Die Schweinehalter brauchen dringend eine längere Phase hoher Erzeugerpreise. Die Aussichten für die nächsten Quartale sind gut, wie eine dänische Preisprognose zeigt.
Markus Fiebelkorn, Danske Svineproducenter und Fred Schnippe, SUS
Lange mussten die Schweinehalter auf bessere Erzeugererlöse warten. Im Dezember vergangenen Jahres platzte der Knoten dann. Insbesondere die Ferkel legten bis in den Februar hinein eine nahezu ungebremste Preisrallye hin. Binnen gut zehn Wochen konnten sich die Notierungen für 25 kg-Ferkel auf rund 80 € praktisch verdoppeln.
Dem vorausgegangen waren kräftig steigende Schlachtschweinepreise. Schien im Januar noch die magische Marke von 2 €/kg Schlachtgewicht als festzementiert, legte die Notierung im Februar kräftig zu und erreichte mit 2,28 € pro kg SG einen neuen Rekordstand. Vom Ausgangsniveau von 1,90 € im vergangenen November konnten damit auch die Schlachtschweine einen gewaltigen Preissprung erzielen.
Erlöse zogen früher an
Nicht nur der Umfang des Preisanstiegs bei den Ferkeln und Mastschweinen lässt aufhorchen, sondern auch der Zeitpunkt. So begann die saisonale Erholung der Erzeugererlöse in früheren Jahren meist erst ab Februar. In diesem Jahr ist der Preisanstieg also nicht nur besonders stark, sondern auch wesentlich früher als üblich.
Die spannende Frage ist, wie sich die Ferkel- und Schweinepreise in den nächsten Monaten entwickeln. Gelingt es den Landwirten endlich, ihre deutlich gestiegenen Produktionskosten in nachhaltig höhere Erlöse umzumünzen? Oder setzen die anhaltend hohe Inflation und die damit einhergehende Kaufzurückhaltung beim Fleisch die Erzeugerpreise wieder unter Druck?
Der dänische Fachverband Danske Svineproducenter erstellt seit Jahren Preisprognosen auch für den deutschen Schweinemarkt. Die Prognosen basieren auf statistischen Modellen. Ihr Vorteil ist, dass sie sich nicht auf ein Bauchgefühl oder Wunschdenken verlassen. Allerdings können diese Modelle externe Faktoren wie Corona oder den Ukrainekrieg nicht berücksichtigen. Darüber hinaus gibt es Faktoren, die nicht vorhersehbar sind, z.B. das Wetter oder Währungsschwankungen.
Stabiler Markt bis Jahresende
Dennoch haben sich die dänischen Preisprognosen oft als sehr treffsicher erwiesen. Denn neben den Entwicklungen vor Ort fließen auch die Trends am internationalen Fleischmarkt mit ein.
Die Prognose sieht mittelfristig eine äußerst positive Entwicklung am deutschen Schweinemarkt. So soll die Nordwest-Notierung für 25 kg-Ferkel im zweiten Quartal dieses Jahres im Mittel bei 82,50 € liegen (siehe Übersicht 1). Im dritten und vierten Quartal wird dann nur ein leichter Rückgang der Ferkelnotierung auf 75 bzw. 69 € prognostiziert. Die Preisvorhersage für deutsche Schlachtschweine ist ähnlich optimistisch. Im kürzlich begonnenen zweiten Quartal kann laut Analyse eine durchschnittliche Notierung der Vereinigung der Erzeugergemeinschaften für Vieh und Fleisch (VEZG) von 2,38 € je kg Schlachtgewicht erreicht werden (siehe Übersicht 2). Im dritten und vierten Quartal dieses Jahres soll die deutsche Schlachtschweinenotierung nur moderat auf durchschnittlich 2,35 bzw. 2,10 € je kg SG zurückgehen.
Deutlich weniger Schweine
Treibende Kraft hinter den erwarteten Preissteigerungen ist das spürbar sinkende Angebot an Schlachtschweinen in Europa. Laut den jüngsten Viehzählungen ist der europäische Bestand im vergangenen Jahr um mehr als 7 Mio. Schweine bzw. rund 5% gesunken. In Deutschland lag der Bestandsabbau 2022 sogar bei mehr als 10%.
Auf dem hiesigen Markt gab es im Gegensatz zum vorletzten Jahreswechsel keinen Angebotsüberhang. Und im Vergleich zu früheren Jahren ging die deutsche Schlachtschweinenotierung im Januar nicht zurück. Die Preise am Ferkelmarkt zogen sogar kräftig an.
