Junglandwirt Andreas Rasche hat einen Tierwohlstall für 800 Mastschweine gebaut. Ein Abnahmevertrag mit Kaufland sichert den Bonus für mindestens fünf Jahre.
Fred Schnippe, SUS
Ställe mit Außenklima faszinieren mich. Als dann 2018 das Vermarktungsangebot von Kaufland kam, habe ich den Neubau eines Tierwohlstalles auf Stroh gewagt“, schildert Andreas Rasche. Der 27-Jährige bewirtschaftet in Nieheim in Ostwestfalen einen 50 ha-Betrieb. Zudem betreibt er mit seinem Vater einen Agrarservice.
Der neue Stall mit 792 Mastplätzen ist seit dem Sommer 2019 in Betrieb. Bis dahin hat Familie Rasche den Hof im Nebenerwerb ohne Veredelung geführt. „Der Tierwohlstall war für unseren flächenarmen Betrieb ein Weg in den Haupterwerb zu wachsen. Denn so können wir auch mit begrenzter Tierzahl eine gute Wertschöpfung erzielen“, schildert der Junglandwirt.
Vorab Vermarktung gesichert
Andreas Rasche ist sich bewusst, dass der Einstieg in die Mast im Tierwohlstall auch Risiken birgt. Denn dieser rechnet sich nur, wenn er die höheren Kosten durch Mehrerlöse abdecken kann. Vor Baubeginn hat der Landwirt daher intensiv mit Kaufland diskutiert. „Erst als ich eine schriftliche Vermarktungszusage bekam, habe ich die Bauvoranfrage gestellt“, erklärt Rasche.
Dann ging alles ganz schnell. Die Bauvoranfrage wurde kurzfristig positiv beantwortet. Schon im Herbst 2018 erhielt der Landwirt die Baugenehmigung. Auch die AFP-Förderung des Tierwohlstalles wurde zeitnah bewilligt.
Die Gespräche mit der Bank verliefen ebenfalls positiv. Denn sie hat die Vermarktungszusage als Sicherheit gewertet. Dazu Dr. Clemens Dirscherl von Kaufland: „Wir haben in diesem Fall sehr früh die Abnahme der Tiere garantiert. Denn uns ist bewusst, dass der Landwirt beim Neubau eines Tierwohlstalles besonders hohe Risiken trägt.“
Außenklimastall mit Stroh
Im Frühjahr 2019 begannen die Bauarbeiten. Das gut 63 m lange und 16,6 m breite Gebäude ist als Außenklimastall mit Stroheinstreu konzipiert (siehe Übersicht).
Der knapp 5 m hohe Stall besteht aus zwei Pultdachhallen, die einen offenen First für den Luftaustritt aufweisen. Die frische Luft strömt über beide Längsseiten in den Stall. Der Luftwechsel erfolgt durch Thermik bzw. Wind. Der Lufteintritt wird über motorgetriebene Windschutznetze reguliert.
Der Stall gliedert sich in zwei Buchtenreihen. Die knapp 7 m tiefen und 2,85 m breiten Buchten bieten Platz für je 18 Tiere. Es gibt zwei Funktionsbereiche. An den Mittelgang schließt sich der 4,50 m tiefe Liegebereich an. Hier sind auch die Ruhekisten sowie die Breiautomaten angeordnet. Diese bieten vier Fressplätze je 18er-Bucht. An den Außenseiten des Stalles liegt der 2,85 m breite Kotbereich. Dieser ist etwa 20 cm tiefer angelegt als der Liegebereich und dient als Entmistungsgang.
Jedem Tier stehen insgesamt 1,05 m² Buchtenfläche zur Verfügung. Das sind 40% mehr als das gesetzliche Mindestmaß. „Damit erfüllen wir die Kriterien von Kaufland sowie die AFP-Vorgaben für tierfreundliche Ställe“, betont der Agrarbetriebswirt. So wurde die Investition mit 40% gefördert.
