Beschäftigungsmaterial soll das Untersuchungs- und Erkundungsverhalten der Schweine fördern. Vor- und Nachteile der verschiedenen Alternativen und Verfahren auf einen Blick.
Lea Blechmann, BRS
In der Natur ist das Schwein 75% seiner Hauptaktivitätszeit mit der Nahrungssuche beschäftigt. Futterquellen werden durch Wühlen und Beißen untersucht und selektiert. Diese angeborenen Verhaltensweisen sollten bei der Darreichung von Beschäftigungsmaterial berücksichtigt werden.
Neben der gesundheitlichen Unbedenklichkeit sollte das Beschäftigungsmaterial folgende Eigenschaften besitzen:
- fressbar, vorzugsweise mit ernährungsphysiologischem Nutzen;
- kau- und untersuchbar, damit die Tiere darin wühlen können;
- beweg- und bearbeitbar, damit die Schweine Aussehen oder Struktur des Materials verändern können;
- nach neuer Tierschutz-Nutztierhaltungs-VO: organisch und faserreich.
Angebotsvarianten
Das Beschäftigungsmaterial kann auf verschiedene Art und Weise angeboten werden. Die Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Varianten verdeutlicht die Übersicht. Optimal ist, wenn das Material frei von allen Seiten zugänglich ist. Dann können sich mehrere Tiere gleichzeitig damit beschäftigen und es wird wenig Konkurrenzverhalten ausgelöst.
Die Höhe der Anbringung sollte bestenfalls flexibel an Alter und Größe der Tiere angepasst werden können. Empfehlenswert ist die Platzierung im Aktivitätsbereich der Tiere.
Achten Sie weiterhin darauf, dass das Beschäftigungsmaterial attraktiv bleibt. Es sollte regelmäßig gewechselt werden. Beachten Sie den Leitsatz „weniger ist mehr“, da die doppelte Menge, insbesondere bei Raufutter, nicht mit einem doppelten Verbrauch einhergeht. Daher sollte Raufutter täglich neu in kleinen Mengen angeboten werden.
Für den Einsatz von Beschäftigungsobjekten gilt ein maximales Verhältnis von zwölf Tieren je Beschäftigungsobjekt bzw. -platz. Zudem sollte nachzulegendes Raufutter außerhalb der Stalles gelagert werden, damit es keinen Stallgeruch annimmt.
Achtung: Die Praxistauglichkeit der Varianten wird vor allem von der Arbeitswirtschaft beeinflusst. Die Materialien sollten leicht zu montieren, zu befüllen, zu kontrollieren und zu reinigen sein. Tägliche Arbeiten wie z.B. das Auffüllen von Raufen oder Spendern können sinnvollerweise gut mit dem täglichen Kontrollgang kombiniert werden.
Weiterhin sollten die einmaligen Investitionskosten sowie die regelmäßig anfallenden Materialkosten berücksichtigt werden.
Seile oder Holzlatte
Seile: Naturseile aus Baumwolle oder Sisal sind eine gute Möglichkeit zur Beschäftigung; sie werden gerne und intensiv genutzt. Da das Material und die Seilstärke an die Größe der Tiere angepasst werden können, ist ein Einsatz in allen Produktionsstufen möglich. Die Seile können an der Buchtenwand befestigt, an Spendern oder frei hängend z.B. an einer Kette angeboten werden. Die Akzeptanz wird größer, wenn das Seilende auf dem Boden liegt. Bei dieser Methode ist jedoch darauf zu achten, dass das Seil nicht verdreckt. Zudem könnten abgerissene Stücke durch die Spalten getreten werden.
Die Investitionskosten variieren je nach Darreichungsform. Kalkuliert werden 70 bis 100 € je Spender, 20 bis 25 € je Spule mit Seilen und 6 bis 7 € je Seilklemmhalter. Für die Seile fallen zwischen 0,4 bis 2,0 €/m an. Der Verbrauch kann stark variieren. Sowohl die Arbeitszeit für die Montage (15 bis 20 Minuten), als auch für das Nachfüllen der Seile ist als gering zu bewerten.
Unbehandeltes Holz: Weichholz, zum Beispiel unbehandelte Fichte, kann von den Tieren gut benagt werden und ist dadurch gut veränderbar. Es kann auf verschiedene Art und Weise z.B. als Latte an der Buchtenwand oder in Form von Holzstücken an einer Kette angeboten werden.
Aus hygienischer Sicht sollte Holz nicht am Boden angeboten werden. Wird das Holz senkrecht in einer Halterung angeboten, ist eine Begrenzung nach unten wichtig, sodass das Holz nicht an den Boden gelangt. Um Verletzungen zu vermeiden, sollte das Holz eine geringe Splitterneigung haben. Je nach Stärke kann es in allen Produktionsstufen eingesetzt werden. Der Einsatz eignet sich am besten für die Mast.
Als Vorteil von Weichholz gilt, dass ein dauerhaftes Angebot im Sinne der TierSchNutztV kaum gefährdet ist. Weiterhin sind die Kosten (15 bis 20 €/Halterung, Holz je nach Stärke 0,30 bis 1,20 €/m) und der Arbeitsaufwand gering. Das Material lässt sich gut überblicken und ist einfach nachzufüllen.
