Mitte September springt die ASP mehr als 1000 km nach Westen. Das Geschehen in Südbelgien ist auch für Deutschland brandgefährlich.
Fred Schnippe, SUS
Die seit Mitte September in Belgien grassierende Afrikanische Schweinepest (ASP) ist auch für hiesige Betriebe ein Schock. Zwar blieb das Geschehen in den ersten Wochen auf die Wildschweine begrenzt. Doch der mehr als 1000 km weite Sprung der Seuche nach Westen zeigt: Es hätte ebenso Deutschland oder ein anderes Land Westeuropas treffen können.
Die große Entfernung zu den Pestgebieten in Osteuropa legt eine Verschleppung durch den Menschen nahe – vermutlich über kontaminierte Lebensmittel. Auch der Fundort der infizierten Wildschweine in der südbelgischen Gemeinde Étalle in der Provinz Luxemburg deutet darauf. Denn in der Nähe liegt eine Raststätte der viel befahrenen Autobahn E25 (siehe Karte).
Nur 60 km bis Deutschland
Die geografische Lage macht den Pestausbruch im Dreiländereck brandgefährlich. Denn die Region beherbergt eine starke Wildschweinepopulation. Zudem liegt der Fundort in den ausgedehnten Waldgebieten der belgischen Ardennen, die sich bis nach Frankreich und Luxemburg erstrecken. Die Ge-birgs- bzw. Waldregion bietet einen An-schluss bis an die deutsche Eifel.
Die ersten Fundorte liegen nur etwa 60 km von Deutschland entfernt. Und von der Gemeindegrenze Étalles bis nach Frankreich sind es nur 10 km. Das heißt: Auch die Schweinebestände der Nachbarländer sind in Gefahr.
Hinzu kommt, dass die infizierten Wildschweine bereits verwest waren. Ihre Infektion liegt also länger zurück. So hatte das hochansteckende Virus Zeit sich zu verbreiten. Das erhöht die Gefahr, dass sich weitere Wildschweine angesteckt haben.
Risikogebiet mit 63000 ha
Die belgischen Behörden haben daher umfangreiche Schutzmaßnahmen veranlasst. So wurde um die Fundorte ein sogenanntes gefährdetes Gebiet eingerichtet. Das 63000 ha große Areal ist im Norden durch die Autobahn E25 begrenzt. Denn diese ist mit ihrem Wildschutzzaun eine Barriere für Wildtiere. Im Süden bzw. Westen reicht die Zone bis an die Grenze von Luxemburg und Frankreich.
Für das gefährdete Gebiet wurden zahlreiche Maßnahmen verhängt:
- Es gilt ein mehrmonatiges Jagdverbot. Dies soll verhindern, dass infizierte Wildschweine ins Umland fliehen.
- Die Bevölkerung darf die Wälder im Gefahrengebiet nicht betreten.
- Für die 58 Schweinebetriebe im Gebiet wurden Transportverbote verhängt und die Bestände auf ASP-Erreger untersucht. Zum Glück ohne Befund.
- Trotzdem ordneten die Behörden Ende September die Keulung der Be-stände an. Da nur drei größere Betriebe betroffen sind, blieb es bei 4150 Tieren.
Verkleinerte Kernzone?
Die wichtigste Maßnahme ist aber, das Gebiet nach weiteren verendeten Wildschweinen zu durchkämmen. Das gilt bei der Größe von bis zu 20x40 km und der dichten Bewaldung als Mammutaufgabe. Zumal sich kranke Wildtiere oft ins Dickicht zurückziehen. Im Gefahrengebiet leben nach Schätzung des Jagdverbandes mehr als 2500 Wildschweine in mehr als 100 Rotten.
Trotz der widrigen Umstände konnten die Suchtrupps bis Anfang Oktober 53 infizierte Wildschweine aufspüren. Hinzu kommen rund 15 verendete Wildschweine, die nicht mit ASP infiziert waren. Wie die Detailkarte zeigt, lagen alle infizierten Kadaver bis Anfang Oktober im gefährdeten Bezirk. Dennoch ist unklar, ob sich ASP-Tiere außerhalb der Risikozone aufhalten.
Experten vermuten zudem, dass der hochansteckende Erreger schon Anfang August in Wallonien eingeschleppt wurde. Mit dem Höhepunkt der Ansteckung und dem Fund von Kadavern ist demnach erst in den kommenden vier bis sechs Monaten zu rechnen. Anfang nächsten Jahres könnten nach Einschätzung des EU-Seuchendienstes Hunderte Wildschweine verenden.