Einstreutechnik selbst gebaut
Neben dem großzügigen Platzangebot stärkt die Einstreu das Tierwohl. Denn das Stroh dient ergänzend zu Baumwollseilen als zweites organisches Beschäftigungsmaterial. Zudem bietet es eine warme, weiche Unterlage. „Das erleichtert den frisch aufgestallten Ferkeln den Start im Außenklimastall. Bei uns kommen auch Ferkel mit weniger als 30 kg Einstallgewicht gut klar“, betont Rasche.
Um die Vorgaben von Kaufland zu erfüllen, hätte Andreas Rasche auch einen Stall mit Teilspaltenboden und Strohraufen bauen können. „Ich hatte aber Sorge, dass teilperforierte Buchten verschmutzen. Zudem bin ich mit dem großzügigen Strohangebot gut für einen Kupierverzicht gerüstet und könnte sogar auf Bio umstellen“, erklärt der Junglandwirt.
Damit die Mehrarbeit im Rahmen bleibt, hat der Betrieb eine automatische Einstreuanlage installiert. Diese haben der Landwirt und sein Vater selbst gebaut bzw. zusammengestellt. Kommerzielle Einstreusysteme waren den Tüftlern zu teuer.
Erstes Bauteil der Anlage ist ein Auflöser für Rundballen, der im überdachten Vorraum steht. So kann Rasche die Ballen per Frontlader einbringen. Der Mäster lagert die Rundballen unter Vlies neben dem Stall.
Der Ballenauflöser übergibt das zerkleinerte Stroh in eine Aufnahme für den Rohrkettenförderer. „An der Übergabestation haben wir lange getüftelt. Denn hier kam es immer wieder zu Verstopfungen“, schildert Rasche.
Den Transport des Strohs übernimmt eine Rohrkettenförderanlage, die oberhalb der Buchtenreihen verläuft. Über jeder Bucht hat Rasche einen zylinderförmigen Vorratsbehälter installiert, der automatisch befüllt wird. Die Behälter enthalten die Tagesmenge von 220 bis 250 g Stroh je Tier und Tag.
Für das Einstreuen öffnet der Mäster per Seilzugmotor zunächst die Deckel der Liegekisten. Dann zieht er nacheinander die Schieber an der Unterseite jedes Strohbehälters. Die Einstreu fällt in die Liegekiste. Das Verteilen übernehmen die Tiere. Der Betrieb benötigt im Mittel einen 1,5 m großen Rundballen am Tag. Der Junglandwirt nutzt Gerstenstroh, das er selbst erzeugt.
Zweimal die Woche misten
Auch beim Entmisten hat der Praktiker auf die Arbeitswirtschaft geachtet. So weist die planbefestigte Liegefläche 6% Gefälle auf. Hierdurch treten die Tiere den Mist Richtung Entmistungsgang und Urin läuft ab. An der Seite des Mistganges befindet sich eine Ablaufrinne, welche den Urin in die Vorgrube der Mistplatte führt.
Zudem wurden die Buchten so strukturiert, dass die Tiere bevorzugt im Mistgang koten. Hierzu hat der Landwirt die Tränken im Mistgang angeordnet. Auch können die Tiere dort durch Gitterstäbe in die Nachbarbucht blicken. Der Kotbereich ist außerdem der kühlste Bereich im Stall. „Die Tiere nehmen die Funktionsbereiche gut an und koten zu 90% im Mistgang“, schildert Andreas Rasche.
Zweimal wöchentlich schiebt der Junglandwirt den Mistgang mit dem Schlepper ab. Hierzu öffnet er die Tore zwischen den Buchten und sperrt die Tiere damit im Liegebereich ein. Für die Zwischenlagerung hat der Betrieb an der Giebelseite des Stalls eine Mistplatte für die gesetzliche Lagerdauer von zwei bis drei Monaten angelegt.
Rund 50% mehr Arbeit
Trotz der guten Organisation der Stroh- und Mistkette fällt mehr Arbeit an. Der Betriebsleiter kalkuliert, dass er etwa 50% mehr Zeit aufwenden muss als im konventionellen Maststall. „Die Arbeit im Außenklimastall ist aber angenehmer“, betont Rasche.
