Felix Tillig ist in den elterlichen Betrieb eingestiegen. Er will weiter auf die Jungsauenvermehrung setzen und die eigenen Schlachtschweine direkt vermarkten.
Michael Werning, SUS
Die Leidenschaft für die Schweinezucht wurde mir von Kindesbeinen an durch meinen Großvater und meinen Vater mitgegeben. Zu DDR-Zeiten haben sie auf unserem Betrieb in Ebersbach, der damals im Zuge der Kollektivierung einer Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft (LPG) angegliedert war, Jungsauen zur Eigenremontierung produziert.
Als dann mit dem Fall der Mauer die staatlich kontrollierte Produktion endete und der Betrieb wieder an uns zurückging, setzte mein Vater den Grundstein für unsere heutige Schweinezucht. Er renovierte die Ställe, um zunächst im Nebenerwerb Edelschweine zu vermehren. Anfang der 2000er-Jahre wagte er mit dem Bau eines Aufzuchtstalles im Außenbereich und der Aufstockung der Herde auf 100 Sauen den Schritt in den Vollerwerb.
Fremde Stallluft schnuppern
Für mich war immer klar, dass ich den Betrieb übernehmen möchte und ich begann 2010 mit meiner dreijährigen Ausbildung zum Tierwirt im LVG Köllitsch. Für die Weiterbildung zum staatlich geprüften Techniker für Landbau benötigte ich ein Praxisjahr, welches ich auf zwei Betrieben mit Sauen und Mastschweinen in der Nähe von Freiberg bzw. Chemnitz verbrachte. Auf letztgenannten Betrieb kehrte ich im Sommer 2016 nach zweijähriger Techniker-Schule zurück, um für anderthalb Jahre die Anlage mit rund 500 Sauen und 3000 Mastschweinen zu leiten.
Danach hätte ich in den elterlichen Betrieb einsteigen können. Doch durch die Unsicherheit bezüglich zukünftiger Haltungsvorschriften, reifte in mir der Gedanke erst im Ausland weitere Erfahrungen zu sammeln. Zuhause setzen wir seit längerem schweizerisches Genmaterial ein, wodurch sich schnell der Kontakt zu einem Schweizer Kernzuchtbetrieb ergab.
Weltweites Züchternetzwerk
Die dortigen Zuchtbetriebe sind im Dachverband Suisag organisiert und haben durch eine straffe Zuchtarbeit, die zentrale Bearbeitung von Haltungsfragen und die Integration des Schweinegesundheitsdienstes große Zuchterfolge erzielt. In der Edelschwein-Mutterlinie sind seit langem alle aktiven KB-Eber reinerbig resistent gegen E-Coli F18 und inzwischen sogar die gesamte Sauenherde. Auch die Bedeutung von Verhaltensmerkmalen, wie der Mütterlichkeit, wurden früh erkannt.
In den anderthalb Jahren, die ich auf dem Kernzuchtbetrieb und im Dachverband arbeitete, konnte ich Erfahrungen und Impulse sammeln, die ich seit letztem Sommer für unseren eigenen Betrieb nutze. Denn die Anforderungen an einen Nukleusbetrieb sind stark gestiegen. Das betrifft nicht allein die Arbeit am Tier oder die Betriebshygiene.
Die Vermarktung von Genetik ist so international geworden wie das Netzwerk, welches man als Züchter aufbauen und pflegen muss. Durch den Einblick in die globale Vermarktung von Suisag-Zuchtmaterial fällt es mir heute leichter mit den Vorstellungen unserer eigenen ausländischen Kunden umzugehen. Denn auch unsere bayerischen Landrasse/Edelschwein-Sauen gehen über die Erzeugergemeinschaft und Züchtervereinigung für Zucht- und Hybridzuchtschweine in Bayern (EGZH) an Betriebe in Kasachstan und auf den Philippinen. Unsere Hauptverkaufsgebiete sind aber Niedersachsen, Brandenburg, Sachsen und Thüringen.
Imponiert hat mir der Stellenwert, den das Tierwohl bei den Schweizern genießt. In Bezug auf die teils kastenstandlose Sauenhaltung, die Kastration unter Isofluran und den Kupierverzicht sind sie Pioniere. Auch wenn mein Vater und ich beide Sturköpfe sind und jeder gerne seine eigene Meinung vertritt, in diesem Punkt sind wir uns einig – das Tierwohl steht an erster Stelle.
Ich habe in der Schweiz die Vor- und Nachteile von Bewegungsbuchten im Abferkelstall und der Besamung freilaufender Sauen kennenlernen dürfen. Auch die Kastration unter Isofluran kann ich jetzt einordnen. Und selbst wenn es mich Überwindung kostet mit einem Anästhetikum zu arbeiten und die Tiere gefühlt mehr Stress als vorher ausgesetzt werden, wird das wohl für uns ab 2021 die Alternative darstellen.
Kooperation mit Metzger
Konkret geplant ist in den nächsten fünf Jahren die Ferkelschutzkörbe durch Bewegungsbuchten zu ersetzen. Kurzfristiger wollen wir den Ausbau unserer Mast angehen. Aktuell mästen wir jährlich wenige hundert Tiere, die bereits seit einigen Jahren an einen Metzger aus der Region vermarktet werden.
Da nun ein weiterer Metzger dazukommt, der mit einem Discounter zusammenarbeitet, werden wir in diesem Jahr einen Maststall für 350 Tiere bauen. Darin werden wir den Tieren viel Platz, eine gute Buchtenstrukturierung und Teilspaltenboden anbieten. Unser Betrieb soll sich dahin entwickeln, dass wir weiterhin hochqualitative Zuchttiere für andere Betriebe anbieten können. Und auf der anderen Seite alle unsere Mastschweine in die Metzgervermarktung gehen.