Bei der Rohrkettenfütterung erfolgt der Rationswechsel oft abrupt. Mit neuer Technik lassen sich diese Anlagen auf Multiphasenfütterung umrüsten.
Michael Werning, SUS
Die Ansprüche an die Fütterung sind hoch. Denn die Nährstoffversorgung muss sich möglichst eng am Bedarf der Tiere ausrichten, damit sie ressourceneffizient und wirtschaftlich ist. Unnötig hohe Nährstoff- und Energiegehalte belasten den Stoffwechsel der Tiere, die betriebliche Stoffstrombilanz und den Geldbeutel des Schweinehalters. Neben der richtigen Rationsgestaltung kann die Fütterungstechnik einen entscheidenden Beitrag leisten, diesen Ansprüchen gerecht zu werden.
Ziel: Sanfte Futterwechsel
Im Idealfall wird eine Multiphasenfütterung praktiziert. Hier wird das Futter tagesfrisch angemischt und die Zusammensetzung der Ration passt sich nach einer hinterlegten Futterkurve gleitend den sich verändernden Bedarfswerten der Tiere an. Bei Flüssigfutteranlagen lässt sich dies leicht umsetzen und zählt mittlerweile zum Standard.
Auf Betrieben, die trocken füttern und auf Fertigfutter setzen, sieht das anders aus. So wird zwar auf vielen Betrieben mehrphasig gefüttert. Das bedeutet, dass beispielsweise der Vor-, Mittel- und Endmast eine Futtersorte zugeordnet und in Reihe gefüttert wird.Selbst wenn durch zwei oder mehr Kettenstränge parallel verschiedene Futter in die Automaten gefördert werden können. Unter diesen Voraussetzungen ist ein mehrtägiges Verschneiden und damit sanfter Futterwechsel dennoch kaum möglich.
Dieses Problem erkannte auch Friedrich Lührs aus Diepholz. Der Landwirt hält selber Schweine und entwickelt darüber hinaus Futtertechnik. Viele seiner Kunden speziell im Nordwestdeutschen Raum setzen auf einfache Rohrkettenfütterungen und beziehen Fertigfutter. „Auf Betrieben, wo die Arbeitsbelastung hoch ist, der Futterbau eine untergeordnete Rolle spielt oder der Stall fernab der Hofstelle liegt, spricht auch vieles für diese wartungs- und störungsarme Fütterungstechnik“, so Lührs.
Messrad ermittelt Menge
Nun hat der Stalltechnikhersteller ein Trockenfütterungssystem entwickelt, dass diese Vorteile bietet und mit überschaubarem technischen Aufwand ei-ne Multiphasenfütterung ermöglichen soll. Dabei kann die kompakte Kombination aus Siloentnahmetrichter und Förderantrieb auch bei bestehenden Rohrkettenanlagen leicht nachgerüstet werden.
Herzstück der Technik ist eine Dosierschnecke, die das Futter aus dem Silo über ein Messrad auf die darunter verlaufende Futterkette ablegt. Verläuft die Förderlinie unter zwei oder mehr Futtersilos, können im Zusammenspiel mit einem Prozessrechner und darauf hinterlegten Futterkurven prozentuale Anteile der verschiedenen Futtersorten aufdosiert werden.
Das Messrad ermittelt dabei anhand des Volumenstromes des Futters, wie viel Menge auf den Kettenstrang aufdosiert wird. Ist beispielsweise laut Futterkurve vorgesehen, dass aus dem ersten Silo 10% und aus dem zweiten Silo 90% ausdosiert werden sollen, wird der Motor der Dosierschnecke entsprechend getaktet. Die verschiedenen Futter werden versetzt auf die Kette aufdosiert und vermischen sich beim Nachlaufen im Futterautomaten.
Einsparpotenzial ausschöpfen
Die Technik kommt bereits auf zahlreichen Betrieben zum Einsatz. So auch bei Schweinemäster Friedrich Runge aus Diepholz. Vor zwölf Jahren baute dieser einen Doppelkammstall mit vier Großabteilen und insgesamt 840 Plätzen. Damals setzte er auf eine Rohrkettenfütterung mit zwei Futterlinien, zwei 15 t-Außensilos für Fertigfutter und Breiautomaten in den Buchten.
Der Landwirt fährt den Stall im Rein-Raus-Verfahren und füttert schon lange inklusive des Einstallfutters vier verschiedene Futter nach stark nährstoffreduzierter Auslegung. „Dennoch hatte ich das Gefühl, dass hier bezüglich der Nährstoff- und Kosteneffizienz noch Optimierungspotenzial vorhanden ist“, erklärt Runge.
10000 € Umbaukosten
Im Mai 2018 entschied sich der Diepholzer deshalb dazu, die VoluMeter-Fütterung von Lührs nachzurüsten. Da bereits zwei getrennte Futterlinien bzw. Silos vorhanden waren, hielt sich der Umbauaufwand in Grenzen. Neben dem Austausch der alten Siloentnahmen und Förderantriebe benötigte Runge nur einen neuen Multiphasen-tauglichen Fütterungscomputer. In den Abteilen selbst mussten keine Veränderungen vorgenommen werden. „Unterm Strich haben zwei Monteure einen guten halben Tag für die Umrüstung gebraucht“, berichtet der Landwirt. Die Investitionskosten bewegten sich bei knapp 10000 €.
Runge war gespannt, wie sich der Umbau der Fütterung auf die Leistung seiner Tiere bzw. die betriebliche Stoffstrombilanz auswirkt. Deshalb stellte er auch seinen Stall für einen Versuch bereit, den der Technikhersteller dann von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen durchführen ließ.