Nachteile sind jedoch, dass die Wühlmöglichkeit für die Tiere fehlt, das Material nur von wenigen Tieren gleichzeitig genutzt und zudem schnell uninteressant werden kann.
Knabberstangen und Pellets
Presslinge aus unter Hochdruck gepresstem Stroh oder Luzerne können ebenfalls für alle Produktionsstufen eingesetzt werden. Im Handel sind Pellets, Briketts über Knabberstangen erhältlich. Die Darreichung ist über eine Wandhalterung, Rohrhalterung oder eine Raufe möglich. Der Vorteil des Angebots über eine Raufe ist, dass mehrere Tiere gleichzeitig beschäftigt werden. Die Rohrhalterung sollte einstellbar sein, sodass der Verbrauch nicht zu hoch (zu große Einstellung) ist oder das Material nicht uninteressant wird (zu geringe Einstellung). Bei allen Darreichungsformen fehlt die Wühlmöglichkeit. Es sollten nur hygienisch-einwandfreie Materialien eingesetzt werden. Achten Sie auf Pilzbefall, die Mykotoxinbelastung und eine trockene Lagerung.
Die Investitionskosten betragen 25 bis 40 € pro Halterung oder Raufe. Ein Kilo Presslinge kostet ca. 0,60 bis 1,20 €. Pro Tier und Tag sollte ein Materialverbrauch von 5 bis 30 g kalkuliert werden. Der Materialhärtegrad beeinflusst den Verbrauch. Insgesamt sind die Kosten für das Material als hoch einzustufen. Im Gegensatz dazu ist der Arbeitsaufwand durch die einfache Vorratsbefüllung oder der Möglichkeit einer automatischen Befüllung bei Pelletspendern gering.
Raufuttergaben
Heu/Stroh: Das Angebot von Heu oder Stroh bietet den Schweinen vielfältige Beschäftigungsmöglichkeiten. Die Materialien können frei hängend in einem Korb, wandständig in einer Raufe, in einem Wühlturm, auf dem Boden oder in einem Trog angeboten werden.
Generell sind die hohen Anforderungen an das Ausgangsmaterial im Hinblick auf Pilzbefall und Mykotoxinbelastung zu beachten. Bei der Vorlage auf dem Boden verschmutzen die Materialien leichter. Entscheidend ist hier die richtige Dosierung, sodass das Material attraktiv bleibt und von den Tieren verbraucht wird. Beim Einsatz von Heu oder Stroh muss zudem das Güllesystem beachtet werden, da nicht jedes System für große Strohmengen ausgerichtet ist.
Beim Einsatz eines Heu- bzw. Strohkorbes ist eine sehr gute Beschäftigungsmöglichkeit für mehrere Tiere aller Produktionsstufen möglich. Eine installierte Bodenplatte ermöglicht zusätzlich das Wühlen. Die Kosten für den Korb belaufen sich auf 30 bis 100 €, für die Bodenplatte werden ca. 10 € fällig. Die Kosten für den Materialverbrauch (ca. 50 g/Tier und Tag) betragen 2 €/Mastschwein. Die Arbeitszeit variiert je nach Anordnung des Korbes in der Bucht.
Anstelle eines Korbes kann auch der Düsser Wühlturm eingesetzt werden. Er ermöglicht durch die integrierte Bodenplatte das Wühlen mit der Rüsselscheibe. Das Aufstellen des Turmes bedeutet jedoch den Verlust von Nettobodenfläche und u.U. ein Tier weniger pro Bucht. Die Investitionskosten betragen 150 bis 250 €. Der tägliche Materialverbrauch liegt bei ca. 50 g/Tier, der Kostenanteil bei 2 €/Mastschwein. Die Arbeitszeit ist wie beim Korb von der Anordnung des Wühlturmes in der Bucht abhängig.
Automatisierte Vorlage
Einige Firmen haben Konzepte entwickelt, um z.B. Stroh automatisiert vorzulegen. Basis sind Förderketten oder pneumatische Systeme. Dadurch können gehäckseltes Stroh bis 80 mm Länge, Pellets oder ein Mix aus beidem gefördert werden. Da nur der Vorratsbehälter befüllt werden muss, entstehen somit auch geringere Arbeitszeiten. Als Nachteil gelten die hohen Investitionskosten, die betriebsindividuell zu betrachten sind. Es werden eine Antriebsanlage, Vorratsbehälter und die Förderung benötigt. Je größer der Betrieb ist, desto günstiger kommt die Technik je Platz, da nur die Kettenförderung verlängert wird. Diese Variante ist somit für kleinere Betriebe sehr teuer und daher ungeeignet. Mittlere Betriebe müssen mit Investitionskosten von ca. 30 €/Platz rechnen.
Auch für die Strohmengen gibt es Anhaltspunkte. Für einen 750er-Stall reichen z.B. 17 Quaderballen pro Jahr, wenn der Strohverbrauch bei 20 g pro Tier und Tag liegt. Wenn das Stroh neben der Raufuttergabe zusätzlich als Einstreu dient, ist mit höheren Mengen zu kalkulieren.