Egal ob Neubau oder Sanierung: Um das Tierwohl zu fördern, sollte die Buchtenstruktur bei den Planungen eine wichtige Rolle spielen.
Bernhard Feller, LWK NRW
Die moderne Schweineerzeugung muss in der Gesellschaft wieder mehr Akzeptanz erfahren. Dafür bedarf es in erster Linie einen respektvollen Umgang mit den Schweinen und Haltungssysteme, die bestmöglich an deren natürliche Verhaltensweisen angepasst sind.
Eine vielfach genannte Forderung ist der Außenklimareiz, der allerdings baulich, rechtlich und ökonomisch für viele Betriebe nur schwer umzusetzen ist. Davon abgesehen lassen sich aber auch in geschlossenen Ställen Buchtenkonzepte realisieren, die nach dem Tierverhalten ausgelegt sind. Das ist umso entscheidender, da in absehbarer Zeit die Haltung unkupierter Ferkel bzw. Mastschweine gemeistert werden muss.
0,9 m² Fläche je Tier
Als Planungsgrundsatz gilt, dass den Tieren genügend Platz zur Verfügung steht. Ziel muss es sein, dass sich die Tiere die Bucht in die Funktionsbereiche Ruhen, Aktivität und Koten einteilen können. Über welche Besatzdichten langfristig diskutiert werden müssen, macht die Auslegung der Liegebereiches deutlich.
Als Berechnungsansatz dient hier die Fläche, die ein Ferkel bzw. Mastschwein in Halbseitenlage für sich beansprucht. In der Ferkelaufzucht liegt die Spanne zwischen 0,15 bis 0,31 m², in der Endmast sind bis zu 0,78 m² pro Schwein zu veranschlagen (siehe Übersicht 1). Wird vorausgesetzt, dass der Liegebereich groß genug ist, damit dort alle Tiere gleichzeitig ruhen können, kann eine rechtlich zulässige Besatzdichte von 0,35 m² pro Ferkel bzw. 0,75 m² pro Mastschwein nicht den Raum für eine ausgewogene Strukturierung bieten.
Beeinflusst durch Labelprogramme wie die Initiative Tierwohl, wo ein erhöhtes Platzangebot für die Tiere vergütet wird, wurden in den letzten Jahren viele Ställe mit einem Platzangebot von mindestens 0,45 m² pro Ferkel bzw. 0,9 m² pro Mastschwein geplant. Zudem ist ein Trend zu Großgruppen mit über 50 Tieren zu erkennen. Bei identischem Flächenangebot pro Schwein steht dem Tier in der Großgruppe mehr Bewegungsraum zur Verfügung, als in der Kleingruppe. Allerdings muss die Tierkontrolle in diesem Haltungssystem wegen der schwindenden Übersichtlichkeit sehr intensiv durchgeführt werden.
Keine Zugluft im Ruhebereich
Neben der Größe ist auch das Lüftungssystem von Bedeutung. So sollte die Frischluft vom Liegebereich in den Aktivitäts- bzw. Fressbereich und dann in den Kotbereich strömen. Dabei darf die Luftrate nicht so hoch sein, dass Zugerscheinungen auftreten. Hier gilt die Empfehlung, dass die Zuluft bei niedrigen Temperaturen angewärmt und mit maximal 0,1 bis 0,2 m pro Sekunde und bei hohen Temperaturen abgekühlt und mit höchstens 0,25 m pro Sekunde in die Bucht strömt.
Lässt das Lüftungskonzept es zu, ist der Ruhebereich zu drei Seiten geschlossen, damit die Tiere diesen auch als geschützten Raum wahrnehmen. Das bedingt aber auch, dass aktive Schweine den Liegebereich nicht zwangsläufig passieren müssen, um zum Futterautomaten oder zur Tränke zu gelangen.
Es bietet sich an, den Ruhebereich auf der Seite des Kontrollganges anzulegen (siehe Übersicht 2). Zumal dies dem Betreuer eine gute Sicht auf die Tiere verschafft. Das ist wichtig, weil Krankheitssymptome, wie das Flankenschlagen, am besten am ruhenden Tieren auszumachen sind.