Bei den Baukosten sieht sich der Agrarbetriebswirt mit 550 € netto je Mastplatz auf dem Niveau konventioneller Ställe. Hier ist die Tierewohlförderung nicht eingerechnet. Positiv ist auch, dass der Außenklimastall ohne Lüfter und Heizung auskommt und daher niedrige Energiekosten aufweist.
Deutlich teurer ist dagegen das Futter. Denn der Betrieb muss auf genverändertes Futter verzichten. Dies schlägt sich vor allem beim Sojaschrot nieder, das GVO-frei rund 10 €/dt mehr kostet. Zudem setzt der Betrieb hofeigenes Getreide, Erbsen und Mineralfutter ein.
Die Auditierung der GVO-freien Fütterung war aufwendig. „Inzwischen haben wir den Futterbezug und die Dokumentation im Griff. Auch die Vorgabe, 50% regionales Futter einzusetzen, halten wir ein“, schildert Rasche.
Die Lebensmittelkette schreibt vier Monate GVO-freie Fütterung vor. An- dreas Rasche kauft die Ferkel daher mit 25 kg relativ leicht zu. So kann sein Ferkelerzeuger, der im selben Ort ansässig ist, konventionelles Futter einsetzen.
Bonus für fünf Jahre fix
Als weitere Vorgabe muss Rasche ab Juli dieses Jahres auf die betäubungslose Kastration verzichten. Dazu Dr. Dirscherl von Kaufland: „Wir lassen alle Alternativen zur betäubungslosen Kastration zu. Je nach Variante honorieren wir den vorzeitigen Ausstieg über ein Jahr mit bis zu 4 € je Tier.“ Andreas Rasche möchte mit seinem Ferkelerzeuger zur Narkose mit Isofluran wechseln.
Für die zusätzlichen Haltungsauflagen erhält der Mäster 12 € Bonus je Tier. Der GVO-Verzicht wird mit 8 € je Tier honoriert. Die Boni und die Vermarktungszusage sind in einem Fünfjahresvertrag fixiert. Der Landwirt hat überschlagen, dass er mit den Boni seine Mehrkosten gut abdecken kann.
Zumal der Mäster im neuen Stall bisher hohe Leistungen erzielt. Seit Erstbelegung im August letzten Jahres lagen die Tageszunahmen bei gut 900 g. Die Verlustquote war mit 0,5% niedrig. „Das gelingt aber nur, wenn wir bestes Stroh einsetzen. Ich denke auch, dass wir im Außenklimastall etwas mehr Futter benötigen“, erklärt Rasche.
Mit den Schlachtleistungen ist der Mäster ebenfalls gut zufrieden. Die Topigs x Piétrain-Tiere haben bisher im Schnitt 0,99 Indexpunkte bei 78,8% Ausschlachtung erzielt. Um die Transporte kurz zu halten, werden Rasches Schweine bei Tummel im münsterländischen Schöppingen geschlachtet.
Kaufland baut Programm aus
Kaufland möchte seine Tierwohlschiene in kleinen Schritten weiter ausbauen. Hierzu finden im Rahmen des Auswahlverfahrens bereits Gespräche mit zusätzlichen Erzeugerbetrieben statt. Derzeit sind rund 60 Mäster im Programm, die wöchentlich bis zu 3500 Tierwohlschweine erzeugen.
Kaufland bietet das Tierwohlfleisch mit dem Label „Wertschätze“ bundesweit in allen 670 Filialen der Kette an. Der Mehrpreis liegt im Mittel bei 2 € je kg Fleisch. „Von der Erzeugerseite könnte Kaufland deutlich mehr Tierwohlfleisch anbieten. Doch der Absatz der höherpreisigen Ware ist kein Selbstläufer“, resümiert Dr. Dirscherl.
Fazit
- Andreas Rasche hat einen Maststall auf Stroh gebaut. Hierin erzeugt er Tierwohlschweine für Kaufland.
- Die Schweine erzielen hohe Tageszunahmen von mehr als 900 g.
- Der Arbeitsanfall im Außenklimastall liegt rund 50% höher.
- Ein fünfjähriger Vertrag sichert dem Mäster 20 € Bonus je Tier. Damit kann er die Mehrkosten abdecken.