Versuch gestartet
Der Versuch war so aufgestellt, dass zwei Abteile mit jeweils 210 Ferkeln (Pi x Dan) nach einer stark nährstoffreduzierten Fünf-Phasen-Fütterung versorgt wurden. Die anderen beiden Abteile bzw. Ferkel sind mit denselben granulierten Futtersorten nach Multiphasenprinzip versorgt worden. Das ließ sich technisch sehr leicht umsetzen, da beide Kettenstränge unter denselben Außensilos verlaufen. Das Einstallgewicht lag in Kontroll- und Versuchsgruppe bei etwas mehr als 22 kg. Die Anzahl männlicher und weiblicher Tiere war jeweils ähnlich.
In beiden Gruppen erfolgten die Futterwechsel bei 30, 56, 82 und 116 kg Lebendgewicht. Der Energie- bzw. Rohproteingehalt der Futtersorten variierte von 13,4 MJ ME und 17% Rohprotein im Begrüßungsfutter bis 11,8MJ ME und 11,5% im zweiten Endmastfutter.
Wie in Übersicht 1 zu sehen ist, erfolgten die Futterübergänge in der Kontrollgruppe abrupt. In der Versuchsgruppe wurden Vorgänger- und Nachfolgefutter entsprechend der Futterkurve bzw. dem Rohproteinbedarf der Tiere erst über einen gewissen Zeitraum miteinander verschnitten.
Hinsichtlich der biologischen Leistungen zeigten sich nur leichte Unterschiede. Beide Gruppen erzielten mit 875 (Kontrolle) bzw. 885 g (Versuch) gute Tageszunahmen. Gleiches gilt für die Schlachtleistungen (1,003 vs. 1,014 Indexpunkte/kg Schlachtgewicht).
Multiphase liegt vorn
Anders verhielt es sich mit den Mengenanteilen der einzelnen Futter an der Gesamtfuttermenge in den Gruppen. So hatte das Vormastfutter von den 266 kg, die jedes Tier in der Kontrolle rein rechnerisch gefressen hat, einen prozentualen Anteil von über 25% (siehe Übersicht 2). In der Versuchsgruppe lag dieser Wert bei gut 13% von insgesamt 254 kg Futterverzehr. Beim letzten Endmastfutter verhielt es sich umgekehrt. Hier ergab sich ein Mengenanteil von 6% in der Kontroll- und fast 28% in der Versuchsgruppe.
Bei dieser Betrachtung ist zu berücksichtigen, dass es teils größere Differenzen zwischen dem Futtersortenverbrauch laut Fütterungscomputer und Lieferschein gab. Diese lassen sich dadurch erklären, dass mehrmals die Futtersorte laut Steuerungscomputer gewechselt wurde, sich aber noch Restmengen im Silo befanden. Außerdem erfolgte in der Kontrolle die Umstellung auf das letzte Endmastfutter sehr spät.
Die Genauigkeit der volumetrischen Futtergewichtsmessung war sehr gut. Abgeglichen mit den manuellen Kontrollwiegungen ergab sich über den gesamten Versuch eine durchschnittliche Abweichung von 2,8%. Außerdem lief die Anlage im Versuch störungsfrei, was auf die individuell einstellbare Fördermenge zurückgeführt werden kann.
Auch wenn sich die Verbrauchsdifferenzen etwas relativieren dürften. Die Grundtendenz bleibt bestehen. Durch die Multiphasenfütterung wurde weniger des teuren und proteinreichen Vormastfutters verfüttert. Gleichzeitig setzte sich gut die Hälfte der Gesamtfuttermenge aus den günstigen und „mageren“ Endmastfuttern zusammen.
Orientiert man sich an den erhobenen Futtersortenverbräuchen, errechnete der Landwirt in der Kontrollgruppe Futterkosten von 61,82 € pro Schlachtschwein. Die Versuchsgruppe lag mit 57,50 € mehr als 4 € darunter.
Weniger N-Ausscheidungen
Bei der Bilanzierung der Nährstoffausscheidungen, die sich aus der Nährstoffzufuhr abzüglich der Nährstoffmenge im Zuwachs errechneten, zeichnete sich ein sehr ähnliches Bild ab. Während in der Kontrolle 3,6 kg N und 1,31 kg P2O5 pro Tier bilanziert worden sind, lag der Versuch bei 3,1 kg N bzw. 1,20 kg P2O5.
Allerdings müssen neben der nicht eindeutigen Zuordnung der Futtersortenmengen je Fütterungsgruppe auch die teils gravierenden Unterschiede zwischen den Nährstoffwerten laut Futterdeklaration und den Ergebnissen der Futteranalysen berücksichtigt werden.
Futtermittelrechtlich bewegten sich diese Abweichungen zwar noch im Toleranzbereich der Deklaration. Speziell bei den berechneten P2O5-Einsparungen zwischen Versuchs- und Kon-trollgruppe ergaben sich dadurch aber teils erhebliche Schwankungen.
Fazit
- Die Multiphasenfütterung orientiert sich stark am Bedarf der Tiere. Gegenüber der Phasenfütterung können Nährstoffe eingespart und die betriebliche Stoffstrombilanz entlastet werden.
- Bei der Futterverschneidung wird früher auf die protein- und nährstoffärmeren Futter umgestellt, was sich positiv auf die Futterkosten auswirkt.
- Die kostengünstige Ausstattung bzw. Nachrüstung der Trockenfütterung auf die Multiphasenanwendung kann für viele Betriebe eine Option sein.