In einem Sauenbetrieb löste ein neuer PRRS-Virustyp schwere klinische Symptome aus. Jetzt wird mit einer hohen Betriebshygiene und früher Ferkelimpfung gegengesteuert.
Dr. Johannes Veit, Tierarztpraxis Gleinstätten, Österreich
Der betroffene Ferkelerzeuger zählt zu den Spitzenbetrieben in Österreich. Bereits seit Jahren werden mit 600 DanBred-Sauen im geteilten Fünf-Wochenrhythmus fast 33 Ferkel pro Sau und Jahr abgesetzt. Allerdings hat der Betrieb auch seit mehr als zehn Jahren einen PRRS-positiv-Status inne und muss impfen.
Am Anfang wurde zweimal jährlich eine EU-Lebendvakzine geimpft. Im Jahr 2013 wurde das Intervall auf vier Monate verkürzt, um den Bestand stabil zu halten. Zwei Jahre später folgte die Umstellung auf den 6/60-Impfmodus. Das heißt, die Sauen werden am sechsten Tag der Laktation und am 60. Tag der Trächtigkeit geimpft.
Trotz dieser stetigen Anpassung des Impfmanagements und einem hohen Hygienestandard im Betrieb kam es plötzlich zu verstärktem Auftreten klinischer Symptome.
ACRO-Stamm schlägt ein
Die Spätaborte ab dem 105. Tag der Trächtigkeit sowie die vermehrten Geburten kleiner und lebensschwacher Ferkel konnten relativ schnell dem ACRO-Stamm zugeordnet werden. Im Bereich der Sequenzreaktion ergab sich eine 100%ige Homologie zum St. Pöltner PRRSV-Isolat (AUT 15-33). Dieser Virustyp trat zuvor bei zahlreichen anderen Ferkelerzeugern in der österreichischen Steiermark auf und sorgte für massive klinische Symptome und hohe Verluste.
Der Ferkelerzeugerbetrieb hielt zunächst am ohnehin eng gestrickten Impfschemata fest. Auf die Ferkelimpfung wurde weiter verzichtet. Zu diesem Zeitpunkt wurden bei den Jungtieren keine Auffälligkeiten registriert und es stand kein geeigneter Impfstoff zur Verfügung.
Ungefähr ein halbes Jahr später kamen allerdings schwerwiegende Gesundheitsprobleme in der Aufzucht hinzu. Die Ferkel litten zwei Wochen nach dem Absetzen unter Bindehautentzündungen, Augenausfluss und Gehirnhautentzündungen infolge von Streptococcus suis-Infektionen, Gelenkentzündungen, Pneumonie mit Dyspnoe und Husten sowie Ödemkrankheit. Zudem wiesen einige Jungtiere verkürzte und verformte Oberkiefer auf. Diese führten zu Rhinitis atrophicans (Schnüffelkrankheit) als Verdachtsdiagnose. Die Mortalität in der Aufzucht stieg auf bis zu 30% an.
Auf dem Höhepunkt der Krankheitswelle traten bei den Saugferkeln im Abferkelstall respiratorische Symptome auf. Die äußerten sich zunächst als Niesen und gingen dann in Husten über. Zudem wurden in den Würfen überproportional viele kleine und lebensschwache Ferkel gezählt.
Antikörper nachgewiesen
Zur erneuten Bestimmung des PRRS-Status wurden 20 Blutproben von Saugferkeln vor der Impfung der Muttersau am sechsten Laktationstag und jeweils 15 Blutproben von Aufzuchtferkeln im Alter von sechs und neun Wochen gezogen. Diese Blutproben wurden in Pools von jeweils fünf Proben mittels PCR (Polymerase Chain Reaction) untersucht. Zusätzlich wurden zehn Blutproben von neun Wochen alten Ferkeln auf PRRS-Antikörper untersucht. Die Saugferkel-Pools wurden mittels PCR auch auf PCV2 überprüft. Hier die Ergebnisse:
- Der PCR-Check für PRRS und PCV2 fiel für die Saugferkel negativ aus.