Die im November 2022 erstellte Preisprognose für das erste Quartal 2023 musste daher deutlich nach oben korrigiert werden. Auch die Erwartung für die weiteren Quartale fällt jetzt besser aus als noch Ende 2022 vorhergesagt.
Weitere Abstockung folgt
Für 2023 rechnet der EU-Prognoseausschuss mit einem weiteren Rückgang der europäischen Produktion um durchschnittlich 4% auf etwa 242 Mio. Schlachtschweine. Auch für Spanien, wo die Produktion im vergangenen Jahr noch stabil war, wird nun eine Bestandsabstockung um 4% für das laufende Jahr prognostiziert.
Untermauert wird diese Einschätzung durch die deutlich geringeren Sauenbestände in den EU-25-Staaten, die Ende 2022 um 6,2% geringer ausfielen als ein Jahr zuvor. Damit dürfte der Nachschub an Mastferkeln in den nächsten Monaten deutlich geringer ausfallen.
Der Effekt des sinkenden Angebots wird dadurch verstärkt, dass derzeit wenig Schweinefleisch in den Kühlhäusern lagert. Laut Agrarmarkt Informationsgesellschaft (AMI) ging der Lagerbestand an Schweinefleisch in den deutschen Kühl- und Gefrierhäusern Ende letzten Jahres auf rund 96000 t zurück (siehe Übersicht 3). Das sind fast 60% weniger als Anfang 2022 und der niedrigste Lagerbestand seit mehr als sechs Jahren. Im Januar 2023 konnte sich der Fleischvorrat leicht auf 103000 t erholen.
Der Hauptgrund für die geringen Lagermengen sind die drastisch gestiegenen Energiekosten. In Kombination mit vergleichsweise hohen Erzeugererlösen machen sie das Einlagern von Fleisch unrentabel.
Erholt sich der Konsum?
Außerdem haben die Supermarktketten in letzter Zeit vor allem frisches Schweinefleisch nachgefragt. Marktexperten warnen daher davor, dass möglicherweise nicht genug Schweinefleisch zur Verfügung steht, wenn der LEH im Frühjahr seine Regale verstärkt füllen muss.
Die größte Unsicherheit in der aktuellen Preisprognose liegt in der Nachfrage. Aufgrund der hohen Inflation ist nur schwer abschätzbar, wie groß die Verbrauchernachfrage nach Schweinefleisch in diesem Jahr sein wird.
Fest steht: Die Inflationsrate ist zuletzt wieder etwas gesunken. Dies könnte dazu beitragen, dass sich der Konsum von Schweinefleisch im Laufe des Jahres allmählich normalisiert. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass es in Europa einen langfristigen Abwärtstrend beim Schweinefleischverzehr gibt. Zudem ist der Fleischbedarf zur Grillsaison stark wetterabhängig.
Keine Impulse aus China
Wichtig für einen stabilen Markt ist auch der Fleischexport in Drittländer. Hier bleibt China ein bedeutender Abnehmer, insbesondere für Nebenprodukte. Allerdings musste die EU im vergangenen Jahr einen Rückgang ihrer Drittlandexporte an Schweinefleisch um 15% hinnehmen. Die Ausfuhren nach China brachen sogar um 40% ein.
Auch in diesem Jahr erwarten Experten keine großen Impulse aus China. Nach der zurückliegenden ASP-Welle hat die Volksrepublik ihre Schweineproduktion weitgehend wieder aufgebaut. Zudem birgt die neue, professionellere Schweineproduktion in China ein großes Potenzial für Leistungssteigerungen. So ist davon auszugehen, dass die Exporte nach Asien 2023 auf dem Vorjahresniveau stagnieren.
Zu beachten ist bei der Preisprognose weiterhin, dass die Ferkelnotierungen leicht anziehen, wenn die Futterpreise sinken. Hintergrund ist die größere Einstallbereitschaft der Mäster. Die Prognose geht davon aus, dass die Futterpreise in den kommenden Monaten etwas nachgeben, was die Ferkelpreise stärken kann.
Höhere Notierungen für Ferkel und Mastschweine sind für die Erzeuger unverzichtbar. Denn die Vollkosten der deutschen Schweineproduktion liegen mit rund 2,30 € pro kg Schlachtgewicht noch immer auf einem sehr hohen Niveau. Die hohen Erzeugererlöse werden also über weite Strecken des Jahres auch dringend benötigt. Nur so lässt sich der Rückgang der deutschen Schweineproduktion nachhaltig bremsen.