Boden muss Wärme ableiten
Praxisstudien zeigen, dass Schweine tendenziell geschlossene Bodenbeläge mit einer Minimal-Einstreu als Liegeflächen bevorzugen. Wirklich ausschlaggebend dafür, dass ein Liegeplatz über die gesamte Haltungsperiode angenommen wird, ist aber nicht dessen Weichheit, sondern der von den Schweinen empfundene Liegekomfort.
Schweine besitzen keine Schweißdrüsen. Die Wärmeableitung über den Boden ist daher sehr wichtig für die Thermoregulation der Tiere. Die in vielen konventionellen Ställen flächendeckend verlegten Betonspalten erfüllen diese Aufgabe und nehmen viel Wärme auf. Weiche, isolierte Böden hingegen leiten die Körperwärme der Tiere nur schlecht ab.
Soll den Tieren eine geschlossene Liegefläche angeboten werden, ist es daher wichtig, dass bei höheren Außentemperaturen durch Luftkühlung etc. gegengesteuert werden kann. Denn steigt die Abteiltemperatur auf ein unangenehmes Niveau, meiden die Tiere diese warmen bzw. schlecht wärmeleitenden Flächen und legen sich stattdessen in den feuchten bzw. kälteren Kotbereich.
Genug Fressplätze einplanen
An den Ruhebereich schließt sich der Aktivitäts- bzw. Fressbereich an. Der Übergang zwischen den Bereichen sollte mindestens zwei Meter breit sein. So wird der Individualabstand bei sich entgegenkommenden Tieren unterschiedlicher Hierachiestufen gewahrt und unnötige Rangkämpfe vermieden. Ebenfalls stressmildernd ist, wenn die ruhenden Tiere einen guten Blick auf die Futterautomaten bzw. -tröge haben.
Diese sollten im Fressbereich so dimensioniert und angeordnet sein, dass die Tiere ungehindert und ohne sozialen Stress Futter aufnehmen können. Abhängig vom Fütterungssystem gelten hier gesetzliche Mindestvorgaben für das Tier-Fressplatz-Verhältnis.
Werden die Tiere am Längstrog gefüttert, ist von Vorteil, dass das Futter schnell aufgenommen wird. Dadurch ist der Raum um den Trog nur in der Fütterungszeit blockiert und kann sonst als Bewegungsfläche gesehen werden. Bei der Flüssigfütterung am Sensor-Kurztrog oder bei Trockenfutter über Breiautomaten wird der Fressplatz fast kontinuierlich frequentiert. Das schränkt die Nutzung der Fläche um den Automaten ein. Die verlängerte Futteraufnahme wird jedoch unter tierwohl- als auch ernährungsphysiologischen Aspekten eher positiv gesehen.
Tränken gezielt platzieren
Für die Bereitstellung von Wasser sieht der Gesetzgeber zwölf Ferkel bzw. Mastschweine pro Tränke vor. Im Optimalfall entzerrt man dieses Verhältnis auf einen Wert von acht bis zehn Tieren pro Tränke. Dass die Tiere gegebenfalls flüssig gefüttert werden, reduziert nicht die vorgeschriebene Anzahl Tränken.
Angesichts gängiger Buchtengrößen läuft dies in der Regel auf mindestens zwei Tränken pro Bucht hinaus. Dabei bietet es sich an, dass Tränken mit einem gewissen Abstand zu den Futterautomaten installiert werden. Dies reduziert einerseits die Futterverluste. Andererseits bilden sich hier durch Aufstallungselemente oft geschützte Stellen, an denen die Tränken mit einer verringerten Verletzungsgefahr für die Tiere angebracht werden können.
Für Ablenkung sorgen
Gleich wie beim Fressen und Saufen sollten die Tiere im Aktivitätsbereich ungestört Raufutter aufnehmen bzw. organisches Beschäftigungsmaterial bearbeiten können. Dies sollte in Nähe des Futterplatzes platziert werden, um bei Tier-Fressplatz-Verhältnissen von 2 :1 und drüber einen gewissen Teil der Tiere abzulenken.
