Ein niedersächsischer Mäster streut Teile der umgebauten Großbucht ein. 70% der unkupierten Schwänze bleiben heil. Doch die Haltung ist aufwendiger.
Dr. Diana Busley, Praxis Ralf Bischoff, Melle
Der Verzicht auf das Kupieren der Ferkelschwänze bleibt nach wie vor eine große Herausforderung in der konventionellen Schweinehaltung. Wichtig ist, dass die Praxis mehr Erkenntnisse sammelt. Denn Schwanzbeißen kann sehr schnell extremes Leid bis hin zu Nottötungen verursachen.
Erfahrungen mit unkupierten Tieren können niedersächsiche Landwirte im Programm für die besonders tiergerechte Haltung gewinnen. Diese sogenannte Ringelschwanzprämie bietet einen Mehrerlös pro Tier am Haken für die sehr anspruchsvolle Haltung mit unkupierten Schwänzen.
Mäster testet Kupierverzicht
Folgender Praxisfall zeigt einen niedersächsischen Betrieb mit knapp 600 Mastplätzen. Dieser nimmt seit Ende 2016 an der „Richtlinie Tierwohl“-Förderung seines Bundeslandes teil. Neben dem Kupierverzicht schreibt das Programm weitere Wahlkriterien vor.
Der Praxisbetrieb hat u.a. „1 m2 Platzangebot pro Tier ab 50 kg Gewicht“, „frei zugängliches wühlbares Material“ und „organisches Beschäftigungsmaterial“ gewählt. Die Prämie von 16,50 €/Tier am Haken verrechnet der Mäster mit seinem Ferkelerzeuger. Für das Förderprogramm hat der Praktiker ein älteres Abteil ausgewählt. Denn hier stand aufgrund der Haltung auf Tiefstreu eine Modernisierung an.
Im ersten Schritt wurde das Abteil mit eingestreuten Kleinbuchten entkernt. In Absprache mit seiner Hoftierärztin hat der Mäster das Abteil dann in Eigenleistung in eine Großbucht für rund 100 Tiere umgebaut. Hervorzuheben ist die klare Trennung der Funktionsbereiche. Wie die schematisierte Übersicht zeigt, sind rund ein Drittel der Großbucht als eingestreuter Liegebereich ausgelegt. Der Betrieb kann den Liegebereich mit einem Mikrobagger ausmisten, je nach Tiergewicht und Temperatur wird alle zwei bis drei Tage nachgestreut. Der Aktivitätsbereich umfasst rund zwei Drittel der Bucht und ist mit Vollspalten ausgelegt. Darunter hat der Landwirt 40 cm hohe Güllekanäle im Badewannenprinzip geschaffen. Die Gülle wird über ein Stöpselsystem und 200 mm-Kanalrohre abgelassen.
Schutz vor Verstopfungen
Damit das Stroh das Güllesystem nicht verstopft, hat der Praktiker verschiedene Vorkehrungen getroffen:
- Die eingestreute Liegezone ist durch eine Buchtenwand weitgehend vom Spaltenbereich getrennt.
- Nur ein rund 4 m breiter Durchgang erlaubt den Wechsel zwischen den Bereichen.
- Der Strohbereich ist tiefer angelegt als der Spaltenboden. Im Durchgang befindet sich eine betonierte Rampe.
- Der an den Strohbereich angrenzende Teil des Güllekellers ist als Plateau ausgelegt. Hier soll sich mitgetragenes Stroh ablagern.
- Im Bereich des Plateaus können bei Bedarf Strohreste durch Anheben von Spalten leicht entfernt werden.
Für die Futterzuteilung hat der Betrieb Trockenautomaten installiert. Hervorzuheben ist das zusätzliche Angebot von Selbsttränken abseits der Futterautomaten. Das Tränkeangebot geht über die gesetzlichen Mindestanforderungen hinaus. Die zusätzlichen Tränken sind u. a. ein Wahlkriterium der Förderrichtlinie zum Tierwohl.
Auch stehen den Tieren mit Ketten, Holz an Ketten, Kautschukstäben etc. reichlich Beschäftigungsmaterialien zur Verfügung. Zudem legt der Mäster einmal täglich Heu oder Silage frisch vor.
70% intakte Schwänze
Im einjährigen Beobachtungszeitraum ab November 2016 erzielten alle drei Durchgänge die Prämienvorgabe von jederzeit mindestens 70% intakten Ringelschwänzen. Die Verluste lagen unter 0,5%. In einer Phase mit Atemwegsproblemen oder Hitze trat kein vermehrtes Schwanzbeißen auf.
Doch auch der Betreuungsaufwand gehört zur Bewertung des Haltungssystems. Denn insbesondere die durchgehende Bereitstellung von organischem Beschäftigungsmaterial verursachte im Mastbetrieb einen großen zeitlichen Mehraufwand. Gleiches gilt für den mit Tiefstreu versorgten Liegebereich
Fazit für die Praxis
Die in Teilbereichen eingestreute Großbucht hat sich als „zufriedenstellendes, wenn nicht makelloses Modell“ zur Haltung unkupierter Mastschweine erwiesen. Das prämienrelevante Ziel von mindestens 70 % intakten Ringelschwänzen wurde erreicht.
Als wichtige Erfolgsfaktoren sieht der Praxisbetrieb die eingestreute Liegezone, die Vorlage von Raufutter und die größere Buchtenfläche pro Tier.
Trotz der erfolgreichen Umstrukturierung seines Abteils ist die Ringelschwanzprämie für den Landwirt unverzichtbar. Ohne die Prämie würde er kupierte Ferkel nach aktueller Haltungsverordnung bevorzugen.
Trotz der erfolgreichen Umstrukturierung seines Abteils ist die Ringelschwanzprämie für den Landwirt unverzichtbar. Ohne die Prämie würde er kupierte Ferkel nach aktueller Haltungsverordnung bevorzugen.
Busley, D. (2018): Umbau eines konventionellen Abteils zur strukturierten Großbucht zur Haltung von Mastschweinen mit nicht kupierten Schwänzen. Der Praktische Tierarzt 99, S. 689–695