Positiv ist, dass die ASP-Fälle bis Anfang Oktober relativ dicht um die ersten Funde liegen. So enstand die Idee, eine kleinere Kern-Risikozone von etwa 12000 ha zu bilden. Diese könnte man wie in Tschechien durch einen Zaun abriegeln. Hierfür muss aber zunächst sicher sein, dass es keine infizierten Tiere außerhalb des Kerngebietes gibt. Auch die Kostenfrage steht im Raum.
Drittlandsmärkte gesperrt
Neben der Seuchenlage ist für belgische Schweinehalter wichtig, wie sich der Fleischabsatz entwickelt. Denn schon jetzt sind die Folgen für den Markt fatal. So hat die Weltorganisation für Tiergesundheit (OIE) dem Land direkt nach dem Erstausbruch den Status als ASP-frei entzogen. Dass die Pest in den ersten Wochen keine Hausschweine getroffen hat, ist unerheblich.
Belgien ist seither für den Export von Schweinefleisch in die meisten Drittländer gesperrt. So haben bis Ende September 13 Staaten die Einfuhr ganz oder teilweise untersagt. Dazu zählen die drei wichtigsten Kunden China, Philippinen und Südkorea sowie unter anderem Japan, Taiwan, Mexiko, Weißrussland, Australien und Uruguay.
Schweinemarkt kollabierte
Der Verlust der Drittlandskunden trifft Belgien hart. Denn mit 270% Selbstversorgung beim Schweinefleisch sind die Exporte existenziell. So hat Belgien 2017 knapp 800000 t Schweinefleisch ausgeführt. Rund 90% gingen in die EU. Der Drittlandsabsatz umfasste knapp 90000 t. Wobei die asiatischen Abnehmer mit zwei Dritteln des Umsatzes die größte Bedeutung haben.
Nach dem Verlust der Drittlandsmärkte muss Belgien große Fleischmengen auf den EU-Markt umleiten. Denn hier bestehen bis auf das Sperrgebiet keine Handelsrestriktionen.
Nach dem Erstausbruch entstand zusätzlicher Druck, weil ausländische Schlachthöfe den Ankauf belgischer Schweine stoppten. Ihnen drohten Einbußen im Drittlandsgeschäft, sofern sie belgisches Schweinefleisch nicht sicher ausschließen konnten.
Dieses Problem wurde schnell gelöst. So stellen die Schlachthöfe im Rahmen der Exportzertifikate sicher, dass die Chargen kein Fleisch aus Belgien enthalten. Zudem hat die ASP-Freiheit der belgischen Schweinebetriebe im gefährdeten Bezirk die Lage etwas verbessert. Schlachtbetriebe wie Tönnies, Manten und Simon konnten den Ankauf belgischer Schweine wieder starten. Wobei die Stückzahlen teils hinter den früheren Mengen zurückbleiben.
Dennoch setzen die Einschränkungen im Lebend- und Fleischexport die belgischen Schweinepreise massiv unter Druck. So klagen die Mäster vermehrt über schlachtreife Schweine, die nicht abgeholt werden.
In der Folge brach z.B. die Notierung der Integration Danis binnen zwei Wochen nach dem Erstausbruch um mehr als 20 Cent auf 86 ct/kg Lebendgewicht ein. Umgerechnet auf das Schlachtgewicht erzielten belgische Mäster Anfang Oktober nur 1,16 €/kg. Dadurch gaben auch die Ferkelnotierungen kräftig nach.
Druck auf deutschen Markt
Das Geschehen in Belgien strahlt bis in den deutschen Markt. Denn durch den Wegfall ihrer Drittlandskunden drücken die Belgier erheblich mehr Ware in den EU-Markt. Hinzu kommt, dass belgische Schlachtschweine bei den EU-Nachbarn teils mit erheblichen Preisnachlässen angeboten werden.
Das Ferkelgeschäft ist ebenfalls be-troffen. So exportieren insbesondere die Holländer erhebliche Ferkelmengen nach Belgien. Doch die Einstallbereitschaft belgischer Mäster ist durch die unsichere Marktlage stark gebremst. So drücken aus Holland zusätzliche Ferkelgruppen auch auf unseren Markt.
Fazit
Seit Mitte September wütet die ASP ebenfalls in Belgien:
- Der Erreger hat 1 000 km von Osten nach nach Westen überwunden.
- Das 63000 ha-Risikogebiet ist stark bewaldet und hat viele Wildschweine.
- Fachleute vermuten Hunderte infizierte Wildschweine.
- Mit dem Verlust der ASP-Freiheit ist Belgiens Schweinepreis eingebrochen.
- Das Geschehen ist für Frankreich und Deutschland brandgefährlich.