Von der Beschaffenheit her ist darauf zu achten, dass die Materialien keinen zusätzlichen Stress bei den Schweinen auslösen. Spielzeuge mit Ketten können beispielsweise so laut sein, dass sich ruhende Tiere gestört fühlen. Bei Raufutter wie Stroh besteht die Gefahr, dass es stark mit Mykotoxinen belastet ist.
Beschäftigungsangebote, die auch zur Befriedigung des Wühltriebes der Tiere beitragen, werden als besonders förderlich für das Tierwohl angesehen. Sie antizipieren am natürlichen Futteraufnahmeverhalten, welches in Systemen mit automatischer Futterversorgung faktisch entfällt. Materialien, die einfach an der Aufstallung aufgehangen sind, verlieren dagegen für die Tiere schnell an Attraktivität.
Frei aufgehängtes, veränderbares Spielzeug ist für die Tiere länger interessant. Hier haben sich Presslinge aus Luzerneheu oder auch Hölzer bewährt. Gleiches gilt für Scheuerpfähle, die fest im Boden verankert sind und von den Schweinen zur Körperpflege und zum Spielen genutzt werden.
Kotecken trittsicher machen
Insbesondere in Buchten mit teilgeschlossenen Flächen bzw. Spaltenboden mit geringem Perforierungsgrad ist es wichtig, dass der Kotbereich gezielt positioniert wird. Schweine legen diesen Bereich nach Möglichkeit nicht in unmittelbarer Nähe zum Liegebereich bzw. zum Fressplatz an. Mit einigen Strukturelementen können die Tiere bei der Festlegung gelenkt werden.
So zieht das Schwein beim Koten Vorder- und Hinterbeine enger zusammen, wodurch es eine instabile Haltung einnimmt. Aus diesem Grund bevorzugen die Tiere zum Ausscheiden ruhige und geschützte Stellen. Eine kurze Trennwand kann hier Sicherheit geben und auch eine Barriere zu anderen Funktionsbereichen darstellen. Außerdem sollte der Boden in diesem Bereich zwar Kot und Harn gut durchlassen, aber gleichzeitig auch rutsch- und trittsicher sein.
Zudem koten Schweine bevorzugt auf feuchte Böden. Dieses Tierverhalten kann man nutzen, indem man im Kotbereich höhenverstellbare Nippeltränken installiert. Schalentränken gelten als tierfreundlich, da die Tiere eine natürliche Körperhaltung bei der Wasseraufnahme einnehmen. Bei der Platzierung im Kotbereich ist von dieser Ausführung aus hygienischen Gründen aber abzuraten. Einige Betriebe befeuchten auch die Kotecke in den ersten Tagen nach der Aufstallung, um die Tiere zu animieren, dort zu koten.
Eine weitere Eigenart der Tiere ist, dass sie gerne an der Territoriumsgrenze abkoten. Bei Jungebern ist dieses Verhalten stark ausgeprägt. Sofern die Buchtenanordnung im Abteil es hergibt, sollten zwischen den Kotbereichen zweier benachbarter Buchten Abtrennungen in Gitterbauweise eingesetzt werden.
Fazit
- Eine nach dem Tierverhalten ausgerichtete Buchtenstruktur ist ein großer Schritt zu mehr Tierwohl. Grundvoraussetzung für die Strukturierung ist ein ausreichendes Platzangebot.
- Der Liegebereich sollte geschützt sein und den Tieren ein angenehmes Klima bieten. Für den Betreuer ist hier eine gute Einsicht wichtig.
- Die Futter- und Wasserversorgung sollte passend dimensioniert sein. Bei Beschäftigungsmaterialien ist darauf zu achten, dass sie lange das Interesse der Tiere auf sich ziehen.
- Die Kotecke ist möglichst weit vom Liegebereich anzuordnen. Schweine bevorzugen zum Koten feuchte Randbereiche, wo sie sicher stehen und Kontakt zu Buchtennachbarn haben.