PCV2 ist in fast allen Schweinebetrieben zu finden, und die Impfung hält effektiv dagegen. Neu im Bunde sind nun PCV3 und PCV4, deren Relevanz noch unklar ist.
Heinrich Niggemeyer, SUS
Als das Problem mit dem Kümmerersyndrom der Absatzferkel (PMWS) aufkam, gab es intensive Diskussionen über die wesentliche Beteiligung von PCV2 an der Krankheit. Dann kamen die ersten Impfstoffe auf den Markt. Deren Wirksamkeit beseitigten alle Zweifel.
Durch Ausweitung der Testmethoden wird mittlerweile auch häufig das PCV3-Virus in Probenmaterial vom Schwein nachgewiesen. Anders als beim Namensvetter PCV2 gehen Experten nun eher davon aus, dass ein so regelmäßig zu findendes Virus auch zu irgendeinem Krankheitsbild führen müsste. Ob dem so ist, ist bis heute nicht geklärt.
PCV2: Wandelndes Gesicht
Porcine Circoviren wurden bereits vor mehr als 40 Jahren entdeckt. Der zuerst gefundene Typ 1 (PCV1) gilt als nicht krankmachend (siehe Übersicht).
Der Stamm PCV2 hingegen verursacht unter anderem PMWS (Postweaning Multisystemic Wasting Syndrome) und PDNS (Porcine Dermatitis and Nephropathy Syndrome). Letzteres ist eine Immunkomplex-Erkrankung, die durch Gefäßentzündungen in Haut und Nieren charakterisiert ist. Sie tritt meist im Mastalter auf, in jüngster Zeit ist das Krankheitsbild aber auch bei Flatdecktieren und in Einzelfällen bei Sauen festzustellen.
PCV2 ist nahezu immer in verschiedenen Organen nachweisbar. Doch auch Koinfektionen mit anderen viralen Krankheitserregern wie PRRSV oder mit bakteriellen Krankheitserregern wie Mykoplasmen kommen oft vor.
Das Virus kann in einzelne Stämme unterteilt werden: PCV2a war früher der weltweit vorherrschende Stamm und ist deswegen die Basis der allermeisten PCV2-Impfstoffe. Dann tauchte immer häufiger PCV2b auf und war vor 10 bis 15 Jahren die dominierende Variante. Der c-Stamm ist ebenfalls beschrieben, spielt im Feld aber kaum eine Rolle.
In den vergangenen Jahren wurde weltweit immer öfter der Stamm PCV2d gefunden. Auch die Varianten e bis h wurden bereits beschrieben, allerdings mit einer minimalen Nachweisrate. Mittlerweile geht es sogar bis PCV2i.
Es gab anfänglich Anhaltspunkte, dass die d-Variante krankmachender ist als die Vorgänger. Doch in Experimenten konnte belegt werden, dass die krankmachende Wirkung des neuen PCV2d-Stammes vergleichbar mit den übrigen Typen ist: Schweine, die sich mit drei Wochen entweder mit PCV2-Varianten a, b oder d infizierten, zeigten gleich starke Krankheitssymptome.
Rätsel um PCV3
Darüber hinaus trat 2016 erstmalig PCV3 auf, ein neues Porcines Circovirus, welches sich genetisch deutlich von PCV2 unterscheidet. Es wurde sowohl bei gesunden als auch bei klinisch betroffenen Schweinen identifiziert.
Zunächst gab es keine eindeutigen Beweise dafür, dass PCV3 Krankheiten verursacht. So ist es nicht gelungen, eine klare biologische Wirkung zwischen dieser Circovariante und dem Auftreten von Verdauungsstörungen oder Atemproblemen nachzuweisen. Grund dafür war, dass PCV3 nicht leicht zu isolieren und die Überprüfung der Pathogenität im Tiermodell schwierig war. Doch es gibt Hinweise, dass Fortpflanzungsprobleme im Zusammenhang mit PCV3 zu sehen sind. Ob das Virus jedoch ursächlich für dieses Krankheitsbild verantwortlich ist oder andere Faktoren, z.B. Koninfektionen, eine Rolle spielen, ist weiterhin offen.
Ähnlich verhält es sich bei dem im Jahr 2019 beschriebenem PCV4: Ein Virus, das die höchste Verwandtschaft zu einem Circovirus beim Nerz hat, und mit dem Genmaterial anderer PCV-Stämme nur wenig übereinstimmt. In China und Südkorea wurde es gefunden, in Proben aus Italien und Spanien dagegen nicht.
PCV4 wurde bei Schweinen mit Atemwegs- und Darmproblemen nachgewiesen. Eine Untersuchung, die das Virus anzüchtet und die krankmachenden Eigenschaften untersucht, steht derzeit noch aus.
Breiter Impfschutz
Für die Praxis entscheidend: Die aktuell verfügbare PCV2-Impfung wirkt gegen alle aktuellen PCV2-Stämme, auch gegen den Stamm PCV2d. Für den Impferfolg sind neben dem breiten Impfschutz aber auch weitere Faktoren wie die Infektionsdynamik im Bestand sowie die korrekte Impfstoffanwendung wichtig. Auch sollte das Infektionsgeschehen in der Gesamtheit betrachtet und die Sauenherde mit einbezogen werden, um auf den Betrieben einen bestmöglichen Impferfolg zu erzielen.
Was den Schutz vor PCV3 angeht, gehen die Meinungen auseinander. Da PCV3 und PCV2 zu weniger als 40% genetisch ähnlich sind, vermuten einige Experten, dass PCV2-Impfstoffe nicht gegen diese Variante schützen würden.
Das wirft die Frage auf, ob ein Impfstoff gegen PCV3 benötigt wird. US-Forschern ist es gelungen, einen RNA-Impfstoff gegen PCV3 zu entwickeln. Dieser wird derzeit in einzelnen Herden mit hoher Mumienrate oder Aborten ausprobiert, wenn der einzig gefundene Erreger PCV3 ist. Eine detaillierte Kosten-Nutzen-Analyse soll noch folgen.
Weiter forschen
Der aktuelle Stand um das PCV3-Wissen ist mit den frühen Stadien der PCV2-Forschung vergleichbar. Daher sind weitere Pathogenese-Studien und In-vitro-Untersuchungen dringend erforderlich.
Selbst beim Porcinen Circovirus vom Typ 2 sind einige Mechanismen noch nicht bekannt. Zwar wurde in vielen Experimenten die pathogene Natur belegt. Warum allerdings PCV2 bei einem bestimmten Schwein eine Krankheit auslöst, bei anderen jedoch nicht, kann bis heute nicht beantwortet werden.
Zwar bieten die Impfprogramme Schutz. Ob und wie PCV2 bzw. PCV3 aus einer Herde oder einer Schweinepopulation entfernt werden kann, damit Impfumfänge reduziert werden können, bleibt ebenfalls offen.
Es ist zu befürchten, dass sich das Porcine Circovirus weiter verändert. Auch deshalb sollten Wirkungsmechanismen bisher auftretender Varianten aufgeklärt werden, um schneller auf neue Situationen reagieren zu können.