Schadgase drücken die Leistung und erhöhen die Infektanfälligkeit. Praktische Tipps für eine bessere Luftqualität.
Fred Schnippe
Ammoniak gehört zu den wichtigsten Schadgasen im Schweinestall. Das stechend riechende und giftige Gas mit der Formel NH3 reizt die Atemwege und Augen. Ist der Ammoniakgehalt längere Zeit erhöht, sind Leistungsdepressionen und eine erhöhte Krankheitsanfälligkeit vorprogrammiert.
Ammoniak entsteht vor allem, wenn Kot und Harn zusammentreffen und das Enzym Urease diese abbaut. Verschmutzte Stallböden oder hohe Temperaturen fördern den Prozess.
Ammoniak entweicht auch aus dem Güllelager, weshalb die Baubehörden oft eine Abdeckung fordern. Für die Nachrüstung gibt es meist Fördergeld.
Grenzwert bei 20 ppm
Um die Tiere zu schützen, hat der Gesetzgeber einen Höchstwert für Schweine von 20 ppm für Ammoniak verankert. Das entspricht 20 ml NH3 pro Kubikmeter Stallluft. Dieser Grenzwert darf nicht dauerhaft überschritten werden. Die Einhaltung dieses Wertes wird in Kontrollen durch das Veterinäramt teils mit überprüft.
Allerdings bieten diese Kontrollen nur eine Momentaufnahme mit begrenzter Aussagekraft. So kann die Luftqualität z.B. durch eine erhöhte Aktivität der Tiere oder ungünstige Witterungsverhältnisse für einen begrenzten Zeitraum verschlechtert sein.
In diesem Fall ist es sinnvoll, den Ammoniakgehalt durch eine Langzeitmessung zu bewerten. Hierbei wird die Luft in einem festgelegten Rhythmus beprobt. Die Ergebnisse werden im Datenlogger gespeichert und können gesammelt ausgelesen werden.
Im Tierbereich messen
Wichtig ist, dass die Messung auf Tierhöhe erfolgt. Der Sensor sollte zudem nicht in der Kotecke oder Nähe des Trogs angeordnet sein. Denn nur so erhält man realistische Ergebnisse.
Für die Langzeitmessung im Tierbereich gibt es zwei Gerätetypen:
- Messeinheit, Datenlogger und Ansaugpunkt für die Luft befinden sich in einem Gerät. Ein Drahtkäfig schützt es vor Beschädigungen.
- Messeinheit und Datenlogger befinden sich in einem abgeschirmten Schrank im Abteil. Die Luft wird über einen Schlauch aus dem Tierbereich zugeführt. Ein perforiertes Rohr schützt den Luftschlauch vor den Tieren.
Um die Konzentration von Ammoniak besser beurteilen zu können, hat der Erzeugerring Westfalen über dreieinhalb Jahre Langzeitmessungen in Mitgliedsbetrieben durchgeführt. Hier die wichtigsten Ergebnisse:
- Die Messwerte schwanken je nach Tageszeit, Jahreszeit und Betrieb.
- Die niedrigsten NH3-Werte finden sich im Sauenbereich. Im Deckzentrum lag die mittlere Ammoniakkonzentration bei 6 ppm. Selbst die Maximalwerte lagen mit 13 ppm deutlich unter dem Grenzwert (siehe Übersicht 1).
- In der Ferkelaufzucht und Mast werden höhere Werte gemessen. Meist bewegen sich die NH3-Gehalte unter dem 20 ppm-Grenzwert. Dieser lässt sich hier aber nicht immer einhalten.
- Die Luftrate bzw. Außentemperatur haben den größten Einfluss auf die Schadgaskonzentration. Im Sommer sind daher deutlich geringere Werte anzutreffen als im Winter.
- In einem Flatdeckstall konnte die Senkung der Abteiltemperatur um 2°C die NH3-Menge um 15 ppm mindern.
- In einem Praxisbetrieb mit Mast konnte die starke Proteinabsenkung die mittleren Ammoniakgehalte um bis zu 40% reduzieren (siehe Übersicht 2).
- Ein Mäster mit Offenstall konnte extrem niedrige NH3-Gehalte im Tierbereich von unter 5 ppm erzielen. Vorteil ist die geringere Stalltemperatur.
Futter ist Schlüsselfaktor
Wie sich die Ammoniak-Emissionen in der Schweinemast zusammensetzen, zeigt Übersicht 3. Knapp 66% der Freisetzung entstehen im Stall. Doch auch die Lagerung und Ausbringung der Gülle haben mit 22 bzw. 12% einen erheblichen Anteil an der Freisetzung des Schadgases.
Was können Schweinebetriebe tun, um ihren NH3-Ausstoß zu senken? Die LfL Grub in Bayern hat die verschiedenen Ansätze bewertet. Das klare Fazit: Die Fütterung bietet den größten und kostengünstigsten Hebel.