- Die PRRS-Kontrolle mittels PCR bei den sechs bzw. neun Wochen alten Ferkeln aus der Aufzucht lieferte ein positives Ergebnis.
- Acht der zehn PRRS-Antikörpertests bei den Aufzuchtferkeln waren ebenfalls positiv.
Die Tests belegten eine Feldviruszirkulation in der Aufzucht. Es war von einem instabilen PRRS-positiv-Status auszugehen. Die Sequenzierung von ORF-7 ergab eine 95%ige Homologie mit einem dänischen Isolat.
Sektion brachte Gewissheit
Parallel zum PCR-Nachweis und den Antikörpertests wurden Läufer im Alter von sechs bzw. neun Wochen zur Untersuchung an die Vetmeduni Wien überwiesen. Die bei der pathologischen Untersuchung festgestellten Veränderungen der Nasen bzw. der Nasenmuscheln erhärteten den Verdacht auf Schnüffelkrankheit. Die Lungenveränderungen erinnerten an PRRS-typische Läsionen, wobei bei drei von fünf Tieren krankhafte Lungenareale festgestellt wurden, die auf eine Infektion mit Mykoplasmen schließen ließen.
Während die PCV2-PCR aus den Lymphknoten bei allen Tieren negativ verlief, waren Organpools aus Lunge, Lungenlymphknoten und Tonsillen bei der PCR auf PRRSV positiv. Die Sequenzanalyse von ORF-7 ergab wiederum eine 98%ige Übereinstimmung mit dem AUT 15-33.
Die bakteriologischen Nachweise reichten von Staphylococcus aureus, Hämophilus parasuis, Streptococcus suis, Mycoplasma hyorhinis bis hin zu Pasteurella multocida. Der Nachweis von Dermonekrotoxin war negativ.
Betriebshygiene verbessert
Um die PRRS-Zirkulation im Betrieb einzudämmen, wurden eine ganze Reihe von Maßnahmen ergriffen:
- Betriebsinterne und -externe Bereiche sind durch Absperrungen, Warnschilder etc. stärker getrennt worden;
- beim Wurfausgleich werden nur noch überzählige Ferkel versetzt;
- die Eingriffe an den Ferkeln sind auf ein Minimum beschränkt worden;
- kranke Ferkel werden nicht versetzt;
- nach jedem Wurf Nadeln wechseln;
- die Sauen und Ferkel einer Gruppe werden gleichzeitig abgesetzt. Es gilt ein striktes Rein-Raus-Prinzip;
- die Anlieferungstermine der Jungsauen aus der Quarantäne sind auf viermal jährlich reduziert worden;
- die Grundimmunisierung (GI) der Sauenherde wurde durch die zweimalige Verabreichung eines Lebendimpfstoffes erneuert. Nach der GI wird der Bestand seither alle drei Monate mit einer PRRS-Lebendvakzine geimpft.
- Der Betrieb ging dazu über, die Ferkel in das PRRS-Impfprogramm zu integrieren.
Ferkelimpfung eingeführt
Dabei wird ein Impfstoff eingesetzt, der den Tieren bereits in der ersten Lebenswoche geimpft werden darf. Das bringt nicht nur im Zusammenhang mit dem ACRO-Stamm deutliche Vorteile. Denn durch den frühen Impftermin bauen die Ferkel bis zum Absetzen einen belastbaren Impfschutz gegenüber PRRS auf. Außerdem kann die Impfung mit anderen Behandlungsmaßnahmen kombiniert werden.
Im betroffenen Betrieb wurde die Feldviruslast durch die Ferkelimpfung und die konsequente Umsetzung der Hygienemaßnahmen deutlich gesenkt. In der Folge stiegen die Zunahmen in der Aufzucht wieder an; in der Abferkelung wurden weniger Kümmerer festgestellt. Atemnot, Pneumonien sowie Sekundärinfektionen mit Streptokokken treten ebenfalls seltener auf, die Mortalität liegt mittlerweile bei unter 1,5%. Der Medikamenteneinsatz in der Aufzucht beschränkt sich nur noch auf die Absetzphase.