etwa sieben Tage. Im Blut und auch in Abortmaterial findet man den Erreger nicht.
Ab etwa zwei Wochen nach der Infektion lassen sich Antikörper im Blut nachweisen. Dabei können die verschiedenen Subtypen unterschieden werden, was für die Auswahl des Impfstoffs wichtig ist. Die Antikörper nach einer Impfung können allerdings nicht von Infektionsantikörpern unterschieden werden.
- Begleiterreger: Da weitere virale und/oder bakterielle Begleiterreger häufig das Krankheitsbild erschweren, sollte immer eine umfassende Diagnostik erfolgen um auch diese zu ermitteln. Die Untersuchung von Sektionstieren ermöglicht gleichzeitig die Untersuchung der Lunge und den Nachweis weiterer Erreger. Als Untersuchungsmaterial für den Virusnachweis eignen sich außerdem Lungenspül- und aus Kaustricken gewonnene Speichelproben.
Zur Vorbeugung impfen
- Behandlung: Antibiotika wirken gegen die bakteriellen Sekundärinfektionen, jedoch nicht gegen das Virus selbst. Fiebersenkende und entzündungshemmende Mittel können helfen, die per Injektion oder oral verabreicht werden.
- Impfung: Zur Vorbeugung stehen aktuell für das Schwein zwei Impfstoffe zur Verfügung. Der eine, bereits länger auf dem Markt befindliche Impfstoff, deckt die älteren Subtypen H1N1, H3N2 und H1N2 ab. Der zweite, jüngere Impfstoff, ist gegen den pandemischen Typ H1N1pan gerichtet. Nach der Impfung bilden sich Antikörper, die sich an die Proteine auf der Virusoberfläche binden und so die Anhaftung an Atemwegszellen blockieren.
In schweinedichten Regionen ist die Impfung der Sauen gegen Influenza zu empfehlen. Zunächst ist eine Grundimmunisierung erforderlich. Das weitere Impfschema sollte mit dem Hoftierarzt abgesprochen werden.
In manchen Fällen kann auch eine Impfung der Ferkel oder Mastschweine sinnvoll sein. Sie sollte zwei Wochen vor Beginn der Krankheitserscheinungen abgeschlossen sein. Bei Ferkelimpfungen bis zur zehnten Lebenswoche können allerdings maternale Antikörper die Ausbildung des Impfschutzes negativ beeinflussen. Daher muss der Impfzeitpunkt genau mit dem Tierarzt abgesprochen werden. Auch Impfungen gegen Begleiterreger können eventuell sinnvoll sein.
Übertragbar auf Mensch
- Virusreservoir: Influenza tritt nicht nur beim Schwein, sondern auch bei Geflügel und Mensch auf. Dabei fungiert das Schwein wie ein Schmelztiegel, in dem sich neue Influenzavirustypen bilden können, da es sich gleichzeitig mit Grippeviren des Schweines, des Geflügels und des Menschen anstecken kann.
Wegen der starken Veränderbarkeit der Grippeviren wird beim Menschen mit jährlich aktualisierten Impfstoffen reagiert. Eine laufende Aktualisierung von Impfstoffen ist beim Schwein wegen aufwendiger Zulassungsverfahren nicht möglich. Dieses muss im Gegensatz zum Humanbereich für jede Anpassung neu durchlaufen werden.
- Vorsichtsmaßnahmen: Um die gegenseitige Übertragung von Mensch auf Schwein und umgekehrt zu verhindern, sollten Personen mit Grippesymptomen den Kontakt zu Schweinen vermeiden bzw. auf ein Minimum beschränken.
Zusätzlich sind das Tragen einer Hygienemaske bei der Stallarbeit sowie das Hände waschen vor und nach den Arbeiten zu empfehlen. Ferner sollten sich die im Schweinestall arbeitenden Personen jährlich gegen die saisonale Grippe impfen lassen.