Die wichtigste Maßnahme ist die Absenkung des Rohproteingehaltes bei gleichzeitiger Ergänzung freier Aminosäuren. Durch die geringeren Rohprotein- bzw. N-Gehalte im Futter scheidet das Tier bei konstantem Fleischansatz weniger Stickstoff aus. Denn der N-Gehalt im Kot und somit die Ausscheidung über den Kot ist konstant. Das heißt: Die Harn-N-Ausscheidung sinkt überproportional.
Da der Harnstoff das größte Verlustpotenzial aufweist, können die Ammoniakemissionen stark reduziert werden. Die Auswertung vielfältiger Studien belegt: Eine Absenkung um 1% Rohprotein vermindert den NH3-Anfall um 10 bis 11%!
Weiteres Plus der Eiweiß-Absenkung ist das gute Kosten-Nutzen-Verhältnis (siehe Übersicht 4). So stehen moderaten Mehrkosten beim Futter merkliche Einsparungen bei den Güllekosten gegenüber. Denn eine Protein-Absenkung um einen Prozentpunkt bzw. 10 g je kg Futter kann den Gülleanfall im Mittel um mehr als 5% senken.
Die positive Wirkung moderner Rationen lässt sich verstärken, wenn der Betrieb mehr faserhaltige Futtermittel einsetzt. So bewirkt eine Erhöhung des Anteils an Nicht-Stärke-Polysacchariden (NSP) eine bessere mikrobielle Aktivität im Dickdarm. Dies führt zur Verschiebung der N-Ausscheidung vom Harn zum Kot. Dadurch sinken die Ammoniak-Emissionen spürbar. Dieser Effekt ist jedoch bei rohproteinarmen Rationen deutlich geringer als bei rohproteinreichen.
Positiv wirkt sich auch der Zusatz von Benzoesäure im Futter aus. Denn bei einprozentigem Einsatz sinkt der Harn-pH-Wert um 1 bis 1,2 Einheiten. Das bremst das Enzym Urease, wodurch weniger Ammoniak aus der Gülle freigesetzt wird. Bei einer nährstoffangepassten Fütterung und hoher Futterverwertung ist das Minderungspotenzial von Benzoesäure allerdings begrenzt.
Weniger NH3 in die Umwelt
Neben der Fütterung gibt es eine Reihe technischer Lösungen zur Senkung des Ammoniakausstoßes. Besonders effektiv sind die bodennahe Ausbringung und rasche Einarbeitung der Gülle. Hierdurch lassen sich die Ammoniakverluste auf dem Feld im Vergleich zur Breitverteilung und späteren Einarbeitung um mehr als 75% senken. Hocheffizient ist zudem eine dichte Abdeckung des Güllebehälters. Diese kann die Ammoniakverluste im Lager um bis zu 90% reduzieren.
Weitere technische Lösungen zielen darauf ab, den NH3-Ausstoß aus dem Stall zu minimieren. Der bekannteste Weg ist die Abluftreinigung. Wobei für das Filtern aufwendige Wäscher nötig sind. Biowäscher erzielen Reinigungsgerade von 70%. Für eine höhere Reinigungsleistung von 90% sind chemische Wäscher notwendig. Beide Systeme verursachen hohe Bau- und Betriebskosten. Die Abluftreinigung ist daher mit Gesamtkosten zwischen 16 und 38 € pro Mastplatz und Jahr eher ungünstig zu bewerten.
Neue Ställe entwickeln
So zielen neue Stallkonzepte darauf ab, dass sich weniger Ammoniak im Stall bildet. Dies lässt sich durch eine Trennung von Kot und Hahn unter den Spaltenböden realisieren. Ein Konzept für eine sogenannte Schweinetoilette wurde auf der letzten EuroTier präsentiert. Doch diese Lösung ist ebenfalls mit hohen Baukosten verbunden.
Ein weiterer Ansatz ist die Güllekühlung. Denn bei niedrigen Temperaturen arbeitet das Enzym Urease langsam und es entsteht weniger Ammoniak. Technisch umsetzen lässt sich die Kühlung z.B. durch ein Schlauchsystem im Güllekeller, durch das kaltes Wasser aus dem Erdreich geführt wird. Dies ist allerdings nur im Neubau umsetzbar und teuer. In den neuen Bundesländern entsteht auf einem Versuchsbetrieb ein Stall mit Güllekühlung.
Dänemark hat langjährige Erfahrungen mit der Ansäuerung von Gülle. Die Säure senkt den pH-Wert und kann so die Bildung von Ammoniak um mehr als 40% mindern. Allerdings birgt der Umgang mit aggressiver Säure große Anwenderrisiken. Hinzu kommt, dass die Säure die Lagerbehälter und die Gülletechnik angreifen kann. Hier sind weitere Forschungsarbeiten nötig.
Fazit
- Ammoniak ist ein Schadgas, das die Leistung und die Gesundheit drückt.
- In der Aufzucht und Mast lassen sich die Grenzwerte teils schwer einhalten.
- Nährstoffreduziertes Futter bietet das größte NH3-Einsparpotenzial.
- Abdeckungen für Güllelager und die bodennahe Ausbringung sind effektiv.
- Abluftfilter sind wirksam, aber teuer.
- Die Ansäuerung und Kühlung von Gülle sind teuer und nicht ausgereift.