Haltungskennzeichnung: Noch viele Baustellen

Für BRS-Geschäftsführerin Dr. Nora Hammer grenzt der Gesetzentwurf zur staatlichen Haltungskennzeichnung an Verbrauchertäuschung und gefährdet bisherige Erfolge beim Tierwohl.

Michael Werning, SUS

Berlin will die staatliche Haltungskennzeichnung einführen, weil die vielen Label der Wirtschaft die Verbraucher verwirren würden. Sehen Sie das auch so?

Nein, absolut nicht. Natürlich gibt es inzwischen bundesweit verteilt viele Label mit gleichen, ähnlichen bzw. unterschiedlichen Produktionsvorgaben. Aber im Grunde ist es eine gute Sache, dass die Verbraucher zu einem regionalen Label Vertrauen aufbauen und sich speziell zu dessen Erzeugungsrichtlinien informieren können. Dabei gibt es sicher Optimierungsmöglichkeiten. So sollten nur klar definierte Wörter zur Bewerbung von Produkten genutzt werden dürfen. Was bedeutet regional oder wie sieht ein Strohschwein aus?

Ist eine staatliche Kennzeichnung besonders vertrauenswürdig?

Gefühlt ja, praktisch nein. So betont das Bundeslandwirtschaftsministerium immer wieder, dass es sich nicht um ein Tierwohl-, sondern um ein reines Haltungskennzeichen handeln wird. Es soll mehr Transparenz für den Verbraucher schaffen und damit Anreize für den Schweinehalter liefern, mehr in Tierwohl zu investieren. Das muss man dem Verbraucher gegenüber klar kommunizieren.

Dazu die ganzen Einschränkungen. So soll die Gastronomie ihre Waren zunächst nicht kennzeichnen müssen. Gleiches Spiel bei der Verarbeitungsware. Dabei stehen diese Sparten für zwei Drittel des inländischen Schweinefleischabsatzes.

Genauso schwer wiegt der Umstand, dass das Kennzeichen erst ab dem Haltungsabschnitt Mastschwein gelten soll. Ferkelerzeugung, Schlachtung und der Transport werden nicht berücksichtigt. Für mich ist das Verbrauchertäuschung.

Führt der Vorstoß des BMEL zu mehr Tierwohl?

Nein. Ich befürchte, dass...